»Identität« ist ein Prozess, ein Name ein Identitätsmerkmal, der oktroyierte sogenannte bürgerlicher Name ist nicht durch diesen Prozess der Identitätsbildung beziehungsweise Selbsterfüllung/-entfaltung entstanden, die einzige Institution, welche Identität definiert, ist das Individuum selbst.
Du argumentiert an der Wirklichkeit vorbei. "Identität" ist vor allem die Echtheit einer Person (oder Sache), und die lässt sich vor allem durch einen Blick in den Ausweis bestätigen. Dort steht bei mir "Michael Jendryschik". Pseudonyme sind konstruierte Identitäten, die ich beliebig wechseln oder ablegen kann.
Ich habe Ende 2000 in http://groups.google.de/groups?as_umsgid=8vjbtt%24bdk%2403%245@news.t-online.com> etwas zu diesem Thema geschrieben, worüber ich heute ein wenig schmunzeln muss, aber im Kern denke ich immer noch so:
»Ich *bin* Michael Jendryschik und stehe zu dem was ich schreibe. Ich
habe nichts zu verheimlichen, drücke mich als Person im Usenet aus.
Ich spiele kein falsches Spiel sondern mit offenen Karten. Ich lebe hier
keine Rolle aus, sondern drücke mich aus als Person, die hier schreibt,
was sie dir auch in Gesicht sagen würde.
Wer jedoch ist "Captain Future"? Heute "Captain Future", nach den ersten
missratenen Postings "Batman". Ich beziehe unter "Batman" eine Position
und widerlege sie in einigen Tagen als "Spiderman". Ich lege meine Karten
nicht auf den Tisch und spiele mit meiner Identität Katz und Maus. Ich
bewege mich zwischen den Positionen und beziehe keine Stellung, bin
nebulös und nicht zu fassen.
Es kann aber auch sein, dass ich als "Michi" die selben Postings formuliere
wie als "Michael Jendryschik". Ich poste nicht unter T-Online, weil man
mich da kennt, sondern über cotse.com, weil man dort meine Identität
schützt. Ich stehe also hinter einer Mauer und poste unverwundbar durch
Schießscharten hindurch. Meine Meinung ist gefestigt, ich formuliere sie
entsprechend der NQ, und ich bin auch kein Troll. Aber ich bin auch nicht
wirklich da, für die, die wissen wollen, wer ich bin.
Es ist eine Frage, wie sehr ich meine eigenen Postings respektiere und wie
ich im Usenet auftrete. "Captain Future", "Michi" und "Michael
Jendryschik" sind zwar die gleichen Menschen, durch die unterschiedlichen
Voraussetzungen aber andere Poster. Posten ist wie Briefe schreiben.
Der Liebesbrief ist mit "Dein Micha" unterzeichnet, auf dem Kuvert steht
mein Absender. Ich unterschreibe selbst dann nicht mit "Captain Future",
wenn die Angebetete weiß, dass man mich ab und zu mal "Captain Future"
nennt. Das ganze hat etwas mit Ernsthaftigkeit zu tun.«
Dies nur so als Einwurf, vielleicht möchtest du dazu etwas erwidern, vielleicht nicht.
Stört euch die Anonymität in diesem Forum oder findet ihr das belebend?
Aufgrund welchen Erfahrungen kommst du zum Umkehrschluss, nämlich dass (Pseudo-)Realnamen Nähe und Vertrautheit erzeugen?
Wie kommst du darauf, dass ich dieser Meinung bin?
MI
: Michael Jendryschik : michael@jendryschik.de : http://jendryschik.de/ :
: Einführung in XHTML, CSS und Webdesign http://jendryschik.de/wsdev/ :
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