molily: »Deklaration«

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Hallo,

Es geht mir darum, zu bezweifeln, dass jeder Deutschsprachige, der sich mit CSS beschäftigt, auch den äquivalenten »offiziellen« deutschen Fachterminus verwenden soll/muss, denn das Verständnis erleichtert er meiner Meinung nach nicht sonderlich.

Es gibt da diese Geschichte (es wäre schön, wenn sie jemand im Web finden könnte), (...)

http://www.mauthner-gesellschaft.de/mauthner/intro/bichsel.html

(Björn Höhrmann weist öfters, auch in den unpassendsten Situationen, darauf hin...)

Warum erzähle ich das? Weißt du, es ist mir egal, ob jemand statt »Selektor« lieber »Auswähler« oder statt »Eigenschaft« eher »Attribut« sagt, wenn es ihm hilft, die Dinge auseinanderzuhalten und besser zu verstehen.

Ja, darauf wollte ich hinaus.

Aber das bringt Probleme mit sich. Wenn jemand, gehen wir von einem Newbie aus, der sich mit uns über CSS unterhalten möchte, für ihn verständliche und »lautmalerische« Begriffe für die CSS-Syntax erfindet und sich uns gegenüber zu einem bestimmten Problem oder Sachverhalt kommunizieren möchte, dann werden wir ihn vermutlich nicht verstehen.

Ich bin ebenfalls der Meinung, dass es einheitliche Begriffe geben soll und dass man sich möglichst mithilfe dieser austauschen soll, um Missverständnisse zu vermeiden (bzw. Kommunikation überhaupt zu ermöglichen). Wenn mir Wirrwarr am liebsten wäre, könnte es mir egal sein, dass die offizielle Begrifflichkeit Defizite aufweist und ich würde sie einfach ignorieren und meiner Meinung nach passendere Begriffe verwenden und propagieren.

Ich wollte aber kritisieren, dass bei der Ausarbeitung der quasi-normativen Übersetzung bzw. schon bei der Ausarbeitung der Spec unnötige Fehler unterlaufen sind, welche letztlich mit höherer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass einige Menschen eigene Begriffe für die CSS-Syntaxteile erfinden, weil sich ihnen der Sinn der offiziellen Terminologie verschließt - und das bringt letztlich niemandem etwas. Das bedeutet, wenn man sich auf bestimmte Begriffe *einigt*, begrüße ich das nur. Das Gegenteil ist aber der Fall, wenn aber das W3C Begriffe und Übersetzungen vorgibt und die Webautoren sie nur annehmen, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt, obgleich sie sie irreführend finden. Es kommt nicht von ungefähr, dass Autoren von Dokumentationen beziehungsweise Lehrende gegenüber Lernenden zur Veranschaulichung einfachere, bereits bekannte Begriffe wählen.

(Du meinst übrigens eher »sprechende« Begriffe, »lautmalerisch« ist was anderes, aberegal. </nitpick>)

Wir müssten die Sprachen, die wir sprechen, einander näher bringen, bevor wir uns mit dem eigentlichen Problem befassen können. Wahrscheinlich werden wir am Ende des Gesprächs unser Vokabular verwenden, nicht das des Newbies. Warum? Weil das die deutschen Fachtermini sind, die jeder versteht (oder nachschlagen kann) und die Dinge eindeutig bezeichnen.

eine XML declaration lässt sich auch als das Dokument einleitende Verarbeitungsanweisung - wie weit liegen »instruction« und »Befehl« wohl auseinander? ;-) - an den Parser beschreiben,

Eine XML-Deklaration ist keine Verarbeitungsanweisung.

Hach ja, der Definition nach, um PIs von XML-Deklarationen abzugrenzen und für beide eine Grammatik zu definieren, nichtsdestoweniger sind es im allgemeinen Sinne auch besondere/eingeschränkte »Verarbeitungsanweisungen«, wenn man nicht die formale Definition der XML-Spec zugrunde legt.

Als naheliegende Umschreibungen für »declaration« schlug ich bereits (Formatierungs-)»Angabe« und (Eigenschafts-)»Zuweisung«/»Zuordnung« vor und nannte auch deren Nachteile.

Wir reden hier nicht über Umschreibungen sondern über Bezeichnungen, das ist ein Unterschied.

Das lässt sich ja gar nicht trennen. Wenn man an eine Bezeichnung für etwas Abstraktes nicht den Anspruch stellt, das Bezeichnete mit einem existenten Begriff metaphorisch (also implizit vergleichend) zu »umschreiben«, wären wir wieder bei völliger Arbitrarität und damit bei »Spunk«, man könnte also neue Wörter oder Zeichen erfinden.

Ich wollte nicht die Notwendigkeit der Unterscheidung anzweifeln. Ich bin lediglich der Meinung, dass Begriffe wie »Selektor« und »Deklaration« »aus sich selbst heraus« einem nicht mit der speziellen Bedeutung vertrauten Menschen wenig bis nichts sagen, also nicht die (dann in einem gewissen Sinne metaphorische) Erklärung einer abstrakteren Vorstellung über bereits bekannte Wörter eines begrenzteren Sprachschatzes leisten.

Ein Selektor ist für mich etwas, mit dem ich etwas auswähle (selektiere), insofern passt diese Bezeichnung MUSEN sehr gut.

Natürlich, sofern man in dem Fall hinreichend Fremdwörter kennt bzw. den nötigen Bildungsgrad hat, um diese Zusammenhänge auf Anhieb zu erkennen. Das englische »select« ist im Vergleich zum deutschen »selektieren« ein Alltagswort. Ich meinte auch, dass »Selektor« selbst, obgleich zwar eine mehr oder weniger erkennbare Verbindung zu Selektion/selektieren besteht, ein neues Wort darstellt, welches in keinem Wörterbuch zu finden ist. Wenn der Sinngehalt exakt mit »das Auswählende« bzw. »der die betreffenden Elemente bzw. Pseudoelemente und deren Zustände auswählende Ausdruck/Code« wiedergegeben werden kann, bedeutet Selektor wie du sagtest »Auswähler«, und da CSS keine Geheimwissenschaft für Philologen ist und jeder Hinz und Kunz, der im Web veröffentlichen will, tagtäglich damit umgeht, wäre es vermutlich nur konsequent, von »Auswählern« zu sprechen.

Dass ich die Bezeichnung »Deklaration« ebenfalls für geeignet halte, habe ich bereits geschrieben. Im Gegensatz zu dir bestehe ich aber auch nicht darauf, dass alle Fachbezeichnungen sofort und für jeden Anfänger auf der Hand liegend auf das schließen lassen, was sie bezeichnen.

Ich finde es eher *wünschenswert* und bin der Meinung, dass gleichzeitig auf technische Präzision/Eindeutigkeit und (relativ) gute Verständlichkeit eventuell durch Nähe zu bekannteren Begriffen geachtet werden kann.

Also nennen wir brav rule sets »Regelmengen« (argh!) anstatt einfach gleichmacherisch »Regeln«,

Man sagt »Regelsatz«.

Warum, weil »rule« »Regel« heißt und »set« »Satz«? Muha. Das ist genauso irreführend, weil es kein »Satz an Regeln« ist, was das Wort vermuten ließe (vergleiche »Datensatz« usw.), es ist nur _eine_ Regel, die aus der genannten Zusammenstellung besteht. Kein Teil davon kann autonom existieren, kein Teil davon ist für sich eine interpretierbare Formatierungsvorschrift, nur zusammen lassen sie sich vom Rechner umsetzen. Mit »Menge« in »Regelmenge« ist auch etwas spezielles gemeint, denn es ist auch keine »Menge an Regeln« gemeint.

Im Übrigen habe ich »Regelmenge« nur angeführt, weil es die (wie gesagt kritikwürdige) deutsche Übersetzung gemäß http://www.edition-w3c.de/TR/REC-CSS2 ist - ich weiß, dass diese Übersetzung keinerlei Normativität im Vergleich zur englischen Spec besitzt -, ich habe dieses Wort noch nie benutzt. Außerhalb des dciwam-Umfelds habe ich »Regelsatz« übrigens noch nirgendwo gelesen, und alle Quellen, welche von Regelsätzen in CSS sprechen, sind aus diesem Umfeld. Wenn überhaupt der W3C-Terminologie gefolgt wird, wird »Regel« benutzt, was die Specs ja auch nicht ohne Widerspruch als Abkürzung vorschlagen.

Grüße,
Mathias