Sven Rautenberg: Copyright-Gebühren für Webdesigns? Üblich oder nicht?

Beitrag lesen

Moin!

Es geht um das Copyright, welches im Prinzip bei jeder verkauften Website mitveräussert wird. In den meißten Fällen wird es wohl eher stillschweigend verkauft, doch ist es ein nicht ganz unwichtiges Thema und wird oftmals unterschätzt.

Es wurde schon mal leicht angedeutet, aber ich wills nochmal eindeutig sagen: In Deutschland (und IIRC auch in Österreich und der Schweiz) gibt es kein "Copyright". Das ist ein Begriff aus dem amerikanischen Rechtssystem, und das findet hierzulande eben keine Anwendung.

In Deutschland gibt es das Urheberrecht, welches sich vom Copyright wesentlich unterscheidet. Kernpunkt: Der Urheber kann sein Urheberrecht nicht verkaufen (ganz im Gegensatz zum Copyright).

Der Urheber kann aber alle möglichen Arten von Lizenzen verkaufen, die Dritten dann die Nutzung des erstellten Werkes ermöglichen. Diese Lizenzen reichen von der einfachen Nutzungslizenz bis hin zur kompletten wirtschaftlichen Auswertung des erstellten Werkes.

Mir wurde von einem erfahrenen Grafikdesigner empfohlen, explizit auf den (Zwangs)Erwerb des Copyright seitens der Käufer eines Webdesigns zu bestehen. Natürlich ist es in der Werbebranche bzw. Markengestaltung und Gestaltung von Printprodukten anders, doch hat dieser Mensch sein Copyright bis jetzt immer erfolgreich verkauft, auch bei Websites!!!, da er einfach darauf bestanden hat, dafür Geld zu bekommen und es wohl auch so kommuniziert hat, als gäbe es keine Alternative und wäre nahezu selbstverständlich.

In Deutschland kann man das Copyright nicht verkaufen, weil es sowas hier nicht gibt. :)

Natürlich kann man eine Nutzungslizenz verkaufen. Aber mal ehrlich: Wenn es darüber zum Streit kommt, wird jedes Gericht dieses Landes annehmen, das eine einfache Nutzungslizenz implizit im Auftrag zur Erstellung der Website enthalten ist. Ansonsten macht es ja keinerlei Sinn, den Auftrag zu erteilen: Eine Webseite wird man ja nicht nur zum Spaß und zum Angucken bei der Fertigstellung erstellen lassen, sondern sie soll ins Internet eingestellt werden. Diese Nutzung ist sozusagen Kern des Vertrages, weshalb der Preis für die Erstellung auch diese Nutzungsart umfaßt.

Es ist also, wie die anderen schon gesagt haben, im Prinzip irrelevant, wie du in so einem Fall auf deinen Endpreis kommst, den der Kunde vor Auftragserteilung akzeptiert hat. Wenn du das aufschlüsseln möchtest: Bitteschön.

Spannend sind dann aber alle Fragen, die über die reine "stell online und lass es abrufen"-Nutzung hinausgehen. Insbesondere spannend sind die Fragen:

  • Darf der Kunde an seiner Website etwas ändern? Wenn ja, was? Wenn nein, wie kriegt er es dann geändert?
  • Darf der Kunde eine andere Agentur mit der Änderung der Website beauftragen?
  • Darf der Kunde seine Website unverändert oder verändert weiterverkaufen?
  • Welche Nutzungsrechte hat der Kunde an Trivialsoftware, die in der Site steckt, also z.B. Formmailer? Wo kommt die her, welche Nutzungslizenz hat sie (Freeware, GNU GPL o.ä.)?

Was haltet Ihr davon?
Welche Erfahrungen habt Ihr in Bezug auf das Copyright einer Website?
Sollte man davon absehen, explizit Gebühren dafür zu nehmen, oder sich dieses finanzielle Potential zu Nutze machen?
Könnt Ihr das euren Kunden zumuten? Natürlich auch eine Frage der Argumentation!

Ganz klar: Die Nutzungsrechte, die der Kunde an dem erstellten Werk erhalten soll, müssen vertraglich geregelt sein. Den Kunden wird üblicherweise auch verständlich sein, dass die urheberrechtlichen Fragen besser geklärt sind, als dass er sich hinterher ärgert, wenn er irgendwas mit der Site nicht machen darf. Außerdem ist es nicht selten so, dass der Kunde ohnehin Nutzungsgebühren für Bildmaterial zahlen muß, die von Bildagenturen kommen und in die Gestaltung einfließen.

Es ist sinnvoll, die typischen Nutzungsrechte grundsätzlich mitzuverkaufen: Nutzungsrecht und das Recht, Änderungen vorzunehmen. Sowas gehört als Standardabsatz mit in den Vertrag.

Extra kostet jede Art von Exklusiv-Lizenz sowie das Recht, die erstellte Site seitens des Kunden wirtschaftlich zu verwerten (also ggf. weiterzuverkaufen, evtl. auch geändert weiterzuverkaufen). Das ist vor allem dann spannend, wenn der Auftrag primär die Erstellung von Software umfasste, also z.B. ein Shopsystem.

- Sven Rautenberg

--
SELFTREFFEN 2003 - http://selftreffen.kuemmi.ch/
ss:) zu:) ls:[ fo:} de:] va:) ch:] sh:) n4:# rl:| br:< js:| ie:( fl:( mo:|