Thomas J.S.: Warum heute ein besonderer Tag ist

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Hallo Joerg!

  • und wichtigstens, weil zu meinen Lebzeiten: Der Fall der Berliner Mauer heute vor 10 Jahren.

Ein unglaubliches historisches Ereignis, ich kann eigentlich heute noch nicht so richtig glauben, dass ich das miterleben durfte (im besten Revoluzzer-Alter von 15 Jahren): Eine friedliche Revolution, an deren Ende das Volk mit den Füssen abgestimmt hat, seine betonköpfigen Machthaber zum Teufel gejagt und die Mauer eingerissen hat, mit der man es jahrzehntelang eingesperrt hat. Wo gab es das je?

Ich habe vorgestern im SPIEGEL-TV einen längeren Bericht über diese Tage gesehen.
Ich stimme dir zu: es sind unglaublich beeindruckende Ereignisse. Wenn man die Bilder und die Aussagen der Leute; von damls anschaut und anhört, muss man wohl darüber nachdenken was da geschah.
Ich meine nicht nur die "fröhlichen Spaziergänger von Ost-Berlin am 'Kuh-Damm' ". Da gab es viel mehr. (Ich kenn das auch nur aus den Erzählungen von Freunden und vom TV.) Da gab es im Dresden die Fackelumzüge, oder die Montagsdemos im Leipzig.

Ich kann mir nur schwer vorstellen was mit den Gemüter der Leute damals Geschach, die Verunsicherung, die Anspannung, was kommt als nächstes? Alle haben gespührt, daß es eine Verändernung geben wird, nur die Richtung dieser Veränderung war nicht abzusehen. Über das "was wäre wenn...." möchte ich jetzt nicht sinnieren, denn der eine Weg zeigte sich 1956 in Ungarn und 1968 in Prag, der andere dann in Rumänien).

Heute, 10 Jahre später, wo sich allerorten Ernüchterung breit gemacht hat, nicht wenige Landsleute auf beiden Seiten der alten Grenze die Mauer am liebsten wieder aufbauen möchten, die "Ossis" jammern, dass sie immer noch Deutsche 2.Klasse seien und nichts von ihrem Land übriggeblieben ist, die "Wessis" sich über Undank beklagen (erst befreien wir sie, finanzieren ihren Wiederaufbau und dann wählen sie PDS), >

Ich fange an, am gesunden Menschenverstand der Menschen zu zweifeln (nicht an den Verstand der Massen, denn sie hatte noch nie welchen).
Hier lohnt sich es einige Gedanken (für "wessis" und für "ossis") darüber zu verschwenden "was wäre wenn....". Daß die Gesellschaft in einer Kriese steckt, steht mittelweile außer Zweifel, aber da sollten sich die "großen" Skeptiker der Wiedervereinigung fragen: wäre diese Kriese ohne die Weidervereinigung ausgeblieben.? Und wenn sie auch nur einen Blick über die Grenzen hinweg werfen, werden sie merken, daß andere Länder die keine Wiedervereinigung hinter sich haben, in der selben Kriese stecken.
Und wie sehr das so ist, zeigt sich ja auch an Beispielen wie Österreich (denke man nur an die letzten Wahlen und welches Echo sie ausgelöst haben).
Wie schon so oft in der Geschichte, wenn eine Gesellschaft in einer Kriese geriet, fangen die Menschen an eine Ursache für die Kriese zu finden. Da kommen dann die Popularisten und Ideologen zum Zug. Sie geben den Menschen was sie wollen, eine Ursache: und das ist immer: "die Anderen"! Schwarz, Weiss, Chirst, Moslem, Ossi, Wessi,  spielt keine Rolle, so lange es eben "die Anderen" es sind, auf die man mit dem Finger zeigen kann.
Da könnte ich wirklich die Menschen anschreien: "Seht ihr denn nicht was da gemacht wird?. Habt ihr denn nichts gelernt? Merkt ihr denn nicht, daß ihr wieder nur benutzt werdet?
Was aber viel schlimmer ist, daß die Leute, die die Menschen "führen" sollten, nichts tun. Besser gesagt sie sind viel zu viel damit beschäftigt, wer den besseren Posten haben sollte, wer welches Amt bekleiden sollte. Dieses Unvermögen egomanistischer Prolitik, die wirkliche Problemen zu sehen, bereitet mir die meisten Sorgen.
So muss ich nach 10 Jahren denken, die Menschen begreifen nichts (oder wollen nichts begreifen)und die, die dafür Sorge tragen sollten, daß die Menschen begreifen, tun ihr bestes damit es nicht geschiet.

Grüße
Thomas,
der (auch als nicht Deutscher und nicht Österreicher) meint, daß wir erst rückblickend erkennen, wie es ist Geschichte nicht nur zu lesen, aber die Geschichte selbst auch mitschreiben zu dürfen.

PS: Ob gut oder schlecht, es jagt einem ein Schauer über den Rücken, wenn man später sagen kann: "ja ich weiss wie es war, denn ich war da und habe es erlebt."