Stefan Muenz: Netscape Verlierer im Browserwar?

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Hallo Thomas

So, und nun können wir Fragen, wer das schlechtere Programm ist. Ich tue das am beispiel von <marquee>. Ist Netscape daran schuld, das es diesen Befehl nicht interprtiert, oder ist es Microsoft, die ihn 'mal einfach so' dazu erfunden haben.

Da muss ich mal einlenken. Das <marquee>-Tag stammt aus einer Zeit, als Microsoft in der Tat noch nie eine W3-Spec gesehen hat (bei Version 2 des MSIE). Da haben sie gedacht, toll, das HTM-Prinzip mit den spitzen Klammern und den Schraegstrichen und den Attributen, kann man richtig schoen erweitern, wie's einem gerade passt.
Zu jener Zeit glaenzte Netscape zwar auch schon mit etlichen Eigenerfindungen (<blink>, kurz darauf <spacer> und <multicol>, und auch <frame[set]> geht ja auf Netscape zurueck), aber isg. hatten die Leute von Netscape mit Sicherheit mehr Bewusstsein fuer die Standards als MS.

Seit der Version 4 des MSIE muss aber jeder, der sich tiefer mit der Materie befasst, anerkennen, dass der MSIE mittlerweile isg. naeher an den W3-Standards dran ist als der Netscape-Browser. HTML 4.0 wird deutlich gruendlicher unterstuetzt (und da gilt auch nicht mehr das Argument, dass der MSIE4 spaeter erschienen ist als Netscape4, denn Netscape hat allein seit Verabschiedung von HTML4.0 mindestens ein halbes Diutzend neuer Zwischenversionen auf den Markt gebracht). Ebenso ist es bei CSS. Ab der V5 auch in Sachen XML.

Freilich, auch der MSIE phantasiert froehlich weiter: Data Binding und Dynamische Filter etwa. Darueber kann man geteilter Meinung sein. Ich persoenlich neige zu der Ansicht, dass nicht nur die Standards die Software-Entwicklung bestimmen koennen, sondern die Software-Entwicklung immer auch die Standardisierung beeinflussen sollte. Nur so geht was voran. Ohne den Hahnenkampf der beiden Browser waere bei W3 naemlich nicht mehr viel passiert nach HTML2.0. Wichtig ist, dass die Leute wissen, was wie funktioniert, und was davon Standard ist und was nur ein Vorschlag. Da ist "Aufklaerungsarbeit" noetig - ein Teil davon findet sicher auch hier unter der SELFHTML-Fahne statt.

Ich denke, wenn wir uns an die gängigen Standards halten und nicht nur einen Browser betrachten sondern beide großen und evtl. auch Exoten (was ist mit den ganzen textorientierten Teilen und was es alles gibt), dann gibt es für jeden guten WEB-Designer nur eine Alternative: Die Schwächen der einzelnen Programme kennen und ihnen aus dem Weg zu gehen, wo immer es geht.

Naja, ich predige solche Sachen ja auch normalerweise. Aber ich kann auch den langsam wachsenden Unmut der Leute verstehen, die zum Verrecken noch mal endlich kreatives DHTML machen wollen und zwei Jahre nach Einfuehrung der 4. Browsergeneration nicht immer noch nur die paar Sachen, die "auch die Layer-Technik zulaesst". Die Bremse, die Netscape 4 derzeit darstellt, wirkt sich allmaehlich auch negativ auf HTML aus. Designer wechseln schon vielfach zu Flash und PDF und vertrauen auf vorhandene Plugins dafuer. Damit wird wertvoller gewonnener Boden bei den software-unabhaengigen Klartextsprachen verspielt. Und das ist eine Sache, die mich persoenlich besonders schmerzt.

viele Gruesse
  Stefan Muenz