Stefan Muenz: Stell Dir vor...

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Hallo Alex

Ach, was waren das für schöne Zeiten im April 2000, als der Hype losging und man die Solidarität beschwor, die man heute oft vermisst;

Alles was man heiss aufkocht, steht irgendwann kalt ab, das ist nun mal leider so. Das Verfahren dauert einfach laenger als das spontane sensationelle Interesse. Am Anfang steht die Empoerung, und dann folgt der lange Marsch durch die Instanzen. Klar, da mag man vielleicht noch mal nostalgisch auf die Anfaenge gucken. Aber was hilfts - jetzt zaehlen halt die Vorgaenge bei Gericht. Und der Richter, mit dem wir es gestern zu tun hatten, haette sich sowieso nicht davon beeindrucken lassen, wenn Yahoo und Google wegen uns einen Tag lang schwarze Seiten gebracht haetten.

Wie warm ums Herz wird bei der Erinnerung an die Tage um den 20.09.00, als die Netzgemeinde ein Stück näher zusammen rückte, dieses Forum von Sympathiebekundungen und guten Wünschen für die erste Instanz vor dem LG Düsseldorf überschüttet wurde, die User souverän über der freiherrlichen Häme standen und ihre Websites "zugemacht" haben... um ihre Solidarität zu bezeugen und um wach zu rütteln.

Sagen wir es ganz ehrlich: es gibt keine Uschi Hering mehr. Sie hat das seinerzeit alles organisiert, sie hat fuer die "Hitze im Netz" gesorgt. Gut, ich selber bin dieses Jahr ebenfalls stiller als im letzten Jahr (was auch andere Gruende hat), aber die Hexenkesselatmosphaere war vor allem Uschis Werk. Ich fand es damals auch gut so, und das Thema brauchte ja einfach erst mal aufgewirbelten Staub und Presse. Aber ob es dem Verfahren zum jetztigen Zeitpunkt so zutraeglich waere, wage ich eher zu bezweifeln. Jetzt sind nun mal die Gerichte dran, da hilft kein Jammern und kein Klagen. So lange sollte man finde ich nun besser abwarten. Beeinflussung des Gerichts sollte eh nicht moeglich sein, (so weit moechte ich der Judikativen vertrauen), und dass immer noch Links auf andere Web-Angebote gesetzt werden, ist mir lieber, als wenn alle ihre Seiten schwarz machen, aber dabei so eingeschuechtert sind, dass sie sich keine Links mehr zu setzen trauen.

Auch vom Termin selbst war kaum etwas zu erfahren; dabei scheint es vor dem OLG doch recht lebhaft und kontrovers zugegangen zu sein.

Das lag erst mal daran, dass die Bundesbahn gestern mit Unwettern und Selbstmoerdern zu kaempfen hatte und ich etwas laenger fuer die Rueckfahrt von Duesseldorf brauchte als vorgesehen. Die News im Newsticker hab ich mit den verbleibenden paar Mark Guthaben auf meiner Prepaidkarte vom Handy mittels Notebook und Infrarot pflichtgemaess schon gestern mittag hochgeladen ;-)

Naja, also "lebhaft" wuerde ich das nicht bezeichnen, was dort im Gerichtssaal passierte. Die meiste Zeit der Dreiviertelstunde ging damit drauf, dass der vorsitzende Richter der Gerichtsschreiberin wiederholend diktierte, was der Freiherr an Argumenten hervorgebracht hatte: naemlich dass es von Microsoft eine Maus gebe, die den Namen "Explorer" trage, und zwar ohne den Zusatz "Windows-" oder "Internet-" davor, und dass die "Explorer" auf der Packung in weisser Schrift stehe (oder war es rot? *g*), mit etwa zwei Zentimeter grossen Lettern, und das Ganze rechts oben (oder war es links unten?).

Wie auch immer, klar erkennbar war, dass die Richter ausschliesslich die Frage der Markenverletzung zu verhandeln bereit waren, nicht aber etwa die Frage des Unterschieds (oder Nichtunterschieds) zwischen dem Link in SELFHTML und dem entsprechenden, nicht beanstandeten Verweis im HTML 4.0 Handbuch, das den Richtern zuvor vorgelegt worden war. Insofern ist es aus meiner Sicht gewissermassen Wurscht, wie es nun am Ende ausgeht - denn selbst wenn ich noch mal Recht bekomme, werde ich vermutlich wieder nicht das Recht bekommen haben, um das es mir geht.

Allerdings will ich auch keine vorzeitigen Teufel an die Wand malen. Das Gericht hat noch Zeit, die Sache in Ruhe zu pruefen, und so lange sollte man einfach erst mal abwarten. Lieber hinterher noch mal Staub aufwirbeln, denn vielleicht muss die Kasse dann ja noch mal aufgestockt werden fuer den BGH.

viele Gruesse
  Stefan Muenz