RoRo: Vergangenheitsbewältigung :)

Liebe Forumer,

viel Spass mit der folgenden kleinen Geschichte, bis demnext ;)

Viele Grüße, Rolf

Die Klingel

Ach was muss das für ein Gefühl sein über andere Menschen Macht ausüben zu dürfen. Und wenn diese Machtausübung auch noch per Knopfdruck sozusagen gemacht werden kann - ja dann wäre das Machtgefühl auch noch perfekt!

Stell dir vor: Es geht dir jemand auf den Nerv... du drückst einen Knopf und schon ist Ruhe! Einfach Wahnsinn solch einer Gedanke!

Unglaublich aber wahr: Es gab eine Zeit wo auch ich in den Genuß einer derartigen Macht gekommen bin. Natürlich ungewollt. Und das kam so...

Vor vielen Jahren bewohnten wir (meine liebe Frau, mein geliebter Sohn) eine schöne Wohnung in Erfurt Nord. Es war ein Plattenbau mit all seinen Vor- und Nachteilen welche uns als Bewohner erfreuten oder ärgerten - je nachdem. Einer der wesentlichsten Nachteile dieser Wohnung bestand darin dass die Wände sehr dünn waren, so dass wir in manchen der elf Winter welche wir dort verbrachten nicht nur froren sondern auch noch Zeuge von Gesprächen unserer unmittelbaren Nachbarn wurden, respektive der Leute die direkt unter uns wohnten - die den Effekt der Dünnwandigkeit noch verstärkten weil sie sich sehr oft anbrüllten.

Kurze Zeit nachdem wir dort einzogen stellte meine Frau auch noch einen weiteren Mangel an dieser Wohnung fest: Der Knopf für den Öffner der Haustür befand sich nicht - so wie in der Wohnung vorher - innerhalb dieser sondern draußen auf dem Gang im Treppenhaus. Meine Frau beauftragte mich mit der Bereinigung dieses Problems: Es musste eine Lösung her womit der Türöffner für die Haustür betätigt werden konnte ohne die Wohnung in der fünften Etage verlassen zu müssen.

Sofort ging ich die Lösung des Problems an und untersuchte den Kabelbaum welcher in unsere Wohnung wuchs. Nur wenige Augenblicke später entdeckte ich zwei Kabel welche sich außer verschiedener Farben durch 12 V~ unterschieden. Da für mich ohne Zweifel feststand dass das die Adern zum Türöffner sein müssen verband ich die zwei Kabelenden ohne Umschweife. Zu meinem Erstaunen musste ich jedoch feststellen, dass nicht der Türöffner ganz unten summte sondern der Gong in der Wohnung unter uns erschallte.

Enttäuscht ließ ich den Kabelbaum wieder in der Wand verschwinden nachdem ich die Kabelenden vorsorglich isoliert habe. Meiner Frau erklärte ich abends dass es mit dem Türöffner wohl doch nicht so klappen würde wie sie sich es vorgestellt hat.

Beihnahe wäre die ganze Geschichte wohl auch in Vergessenheit geraten wenn die unter uns sich nicht wieder in die Wolle gekriegt hätten - in diesem Moment erinnerte ich mich an die beiden Kabelenden... Tja was soll ich sagen: Der Erfolg war durchschlagend! Nachden der Gong ertönte gab es da unten erst einmal Panik - "wer wird das wohl sein... guck mal zum Balkon... guck mal zur Tür... (guck in Spiegel: Blaues Auge? Sonnenbrille!)... "

Danach war Grabesstille. Den ganzen Abend. Die ganze Nacht.

Seitdem sind viele Jahre vergangen und die Nachbarn sind längst weggezogen. Auch wir. Nicht dass mich wegen der ganzen Geschichte jemals das Gewissen geplagt hätte, muss ich jedoch zu meiner Schande eingestehen, dass ich diese Wunderwaffe wohl einigemale gebrauchte - und dabei auch noch sowas wie Genugtuung empfand. Aber Immerhin: Es hat jedesmal auf beiden Seiten geholfen!

Frieden ist machbar! Er wurde in unsere Hände gelegt (John Lennon)