Hallo Stefan, hallo an Alle!
In diesem Fall geht es um etwas, das in unserer schnellebigen Zeit voellig abhanden gekommen zu sein scheint - das Bewusstsein fuer grosse Zeitraeume, eine wichtige Voraussetzung, um so etwas wie Verantwortung fuer spaetere Generationen ueberhaupt haben zu koennen. [ .. ]Je schneller aber alles gehen muss, desto mehr schwindet aber eben das Bewusstsein fuer die grossen Zeitraeume.
Ich bin immer froh wenn ich solchen "Irrtümer" über dem Weg laufe. ;-)
* Wenn ihr versuchen wolltet, ein Webprojekt aufzuziehen, dass sich mit dieser Thematik befasst und etwas zum Thema "Langzeitdenken" beitragen wolltet - wie wuerdet ihr das angehen? Anders ausgedrueckt: habt ihr euch auch schon mal um "langfristige Datenhaltung" und dergleichen Gedanken gemacht?
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Jetzt muss ich ganz kleinwenig ausholen: Einmal gab es hier schon eine Diskussion, wo u.a. über die Veränderlichkeit eines Zeichens die Rede war. Als Beispiel wurde damals die unter http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,55796,00.html erwähntes Zeichen für Radioaktivität angeführt.
In dem Spiegel-Artikel wurde eine Forschungsgruppe erwähnt. Nun ich wurde durch einen Mailwechsel dazu veranlasst, dass ich mal etwas über die Vergänglichkeit von Zeichen und deren Bedeutung recherchiere. Das Ergebnis meiner Recherche liegt nun schön gebunden hier an meinem Schreibtisch. Es ist ein Bericht über ein Projekt mit dem Titel „Wissen für die Zukunft" und wurde mir von dem Leiter der erwähnten Forschungsgruppe, Prof. Kornwachs, zur Verfügung gestellt. (zur Info: Das Projekt entstand 1997-1999 an der BTU in Cottbus an der Fak. F. Mathematik, Naturwiss. und Informatik; Lehrstuhl für Technikphilosophie und beschäftigt sich u.a. mit dem Problem der Übermittlung von heutigen technischen und kulturellen Wissen an zukünftige Generationen ebenso, wie mit der Frage nach der Geschichte des Wissens und dem Umgang mit Wissen und mit der Frage der Entsorgung von Wissen. Dies unter philosophischen, ethischen und informationstechnologischen Gesichtspunkten)
Was nun das Langzeitdenken angeht und zu diesem Thema gehört:
In den 80-er Jahren gab es eine Untersuchungsreihe, deren Ziel es war Zeichensysteme zu entwickeln, die noch in 10Tsd Jahren von den Erdbewohner verstanden werden könnten. Es ging damals um die Kennzeichnung von nuklearem Abfall und dessen Endlager; denn manche Nukleide haben eine Halbwertszeit von 20Tsd Jahren.
In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage nach den Bedingungen des verantwortlichen Handelns gestellt und untersucht. D.h. die Aussage: Handle so, dass die Bedingungen (der Möglichkeit) der verantwortlichen Handeln für alle Beteiligten erhalten bleiben; wurde mit den technologiepolitischen Entscheidungen „konfrontiert". Entscheidungen die über viele Jahre (Jahrhunderte) hinweg das Leben der Menschen und der Menschheit beeinflussen können. (z.B. Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen, oder Atommülllagerung) Und eben, wie Wissen über lange Zeiträume hinweg über solche Informationen weitergegeben werden kann.
Eine sehr interessante Frage war dabei die Frage nach der Entsorgung von Wissen: das Wissen veraltert wissen wir auch, auch wenn wir es nicht unbedingt immer bewusst wahrnehmen: bei technischen Wissen nennen wir die Entsorgung Fortschritt, d.h. altes Wissen wird überschrieben. Probleme tauchen dann auf wenn es um zivilisatorische Fragen geht, also um kulturelles, philosophisches, geschichtliches Wissen. So stellen sich dann auch Fragen wie z.B. „Was ist Wissen?", „Was muss man Wissen?" und „Was kann man vergessen?".
Wenn man sich mit solchen Gedanken auseinandersetzt, stellt sich bald die nächste Frage: wie kann man Wissen und Information erhalten und überliefern. Aber nicht nur das „wie" ist interessant sonder auch das „womit" und „wodurch", dazu nur einige Zeitspannen in denen einige Wissensträger erhalten bleiben:
- menschliches Gedächtnis 70-120 Jahre
- Felsenmalerei 10000 - 20000 Jahre
- Papyros 2000 - 2500 Jahre
- Recyclingpapier 10 - 30 Jahre
- Filme und Mikrofilme 50 - 400 Jahre
- Disketten 5-10 Jahre
- Video 10 - 30 Jahre
- CD 10 - 30 Jahre (20 - 100 Jahre)
- Chip 20 Jahre
- Stahlplatte der Voyager (in Vakuum) 1.000.000 Jahre
Dass diese Fragen hochaktuell sind zeigt sich ja in den neuesten Entwicklungen der Informationstechnologie: http://www.3sat.de/nano/cstuecke/07026/index.html
Und der Quantencomputer ich auch keine Sci-Fi mehr: http://www.3sat.de/nano/bstuecke/06719/index.html http://www.3sat.de/nano/bstuecke/05609/index.html
Und wenn ich es schaffe, dass ich und meine Uhr wieder im Einklang ticken, könnte ich sogar mehr schreiben. ;-)
Grüße
Thomas