Moin Stefan!
Ach? Meine Erfahrung ist voellig gegenteilig. Wer gut programmieren kann, kann sich gewoehnlich auch sprachlich sehr praezise und eloquent ausdruecken. Das erscheint mir auch recht logisch, schliesslich liegt deren Intelligenzniveau meist um einiges ueber dem Volksdurchschnitt.
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Hm - meinst du nicht, dass du damit dem modernen Irrglauben unterliegst, informatisch denkende Menschen seien automatisch die geistig hoechstentwickelten Menschen?
Nein, glaube ich nicht [1], weil ich das nicht glaube [2]. ;-)
[1] dass ich dem Irrglauben unterliege
[2] dass diese die geistig hoechstentwickelten Menschen sind (gibt's sowas ueberhaupt?)
Genauso hat man es vor einem halben Jahrhundert vom "Ingenieur" gedacht. Es stimmt zwar, dass die meisten heute erfolgreichen Informatiker auch eine relativ hohe Schulbildung haben. Aber in der nachwachsenden Generation sieht das oft schon anders aus. Der "stammelnde Programmier-Crack" - das ist durchaus schon beobachtbar und wird denke ich auch weiter zunehmen.
Meinst Du? Ich weiss nicht, woran Du das fest machst, ich habe wie gesagt keine derartigen Erfahrungen gemacht. Aber ist es vielleicht so, dass das eine allgemeine Tendenz ist, die nicht auf die "Coder-Cracks" beschraenkt ist? Wenn ich hier in Dresden mit der Strassenbahn fahre und hoere, was die Kids da fuer einen Dumpflall ablassen, wird mir manchmal fast schlecht. Ich weiss aber nicht, inwieweit sich diese Beobachtungen zu einer Tendenz verallgemeinern lassen.
Wir sollten hier ein bisschen aufpassen, ueber wen wir reden. Schliesslich ist ein 16-jaehriger Tag-und-Nacht-Coder (siehe auch http://tuxedo.org/~esr/jargon/html/entry/larval-stage.html) ein anderes Kaliber als ein gestandener Informatiker. (Auch deren Koennen unterscheidet sich oft wie Tag und Nacht; eine Programmiersprache in- und auswendig zu kennen heisst noch lange nicht, dass man auch vernuenftige Software schreiben kann.)
Denn Sprache hat gar nicht so arg viel mit Praezision und informatischer Akribie zu tun. Sprache ist hochgradig ambig (mehrdeutig), und sich sprachlich so auszudruecken, dass das Gemeinte moeglichst originalgetreu beim Zuhoerer oder Leser ankommt, hat weniger mit alghorithmischer Fehlerfreiheit zu tun als mit Sprachgefuehl.
Wenn man etwas sagen will, muss man erstmal wissen, *was* man sagen will. Und dieses sich Darueberklarwerden ist sehr wohl ein Prozess, der im Programmiergewerbe wiederzufinden ist. Tatsaechlich ist es eine der wichtigsten Grundlagen. Gerade darin, ein Problem analysieren und beschreiben zu koennen, darin liegt die Kunst des Programmierens. (Vgl. Wilhelm: "Wer strukturiert arbeiten kann, der kann auch Fragen strukturieren.") Und das ist auch das Problem vieler der Hacker im Larval Stage (siehe obigen Link). Die sind darin naemlich noch nicht so gut. Insofern haben die sicher auch gewisse Probleme, sich auszudruecken, was sich mit dem Alter aber meist gibt. Und das ist doch auch nicht die Gruppe, die Connie meinte, oder irre ich da jetzt?
Sprachgefuehl braucht's dann schon auch noch. *Wie* man etwas am besten formuliert, laesst sich glaube ich nicht oder nur schwer mit Logik herleiten. Nur ist die Voraussetzung fuer klare Formulierungen eben wie gesagt, dass man erstmal wissen muss, *was* man sagen will. Beim Erkennen von Redundanzen und Mehrdeutigkeiten hilft dann wieder das informationstechnische geuebte Gehirn.
Womit ich aber nicht behaupten will, das sei angeboren und nicht erlangbar. Ist es durchaus, aber natuerlich nur, wenn Interesse besteht. Und das Interesse ist bei den meisten Leuten nicht gerade hoch.
Allgemein gebe ich Dir recht. Wenn Du jedoch meinst, dass es gerade die Programmierbegabten an Interesse fehlen lassen, dann nicht.
Meckerei einer Maschine als Anreiz zur Perfektion? Vielleicht solltest Du jemanden fragen, der sich damit auskennt, wenn Du schon nicht aus eigener Erfahrung berichten kannst.
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Selbstverstaendlich meine ich das so - und mangelnde Erfahrung lasse ich mir da eigentlich nicht unterstellen, nur weil ich hoechstens mal nebenbei was programmiere, aber nicht den halben Tag und die ganze Nacht.
Ich meinte eigentlich, dass die, die sich wirklich dafuer interessieren, ein ganz anderes Vergnuegen daran haben, und insbesondere nicht den geringsten Bock haben, sich von einer Maschine irgendwas vorschreiben zu lassen. Wenn das so waere, muessten die ja alle Windows und Word total geil finden, nach meiner Erfahrung ist aber auch da gerade das Gegenteil der Fall. Und Du interessierst Dich, soviel ich weiss, kaum fuer das Programmieren, weshalb ich auch nicht so recht glaube, dass Du das wirklich nachvollziehen kannst.
Ich will mal versuchen, das (zumindest fuer mich) wirklich interessante am Programmieren anzudeuten. Es geht dabei zwar manchmal wirklich nur darum, irgendwas zum "Tun" zu bringen, der Reiz jedoch sind die "Bilder", die man im Kopf hat. Man baut sich ein eigenes kleines Universum, einen Cyberspace, in dem die Dinge ablaufen, die man da so programmiert, und in dem man auf wunderbare Weise umherfliegen kann. Das ist es, was wirklich fasziniert. "Was man auf dem Bildschirm sieht, ist nur ein matter Abglanz dessen, was drin passiert, im Cyberspace." (Der letzte Satz ist ein sinngemaesses Zitat aus einem Text, den ich momentan leider nicht wiederfinde. Aber ich schweife sowieso ab.)
Glaubst du vielleicht, irgendwer hier wuerde sich lange mit dem ganzen JavaScript-Zeugs rumschlagen, wenn da einfach gleich alles so wie gewuenscht funktionieren wuerde? Der eigentliche Reiz geht doch vom Widerstand aus, auch wenn das natuerlich ungern zugegeben wird.
Fuer Antje ist (oder war?) das z.B. tatsaechlich so, laut ihrer Aussage (welche schon einige Zeit alt ist). Ich jedoch kann dabei keinen Reiz empfinden. Ich will etwas (auf)bauen, da kann ich's nicht brauchen, wenn ich alle naselang meinen Hammer reparieren muss.
Das Groesste ist doch fuer die meisten das Gefuehl, den Interpreter oder Compiler "ueberlistet" zu haben. Sonst haetten sie doch gar kein Interesse daran.
Solche mag es geben, diese wuerde ich jedoch kaum als ernstzunehmende Programmierer bezeichnen. Allerdings will ich auch nicht zu sehr verallgemeinern, das waere zu sehr ein Einordnen in Schubladen.
Ueber HTML wird ja auch nur deshalb so gerne die ueberhebliche Nase geruempft, das sei Pipikram, _weil_ es einfach ist und funktioniert.
Betrachtet man die jeweiligen Implementationen der Browser, stimmt das aber nicht. Genau deshalb mag ich HTML als Layoutwerkzeug auch nicht, weil es eben *nicht* funktioniert. Ist ja auch nicht dafuer gedacht. Wer ueberhaupt ruempft denn die Nase?
Dass man damit wunderschoene Hypertexte stricken kann, interessiert doch keinen.
Mich schon. Das funktioniert ja auch sehr gut, und die Idee dahinter ist auch gut.
Das Interesse richtet sich viel lieber auf die Sachen, die "nicht gehen" und darauf, ob es nicht doch eine Moeglichkeit gibt, wie sie gehen koennten. Das kannst du hier im Forum jeden Tag miterleben.
Ok. Aus dem gesamten Absatz, den ich hier zerstueckelt habe, wird deutlich, dass wir vermutlich ueber verschiedene Leute reden. Connie hat das ja leider nicht sehr genau spezifiziert, ich hatte mich in ihrer Beschreibung aber teilweise durchaus wiedergefunden. Nun, ich habe jetzt mal eine andere Seite dargestellt, Du kannst mir ja erstmal sagen, was Du davon haeltst.
Was hat Verstaendlichkeit mit Offenheit zu tun?
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Ich versuche es mal zu erklaeren. Ich bleibe mal bei geschriebenem Text - fuer gesprochene Verstaendlichkeit gilt das aber eigentlich genauso. Ein verstaendlicher Text offenbart viel von dem, aus dessen Feder er kommt. Vor allem offenbart er ziemlich genau, wie viel der Urheber selbst von dem verstanden hat, worueber er redet. Denn eben wegen der Nachvollziehbarkeit ist es viel einfacher zu sehen, wo es anfaengt verschwommen zu werden. Genau da naemlich kann man die Grenze dessen ausmachen, was der Erklaerende selber von der Materie verstanden hat. Bei jemandem, der von vorneherein nicht sonderlich verstaendlich erklaert, ist es dagegen viel schwerer, diese Grenzen zu erkennen. Man weiss vielleicht, dass er eine Menge von dem, worueber er redet, weiss, aber da man eigentlich bei allem was er sagt ein paar Fragezeichen hat, hat man keine Moeglichkeit zu unterscheiden, wo er noch klar und deutlich ist, und wo er selber anfaengt zu schwimmen.
Soweit stimme ich zu.
Insofern gehoert finde ich Mut dazu, verstaendlich zu sein. Denn niemand laesst sich gerne in die Karten gucken, wie viel er selber versteht und wie viel nicht. Wer verstaendlich ist, tut aber genau das: sich diesbezueglich in die Karten gucken zu lassen.
Hier jedoch sehe ich das Problem nicht. Wenn jemand verheimlichen will, was er nicht kann, zeugt das fuer mich von mangelndem Selbstbewusstsein, was allerdings wieder kein spezifisches Problem von Programmierern ist. Dagegen sieht man von den Koennern auch hier im Forum des oefteren, wie sie an dieser Grenze einfach sagen, dass sie sich nicht weiter auskennen. Gutes Beispiel: <?m=130316&t=24981>. Nur ist jetzt wieder fraglich, ob die von Connie ueberhauot gemeint waren.
Ich glaube, hier schliesse ich erstmal.
So long