Moin,
Das stimmt so nicht ganz.
Doch, das stimmt so vollständig.
TCPA ist zunächst mal ein Hardwarestandard.
- mindestens starke Einschränkungen bei der Software ("secure boot")
Glaubt man dem Heise-Artikel, dann ist Palladium ein Softwareaufsatz auf TCPA. Glaubt man dem Futurezone-Artikel, dann ist Palladium eine eigene TCPA-Implementierung von Microsoft.
Weder das eine noch das andere ist nach dem erwähnten Microsoft-Link die volle Wahrheit. Der Futurezone-Artikel scheint mir sogar noch verwirrter als der von Heise zu sein. Nachdem was ich bisher weiss (und das ist sogut wie nichts über LaGrande) müsste man in diesem Artikel alle Vorkommnisse von Palladium durch TCPA und alle von LaGrande durch Palladium ersetzen (Firmennamen entsprechend anpassen).
Wie auch immer, es ist nicht so, dass TCPA und Palladium überhaupt nichts miteinender zu tun hätten.
Ich würde es eher in der Richtung sehen, in der Java und C# nicht überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Palladium kann (soweit ich das sehe) nach seinem Ansatz nicht TCPA-zertifiziert werden, weil (mindestens) der sichere Boot fehlt und TCPA kommt prima ohne Palladium-Hard- oder Software klar.
http://www.microsoft.com/technet/treeview/default.asp?url=%2Ftechnet%2Fsecurity%2Fnews%2FPallFAQ2.asp
Nicht gerade eine Quelle, auf der man auch von den Nachteilen lesen kann.
Das habe ich auch nicht behauptet und bin daher noch einmal extra darauf eingegangen. Allerdings würde ich in Bezug auf noch unveröffentlichte Microsoft-Entwicklungen fast jede Quelle unterhalb von www.microsoft.com (insbesondere unterhalb technet) als wesentlich vertrauenswürdiger einstufen, als sich wiedersprechende Zeitungsartikel die auf Vorankündigungen, Pressemitteilungen und nicht zuletzt wilden Vermutungen + Verwechslungen basieren.
BTW: Ich merke grade, dass der URL so nicht funktioniert. Man nehme stattdessen einfach http://www.microsoft.com/technet/security/news/PallFAQ2.asp und wird dann weitergeleitet. (Scheinbar haben die Microsoft-Skripte Probleme mit korrekt URL-kodierten Sonderzeichen und das Forum mag bekanntermaßen keine inkorrekt kodierten Sonderzeichen.)
Nicht ganz richtig. Die Policy, "Unsignierte Programme sollen uneingeschränkten Zugriff auf alle Daten auf meiner Platte haben", wird nur dann zugelassen, wenn ich überhaupt keine signierten Programme oder ausschließlich Content, den ich selbst hergestellt habe, vorhanden ist.
OK, uneingeschränkt ist natürlich zu viel gesagt. Programme, die ohne Palladium laufen, haben uneingeschränkten Zugriff auf alles was nicht von Palladium geschützt ist. Wenn sie die Palladium-Programme oder deren Daten modifizieren/lesen könnten wäre die ganze Sache ja witzlos. Sie werden aber ausdrücklich nicht von anderen Sachen abgehalten. Es ist also nicht so, dass plötzlich alle Mediendateien auf deinem Rechner für nicht-Palladium-Programme verschwinden. Wenn du aber Palladium-Software verwendest die ihre eigenen Daten (z.B. gekaufte Musik) mit Palladium schützt, dann kannst du mit nicht-Palladium-Programmen natürlich nicht darauf zugreifen.
Wer finanziert denn die Prüfung auf TCPA-Konformität bei Open-Source-Programmen?
Schon wieder: Palladium ist nicht TCPA. Bei Palladium kontrolliert der Nexus welche Programme Palladium-Dienste in Anspruch nehmen dürfen (er kann aber nicht kontrollieren, welche Programme überhaupt laufen) und den Nexus kontrollierst du. [1]
Das mit dem kostenpflichtigem Zertifizieren kommt zusammen mit "hier läuft nichts unzertifiziertes" von TCPA und hat nichts direkt mit Palladium zu tun. Der erste Punkt ist sicher auch mit Palladium möglich (wenn auch nicht zwingend), der zweite Punkt aber nicht.
Da würde ich mich nicht drauf verlassen, denn so eine komplexe Architektur lässt sich kaum fehlerfrei implementieren.
Das ist wahr, aber Teile von Palladium sollen offen gelegt werden (naja, Microsofts Idee von Offenlegung ist nicht das Wahre, aber immerhin). Und selbst wenn du ein potentielles Softwareproblem findest: Der geheime Schlüssel ist immer noch im Chip auf dem Mainboard und dort auch nicht ohne weiteres herauszukriegen. Es gibt zwar diverse Verfahren, wie man einen Schlüssel aus ein Chip herauskriegt, aber die sind aufwändig und lohnen sich nicht, da jeder Schlüssel einzigartig ist. Bei manchem anderen Verfahren lockt ja wenigstens noch ein Generalschlüssel oder Informationsgewinn.
Nicht ganz richtig. Microsoft versucht ja gerade eine Marktmacht zu nutzen, um eigene Dateiformate im Contentbereich durchzudrücken. Dazu braucht man die Hilfe der Content-Industrie und die ködert man mit DRM.
Darauf bezog sich mein letzter Absatz: Palladium ist im Prinzip so gebaut, dass der Benutzer das System kontrolliert und sich aussuchen kann, was läuft. Microsoft und die Industrie werden sicherlich versuchen darüber starkes DRM zu machen, sie wären ja auch schön blöd, wenn nicht. Dennoch muss der Verbraucher es zuerst akzeptieren, bevor es funktioniert. Hier kommt die geballte Marktmacht der Verbraucher ins Spiel: Wenn er sich kein überzogenes DRM, welches die Rechte zum Fair use nutzlos machen würde, aufs Auge drücken lässt, ist die Industrie machtlos dagegen. Wenn es aber erst einmal einreisst und auf breiter Basis aus "Cannot be played in PCs or Macs" ein "Can only be played on a Palladium-PC with the XYZ-Nexus" wird, _dann_ haben wir ein Problem. Dann ist das aber nicht direkt die Schuld von Palladium oder Microsoft, sondern die des Verbrauchers der das zulässt.
In den USA ist ein Gesetz namens CBDTPA immer noch in der Beratung im Senat.
Werde ich mal ergooglen, zumindest die Abkürzung sagt mir nichts.
Würde es durchkommen, wären TCPA-PCs schon bald Pflicht dort.
Das _kann_ nicht passieren. IANAL, aber eine TCPA-Pflicht wäre nach so ziemlich jedem demokratischen Grundgesetz verfassungswidrig. Auch wenn viele Amerikaner zurzeit von hier aus demokratisch gesehen einen Knall haben (IMHO), sind sie so weit nun doch noch nicht.
Es könnte durchaus passieren, dass über die WTO oder TRIPS dann auf die EU Drück ausgeübt würde, ähnliches zu verabschieden.
Nenn' mich naiv, aber die letzte Information, die ich zu demokratischen Systemen habe, war, dass jeder Regierung und damit Gesetzgebung der Wille des Volkes zugrunde liegt.
http://www.cl.cam.ac.uk/~rja14/tcpa-faq.html
Kenne ich und du wirst mich diesem Link auch im Archiv weitergeben sehen. Diese FAQ geht aber immernoch von falschen Vorraussetzungen über die Verbindung von TCPA und Palladium aus. Dass TCPA für die breite Masse eine äusserst schlechte Idee ist, habe ich nie bestritten. Genauso kann TCPA aber für bestimmte Anwendungen äussert sinnvoll sein.
Palladium hingegen sehe ich als prinzipiell nicht schlechte (in einigen Bereichen gute) Idee, die jedoch auch Gefahren birgt.
[1] Vermutung ohne weitere Beweise: Wenn du dem Nexus sagst, dass eine bestimmte Signatur Zugriff auf Palladium haben soll, glaubt er dir das und gewährt diesem Programm Zugriff.
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Henryk Plötz
Grüße aus Berlin