Konzeptionelle Anforderungen an den Aufbau eines Intranetangebotes
1.1 Strukturelle Anforderung
Grundsätzlich sollte ein Webangebot, das gilt für Internet und Intranet gleichermassen, möglichst modular aufgebaut sein. Wiederkehrende Arbeitsabäufe sollen zugleich automatisiert werden. Um dies zu gewährleisten. Sollten folgende Punkte beachtet werden.
1.1.1 Tiefe Verzeichnisstruktur
Innerhalb eines Verzeichnisses sollten nur Dokumente mit strengem inhaltlichen Zusammenhang und gleicher Abstraktionsebene gelagert werden. Die Länge der URL kann dabei vernachlässigt werden, da der Anwender hiervon nicht berührt ist. Die Alternative, alles in einen Topf zu werfen und sich später darin nicht mehr auskennen, ist wenig hilfreich. Kleine Häppchen sind zudem flexibler handhabbar, besser identifizierbar und deshalb besser automatisch verarbeitbar.
1.1.2 Relative URLs
Innerhalb eines Moduls alles relativ verknüpfen. Was für das Domain-invariable Publizieren gilt, erleichtert auch das Verschieben eines Moduls.
1.1.3 Dünne Kanten
Verbindung zwischen den Modulen möglichst überschaubar halten. Es mag inhaltlich sinnvoll sein, hundert Verweise auf die Definition eines Begriffs zu machen - wenn man dessen Zielort jemals ändert, wird es teuer. Deshalb:
1.1.4 Stabile URLs
URLs für besonders attraktive Zielpunkte (z. B. ein Stichwortverzeichnis) dürfen nur im Notfall geändert werden. Schon beim Entwurf der Verzeichnisstruktur sollten daher möglichst viele künftige Erweiterungen mit eingeplant werden. Zusätzliche leere Verzeichnisse stören niemanden; später eine zusätzliche Abstraktionsebene einziehen zu müssen ist bitter, und sie nicht zu haben, wenn man sie braucht, ebenfalls. Unwichtige Teile sind mobil - wichtige Teile nicht, denn wer passt die Bookmarks der Besucher an ?
1.1.5 Tolerante Fehlerbehandlung
Bei URL- und Bookmarkleichen nicht "404", sondern ein intelligentes CGI-Skript, welches möglicherweise sogar eine Liste aller "Umzüge" als Datei besitzt und die neue Adresse damit "erraten" kann. Mindestens aber ein Verweis auf eine Suchfunktion, mit der man die neue URL herausfinden kann.
1.1.6 Navigation und Corporate Identity als Module auffassen
Eine Navigationsleiste ist nicht in tausend Dokumente zu kopieren, sondern einzubinden (z.B. SSI), damit sie an einer bzw. wenigen Stelle zu ändern ist. Gleiches gilt für Kopf- und Fußzeilen, Header, CSS-Referenzen etc. Bausteine sind beherrschbar.
1.1.7 Redundanzen meiden
Was fünfmal gespeichert ist, muß fünfmal gewartet werden - und kann prima inkonsistent werden. Mittelfristig wird daher mehr generiert als getippt werden. Das verlangt Kenntnisse von CGI-Programmierung.
1.1.8 Konsistenz automatisieren
Wenn man denn wirklich mal etwas verschieben muß und vielleicht nur 10 oder 20 Links anzupassen hat, dann muß man diese auch in 1000 Dokumenten schnell und zuverlässig finden können. Link-checking ist Teil des Pflichtenheftes.
1.1.9 Generische Dokumenteninhalte
Eine eigene Konfigurationsdatei mit Variablen für wesentliche Baum-Positionen halten, und in allen Quelltexten solche Variablen verwenden und Verweise aus ihnen generieren. Dann kann die Verschiebung eines kompletten, heftig vernetzten Moduls durch die Änderung einer einzigen Zeile und einen Generatorlauf über den gesamten Baum erfolgen. Auf diese Weise kann man neben Links auch andere interessante Informationen in die Dokumente hineingenerieren (Datum der letzten Änderung, URL des Dokuments im WWW etc).
1.1.10 Frames vermeiden
Frames mögen eine prima Möglichkeit sein, Inhalt und Navigation zu trennen. Angesichts der weitreichenden Möglichkeiten, Seite Datenbankgestützt on the fly zu generieren, besteht diese Notwendigkeit definitiv nicht mehr. Zudem verlangen Frames größere Sorgfalt beim codieren von Seiten sowie bei der Verlinkung. Besonders bei der Verbindungen über einzelnen Intranets hinweg sind unschöne Ergebnisse vorprogrammiert. Zudem sind Frames, bzw. die Inhalte des Framesets, schlecht zu bookmarken.
1.2 Anforderungen an die Benutzeroberfläche
1.2.1 strukturelle Einheitlichkeit
Zeitungen, Nachrichten, Aldi. Immer gleiche Strukturen erleichtern uns sowohl das Zurechtfinden als auch das Erkennen von Neuigkeiten oder Veränderungen. Unser blindes Vertrauen in solche Strukturen geht so weit, dass wir die Notiz über die Uraufführung eines Theaterstückes im Wirtschaftsteil unser Zeitung - je nach Lesegewohnheit auch umgekehrt als "nicht existente Meldung" einsortieren. Strukturen müssen durchgängig durchgehalten werden.
1.2.2 Einheitliches Layout
Zeitungsmeldungen haben auch optisch vergleichbare Strukturen. Anders herum: schon an der Schriftart oder der Anzahl der Spalten können wir Zeitungen auseinanderhalten. Rahmen um Textbeiträge oder Hintergrundfarben signalisieren uns bestimmte zu erwartende Inhalte. Das gilt für die Darstellung von Inter- oder Intranetangeboten sogar noch mehr. Nur ein in Promille zu zählender Anteil der Bevölkerung liest mehr als zwei Tageszeitungen. Der durchschnittliche Besucher eines Inter- oder Intranetangebots grast leicht das zehn-fache ab. Layout kennt keine Ausnahmen, ist aber kein Knast.
1.2.3 Eingangsseiten sind auch Schaufenster
Struktur und Inhalt sollte sich aus - aber nicht nur aus - der Startseite erschließen lassen. Der Nutzer will nicht nach Überraschungseier suchen, sondern verlangt ein Einstieg. Dieser Einstieg muss auch für den seltenen oder neuen Besucher ohne besondere Fachkenntnisse verständlich sein. Das Inhaltsverzeichnis und die Menüstruktur muss das "auf einem Blick" leisten. Das Dreigestirn besteht aus Suchen + Neuigkeiten + Navigation.
1.2.4 Jede Seiten ist eine Eingangsseite
Im Gegensatz zu linear aufgebauten Informationsangeboten (Ein Buch muss ich erst in die Hand nehmen, dann die Seite suchen und sie anschließend aufschlagen) führt mich ein Link im Inter- oder Internetangebot mitten rein. Deshalb ist jede Seite ein potentielle Eingangsseite.
1.2.5 Suchen um zu finden
Kein Menüstruktur kann eine Suchfunktion ersetzen. Die Suche "quer" zu allen Strukturen ist eines der wesentlichen Merkmale eines "elektronischen Dokumentenlagers". Dabei kann in einem Intranet, im Gegensatz zum Internet, wegen der Möglichkeit zur strukturierten Ablage von Informationen dem Suchergebnis eine besser Gewichtung verliehen werden. Suche darf nicht erst gesucht werden müssen! Sie sollte von jeder Seite aus möglich sein.
1.2.6 Neuigkeiten
Jede Ausgabe einer Zeitung, jede Ausgabe der Tagesthemen ist vollständig neu. Wir wissen intuitiv, dass (fast) jede Information neu für uns ist: Es gibt kein stündliches update der Bildzeitung. Ein Intra- oder Internetangebot ist wie eine Wohnung, deren Zimmerzahl und deren Bewohner sich verändern können. Hinweise für den Besucher auf Neues - und Verschwundenes - sind zwingend.
1.2.7 Interessen von Nutzer und Informant
Nutzer und Informant müssen einen gleiches Verständnis über Sinn und Ziel des Intranets haben. Der Besucher kehrt nur dann wieder, wenn er den Nutzen erfahren kann, der Informant gibt seine Information nur dann gern her, wenn auch er Nutzen davon erfährt. Das Ziel eines Intranets ist erst dann erreicht, wenn Nutzer auch Informanten sind - und umgekehrt.
1.2.8 Nutzer und Informant bestimmen die Struktur
Deshalb bestimmen auch die Interessen der Nutzer und Informanten die Struktur und das Angebot innerhalb des Intranets. Das Intranet muss den Mitarbeitern nützen. Eine Nabelschau der Vorgesetzten tut das nicht.
1.2.9 Innere Struktur themenorientiert
Nicht mal alle Mitarbeiter, wissen genau, welche Zuständigkeiten wo zugeordnet sind. Andere wissen das erst recht nicht, es muss sie nicht einmal interessieren. Zudem werden, auch aus organisatorischen Gründen, Zuständigkeiten oder Verantwortlichkeiten innerhalb der groben Strukturen, verlagert. Ein Intranet sollte daher auf seiner Oberfläche themenorientiert aufgebaut sein.
1.2.10 Klare Strukturen
Die Struktur eines Intranets muss durchgängig sein. Das schafft nicht nur Wiedererken-nungswert, sondern minimiert auch Zeitverlust durch "Verlaufen". Ein Design aus einem Guss verlangt einheitliches Vorgaben und möglichst genau definierte Vorlagen.
1.2.11 Intranet kostet - kein Intranet auch
Aufbau und Unterhaltung eines Intranets kosten Geld. Ein schlüssiger Aufbau, der die oben erwähnten Fehler vermeidet, kostet vielleicht sogar gar noch mehr Geld. Das ist aber gut investiert: Angenommen, die Mitarbeiter einer Firma (gegriffen: 240 Personen) verbringen jeweils eine Minute am Tag mit vergeblichen Suchen im Intranet, summiert sich das über ein Jahr gerechnet schnell auf 80.000 Mark (240 Mitarbeiter x 1 Minute = 4Std, 1 Stunde kostet 100 Mark, bei 200 Arbeitstagen sind das 80.000 Mark).
1.2.12 Das Intranet ist weder Buch, noch Plakat oder Broschüre
Wenn ein Regisseur ein Buch verfilmt, käme er nie auf die Idee, das Buch abzufilmen, oder jemanden beim vorzulesen zu filmen. Die Präsentation von Inhalten in einem Intranet beschränkt sich deshalb nicht nur allein auf das Abbilden von Dokumenten. Das Intranet ermöglicht den interaktiven Umgang mit Dokumenten, es verlangt ihn aber auch.
1.2.13 Links sind kein Sprung ins Dunkle
Wir würden nie auf die Idee, jemanden, der uns besuchen will, lediglich die Stadt zu nennen, in der wir wohnen, Stadtteil, Straße und Hausnummer gehören zur Adresse dazu. Das Intranet ist ein Medium, das viel von seinen Vorzügen durch die Möglichkeit der Verknüpfung (Inhalten) von Dokumenten oder Inhalten erfährt. Der Link führt deshalb exakt zu dem Dokument, besser genau zu einer Stelle in einem Dokument. Das sit auch eine Herausforderung an das Ziel-Dokument.
1.3 Behindertengerechte Seiten
Sowohl bei Intranets mit vielen Nutzern, aber auch in Internetangeboten - auch wegen der Vorbildfunktion des Staates - sollte besonders auf behindertengerechte Darstellung geachtet werden. Dazu gehören:
· Bilder sollten beschreiben werden <img alt="Karte des Landes XY" ... >. Das gilt auch für Hotspots in images-Maps
· Multimediale Angebote sollte Alternativen anbieten (Text, Ton).
· In Texten sollte sich deren gegliederte Struktur in den HTML-Tags (Überschriften. Listen) widerspiegeln.
· Skripte, Applets, plug-ins kosten nicht nur Zeit sondern verhindern häufig das erkennen
· Besonders Links sollten auch ohne Bilder verständlich sein