Napster - recht oder link ?
TheInsomnius
- meinung
Hallo Forum,
heute am Tag der Deutschen Einheit habe auch ich mal beschlossen, das Forum mit einem Beitrag zu versorgen, der über meine üblichen Fragen á la "Wer kann besser JavaScript als ich und hilft mir?" hinaus geht und hoffe ihr diskutiert ihn ein wenig.
Anlass ist ein Link auf die heise-homepage (http://www.heise.de/tp/deutsch/kolumnen/gol/8828/1.html),den ich gestern zufällig hier im Forum sah. Er passte da vielleicht nicht so ideal, ist aber dennoch interessant.
Das Thema ist Napster, die umstrittene Tauschbörse für mp3-Musik.
So wie ich den Tenor aufgefasst habe, meint der Autor, dass die Musiker, die von der Musikindustrie geknebelt werden ("Da die Plattenfirmen versuchen, die Musiker noch unter Vertrag zu nehmen, solange sie jung und unerfahren sind, haben sie nur selten Schwierigkeiten damit, diese Knebelverträge unterzeichnet zu bekommen.") gar nicht verstehen, dass sie es alleine sogar noch weiter bringen könnten. Das Geld rückt in dem Text in den Hintergrund und die Aufmerksamkeit tritt als neue Währung der heutigen Zeit an seine Stelle. Die Musiker (und Künstler allgemein) müssen also nicht mehr nach dem Geld, sondern nach Aufmerksamkeit ihrer Fans streben, denn diese führt dazu, dass die Fans ihnen alle Wünsche erfüllen ("Er braucht nichts weiter als die Aufmerksamkeit der Fans und die Fans können ihre Aufmerksamkeit dem Star dadurch erweisen, dass sie ihm alle seine Wünsche erfüllen. Bestimmt könnte heute ein ausreichend bekannter Star das Internet dazu benutzen, seine Fans nach Geld zu fragen, um, sagen wir, ein neues Haus zu kaufen, und würde es sofort kriegen.")
Fraglich bleibt doch aber, ob allen Stars dieses gelingen würde. Ich kann mit Mühe 100 bekannte Stars der letzten Jahre nennen, die über ein one-hit-wonder hinauskamen und denke diese Zahl ist realistisch. Wahrscheinlich aber gibt es doch eine gute Million Musiker und Musikerinnen, die in diesem Zeitraum ihr Glück versucht haben. Viele haben es einfach nicht geschafft in der Gunst der Hörer zu landen. Die Musikindustrie musste aber alle (oder zumindest den Grossteil) finanzieren, um dann am Ende 100 Superstars unter Vertrag zu haben. Die Musikindustrie benötigt also grosse Summen, um neue Musiker derartig zu pushen, dass sie täglich, ja stündlich im Radio laufen und wir sie kaufen, benötigt also das Geld um uns mit neuer Musik zu versorgen.
Die Musiker selbst, die das Geld ja angeblich nicht wollen ("Aber natürlich spielen die meisten Musiker aus anderen Gründen als dem bloßen Geldverdienen. (...) Da gibt es natürlich die reine Liebe zur Musik und dann gibt es da auch den Wunsch, angehört zu werden, ein Publikum zu haben und eine Art direkte Verbindung zum Publikum zu haben - in einem Wort: Aufmerksamkeit."), sollen sie nun auch keines mehr sehen und Napster schafft die Bühne für den neuen Gewinn, die Aufmerksamkeit.
Ich muss sagen, ich habe _noch nie_ einen Menschen sagen hören, dass er für das Geld arbeitet, sondern alle Musiker, Schauspieler, etc. arbeiten an Spass an der Sache. Ist klar, sag‚ ich ja auch immer, aber wir alle kennen doch die Wahrheit. Selbst ShareWare gibt es doch nur, weil der Programmierer nicht programmiert, "weil er es kann", sondern, weil er hofft, endeckt zu werden.
Wenn Napster also die Glückseligkeit für die Musiker ist, werden die Musiker das doch über kurz oder lang sehen und von Anti-Napster-Anzeigenkampagnen absehen. Tatsache ist doch aber, dass sie selbst entscheiden müssen, ob sie die Bühne zu 20 Millionen Menschen nutzen möchten oder nicht. Sie werden also in Kürze mit blutigen Ellbogen an der Tür von Napster stehen und fragen, ob noch Platz ist?
Steven King geht schliesslich mit gutem Beispiel voran:
("Der Schriftsteller Stephen King, ein berühmter Verfasser von Horror-Romanen, hat neulich mit der Veröffentlichung eines neuen Werks im Web begonnen, wobei er sagte, dass er nur dann an dem zweiten Teil weiterschreiben würde, wenn 75% der Leser einen Dollar für jedes der von ihnen abgerufenen Kapitel bezahlen würden. Manche seiner Fans fragten über seine Website nach, ob sie nicht mehr bezahlen dürften, damit sie sichergehen konnten, dass das ganze Buch veröffentlicht werden würde, auch wenn die gewünschte Prozentzahl an zahlenden Lesern nicht erreicht werden würde. Es stellte sich heraus, dass weit mehr als 75% der Leser bezahlt hatten.")
Aber sieht die Realität nicht anders aus?
Kein Mensch würde ein Buch von einem unbekannten Verfasser kaufen, noch nicht einmal umsonst lesen. Jeder ist in der Lage, dies auszuprobieren. Es geht in diesem Fall nur, weil Steven King Steven King ist und einen Namen hat. Der Name aber kam durch die Industrie, (die im Text als altmodísch und nur durch Urheberrecht am Leben gehalten dargestellt) den Namen mit Millionenwerbung möglich gemacht hat.
Bei Musik ist es genauso. Napster bietet so ziehmlich jedes Lied an, aber nur die 100 Superstars werden runtergeladen, die mit dem Namen aus der Industrie. Tatsache ist, das niemand auch nur daran denkt, neue, unbekannte Bands bei mp3.com runterzuladen oder bei Napster danach zu suchen.
So, ich denke meine Meinung ist klar geworden und mehr liest ja eh keiner.
Nur eins noch:
Ich bin nicht gegen Napster und sogar oft dort online. Ich denke nur, dass man es als das sehen sollte, was es ist, "ein Tummelplatz für Schwarzhörer" ("Die Plattenkonzerne argumentieren geradeheraus, dass unerlaubtes Kopieren geschützter Inhalte mit Diebstahl gleichzusetzen sei.") und versuchen sollte, er jetzt zu legalisieren, indem man die Copyrightgesetzte lächerlich macht und für altmodisch erklärt. Wir leben nicht im Kommunismus, weil das arbeiten für Anerkennung bis jetzt überall auf der Welt schief ging. Es wird auch im Musikgeschäft nicht funktionieren. Wenn der Star genauso viel verdient, wie der Plazanweiser, kommt unweigerlich der Tag an dem er sagt, er möchte heute die Plätze anweisen und der Platzanweiser kann singen. Kriegen ja schliesslich das gleiche Gehalt (ich sage noch nicht einmal Geld) und da wäre das ja wohl kein Problem.
Diese Tatsachen sollte man sehen und nicht als Ausweitung des Copyrights ("Darüber hinaus verbietet das Urheberrecht nicht, eine CD zum Vergnügen von Freunden oder Passanten so laut abzuspielen, wie man möchte. Napster macht eigentlich nichts anderes, als diese Rechte zu erweitern.") darstellen.
Das ist meine Meinung und ich würde mich freuen eure dazu zu lesen...
bis dahin
the insomnius
-ne schoene nacht noch
Hallo
ich seh bei der copyright-Geschichte nur zwei Möglichkeiten:
entweder das private Kopieren ist weiterhin erlaubt und es gibt als Ausgleich Zahlungen an die GEMA (wie bisher bei den Leerkassetten), auch auf CD-Rohlinge, CD-Brenner, evtl auch HDDs; das hat zur Folge, dass Napster ganz sicher legal wäre.
Oder man schafft beides ab: privates Kopieren ist verboten, Napster & Co sind illegal, aber ich muss auch keinen Pfennig für irgendwelche technischen Geräte zahlen, die zur Vervielfältigung geeignet sind.
Momentan wäre mir letzteres fast lieber, da ich CD-Brenner und Rohlinge nur für Daten verwende, Musik nur im Radio höre und nicht mit meinen Daten die Musiker finanzieren will, außer die Musiker zahlen mich in Zukunft fürs programmieren :)
neRo
Hi Insomnius,
Du sprichst viele verschiedene Punkte an, zu denen ich einfach mal meinen Senf als früherer Konzertveranstalter und immer noch Musiker abgeben möchte.
So wie ich den Tenor aufgefasst habe, meint der Autor, dass die Musiker, die von der Musikindustrie geknebelt werden (...)
Das ist schon mal so nicht richtig. Die Musik_industrie_ kebelt nicht wirklich. Wer knebelt, sind windige Agenten, die versprechen, die Künstler bei der Industrie unterzubringen. Da werden schon mal die Lebensrechte am Werk eingefordert nebst einigen tausend Mark, und das einzige Ergebnis ist eine CD, die man mit dem selben Effekt und ohne Knebelung für das selbe Geld hätte selbst produzieren können.
Das Geld rückt in dem Text in den Hintergrund und die Aufmerksamkeit tritt als neue Währung der heutigen Zeit an seine Stelle.
Das ist eigentlich nichts Neues. Immer schon gilt in der Branche: wer Aufmerksamkeit erregen kann, verdient auch ausreichend Geld. Anders: wer Aufmerksamkeit erregt, hat einen gewissen Bekanntheitsgrad, was Konzerte und damit Geld zur Folge hat.
"Er braucht nichts weiter als die Aufmerksamkeit der Fans und die Fans können ihre Aufmerksamkeit dem Star dadurch erweisen, dass sie ihm alle seine Wünsche erfüllen. (...)
Da kriegt die Sache Schieflage: wir sollten doch weiterhin Musiker von Star unterscheiden. Ein Star könnte sowas wirklich tun. Aber wie Du richtig sagst - wieviel Stars gibt's denn, die sowas tun könnten? Sehr wenige.
Wahrscheinlich aber gibt es doch eine gute Million Musiker und Musikerinnen, die in diesem Zeitraum ihr Glück versucht haben. Viele haben es einfach nicht geschafft in der Gunst der Hörer zu landen. Die Musikindustrie musste aber alle (oder zumindest den Grossteil) finanzieren, um dann am Ende 100 Superstars unter Vertrag zu haben.
Und das ist grandios falsch, auch wenn es immer wieder behauptet wird. Die Stars, die in den letzten sagenwirmal fünf Jahren aufgebaut wurden, kamen in der Regel _nicht_ aus der Masse der erfolglosen Musiker. Vielmehr handelt es sich um Produkte, die unter Massgabe von Verkaufschancen von der Industrie erstellt wurden. Dazu bedurfte es nicht der Million guter Musiker. Nur des Geldes, dass durch dieses "Kleinvieh" eingefahren wurde.
Vor einiger Zeit gab es eine Werbekamagne des Inhaltes, dass soundsoviele Raubkopien es der Industrie verunmöglichen würden, Stars wie Modern Talking oder Echt aufzubauen. Sollte man angesichts dieser Argumentation nicht eher dazu übergehen, massenhaft CDs uz kopieren, um genau _das_ zu verhindern? *fg*
Die Musikindustrie benötigt also grosse Summen, um neue Musiker derartig zu pushen, dass sie täglich, ja stündlich im Radio laufen und wir sie kaufen, benötigt also das Geld um uns mit neuer Musik zu versorgen.
Die arme Industrie! Wenn denn die komplette Industrie kein Geld mehr für das Pushen von Musikern aufwenden würde, was sollten die armen Radiostationen denn sonst spielen? Na? Na klar: sie würden weiterhin Musik spielen. Nur halt "gute", nicht "gepushte". Und was würden wir tun? Wir würden es trotzdem kaufen. Im Ernst: Payola ist nicht tot, nur regt sich keiner mehr drüber auf, und das ist der Fehler.
Die Musiker selbst, die das Geld ja angeblich nicht wollen (...), sollen sie nun auch keines mehr sehen und Napster schafft die Bühne für den neuen Gewinn, die Aufmerksamkeit.
Na klar, was willst Du denn mit Deiner Musik anfangen, wenn Du weisst, dass Du kein vermarktbares Mainstream-Produkt bist? Du willst halt, dass sie gehört wird. Bloss leider wird bei Naspster & co. "unbekannte" Musik auch nicht gefördert, hauptsächlich wird ja doch nur Charts-Material gezogen. So gesehen bringt also Napster eigentlich keinem Musiker etwas.
Ich muss sagen, ich habe _noch nie_ einen Menschen sagen hören, dass er für das Geld arbeitet,
Dann bin ich der Erste. Zwänge man mich nicht mit Geld, würde ich morgen früh bestimmt nicht aufstehen und in die Firma schwanken.
Selbst ShareWare gibt es doch nur, weil der Programmierer nicht programmiert, "weil er es kann", sondern, weil er hofft, endeckt zu werden.
Guter Vergleich! Was die Musiker brauchen, ist _nicht_ Napster mit seinen rechtlich mehr als zweifelhaften Raubkopien, sondern eine Shareware-Musikbörse.
Sie werden also in Kürze mit blutigen Ellbogen an der Tür von Napster stehen und fragen, ob noch Platz ist?
Ne, werden sie aus o.g. Gründen nicht. Denn Napster schädigt wirklich kommerziell erfolgreiche Musiker und bringt unbekannten Musikern wenig bis nichts.
Steven King geht schliesslich mit gutem Beispiel voran (...)
Ähnliche Konzepte gibt es durchaus in der Musik auch. Aber noch nicht so konsequent.
Kein Mensch würde ein Buch von einem unbekannten Verfasser kaufen, noch nicht einmal umsonst lesen (...)
Genau, und keiner hört freiwillig Musik von unbekannten Bands, außer ein paar Verrückten wie ich. Außer wenn Du die Wahl hast, den selben langweiligen Mist wie im Radio für viel Geld uz hören, oder interessante unbekannte Sachen für lau. Und wenn Du ne Band entdeckt hast, die Du geil findest, zahlst Du auch dafür.
Wenn der Star genauso viel verdient, wie der Plazanweiser, kommt unweigerlich der Tag an dem er sagt, er möchte heute die Plätze anweisen und der Platzanweiser kann singen.
Da kennst Du aber uns profilierungssüchtige Musiker verdammt schlecht! Und weißt nicht, wie wenig Musiker wirklich verdienen. _Jeder_ ernsthafte Musiker wäre mit dem Gehalt eines Platzanweisers völlig zufrieden und würde nie mit ihm tauschen wollen.
Grüße und <g>schlaf gut</g>,
Utz