Mathias Bigge: Vorsicht: (D)englisch !?

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Hallo Soenke,

Denglisch ist IMHO die Bezeichnung für eine Ausdrucksweise, mit der die jeweilige Person oder Firma sich ganz besonders toll hervorheben will - kurz: reines Prollgehabe.

Meine ich auch - im Unterschied zum Gebrauch international etablierter Fachbegriffe oder zum Vergnügen, neue Begriffe zu lernen und anzuwenden, aus welcher Sprache auch immer, wenn sie nur treffend sind. Ein Chanson ist eben kein Song oder Lied.

Mit Verlaub, das ist doch Schwachsinn. eMail ist die Abkürzung für "electronic mail", nicht für "by electronic technology delivered text message". Und dementsprechend ist die deutsche Übersetzung für eMail nicht "auf elektronischen Wege versandte Text-Nachricht", sondern "elektronische Post": ePost. Dieses Wörtchen ist genauso lang wie eMail und klingt IMHO auch viel netter.

Ganz interessant. Aber ganz unpolemisch gefragt: Macht es Sinn, sich IT-bezogene Texte überhaupt aus der Perspektive anzusehen, ob man viele Dinge nicht auch treffend ins Deutsche übertragen könnte? Man könnte ja etwa argumentieren, damit Aufklärungsarbeit zu leisten und unnötige Verständnishürden zu beseitigen oder dem Nutzer einen leichteren Zugang zu Programmen zu eröffnen. Meistens scheitert das Projekt kläglich, z.B. bei Übertragungen von Fachbegriffen in Programmen.
Inzwischen arbeite ich in manchen Bereichen lieber mit der englischen Version, weil ich viele Übersetzungen von Fachbegriffen unverständlich und irritierend finde. Außerdem ist es schwer, internationale Foren, Tutorien oder Texte zu nutzen. Ein gutes Beispiel: Ebenenoptionen und dergl. mehr in Photoshop, die so frei übersetzt sind, dass man Schwierigkeit hat, englische Tipps zu verstehen. Zudem funktionieren Aktionen nicht, wenn auch die Befehle mitübersetzt werden.
Ein schönes Beispiel aus der Wissenschaft: In der Philosphie gibt es eine französische Debatte, die an Sigmund Freud anknüpft. Die französischen Übersetzungen der deutschen Begriffe wurden bei der Rückübersetzung wieder übersetzt, aber in andere Begriffe. Das hat zu teilweise recht lustigen Wendungen in der Diskussion geführt.

Ob man davon abgesehen wirklich so gnadenlos unkreativ sein muß, jedes englische Wort 1:1 in's Deutsche zu übersetzen ("homepage" -> "Heimseite")..naja.

Besonders problematisch finde ich Übersetzungen, die aufgrund phonetischer Ähnlichkeit Bedeutungsdifferenzen in Kauf nehmen. Besonders krass: Der Personalcomputer, die Webseite und dergl mehr.

Eine interessante Debatte in diesem Zusammenhang ist auch die korrekte grammatische Einordnung der englischen Begriffe ins Deutsche. So soll sich in der Schweiz eher das e-mail etabliert haben, während sich weiter nördlich die feminine Form durchgesetzt hat. Auch bei Pluralformen und Konjugation gibt's diverse Verfahren, etwa bei der Bildung des Partizips Perfekt: "ge-" + Stamm + englische Partizipendung.

Viele Grüße
Mathias Bigge