Hallo, Chräcker,
"Matreieller Verlust" ist für mich kein Kriterium, wie man das Recht auf Eigentum zu bewerten hat. Das Recht bleibt auch dann bestehen, wenn bei der Beugung (meiner Vorstellung) kein Materieller Schaden entsteht. Moral sollte unabhängig von Geld sein ,-)
Was mir an dieser Position problematisch schiene, wenn ich sie vertreten würde, ist, wie du deinen Kindern beibringen willst, auch letztlich weitesgehend fiktiven Schaden zu erkennen und unter Abschätzung der Konsequenzen moralisch zu handeln. Denn jemandem zu vermitteln, nicht zu stehlen bzw. nicht die Wünsche/den Willen eines anderen auf diese Weise zu ignorieren bzw. ihn gewissermaßen nur auszunutzen, ist durch den entstehenden (u.a. materiellen, aber nicht ausschließlich) Schaden und durch den Verlust schnell belegt, da ein Kind sofort die negativen Konsequenzen »handfest« erkennen kann.
Ich wüsste hingegen keine Antwort auf die auf naive Weise scharfsinnige Frage eines Kindes, warum der Mensch, der im Überfluss vorhandene, beliebig reproduzierbare, für andere brauchbare, wenn nicht sogar notwendige Güter besitzt, nichts davon »abgibt« (in kindlichem Denken: Schenken, da das Prinzip des Tauschs, Leistung/Gegenleistung, noch nicht dominiert). Beziehungsweise ich wüsste nicht, wie ich anhand der Konsequenzen rein argumentativ kindgerecht belegen kann, dass derjenige derart eingeschränkt wird, dass die Moral des sozialen Handelns anwendbar ist (angenommen, das Kind hat eine solche schon verinnerlicht und hat bereits eine moralische Haltung entwickelt, welche das Bevormunden, Einschränken, und Hinwegsetzen über die Meinung/Wünsche anderer als »schlecht« bewertet).
Einerseits würde ich natürlich Respekt vor der Freiheit (in verschiedener Hinsicht) eines anderen vermitteln wollen, andererseits kann ich das beschriebene in meinen Augen egoistische (im Sinne von rücksichtsloses, unachtsames, respektloses, nicht »nur« gerechtfertigt eigensinniges) Verhalten nicht rechtfertigen. (Für mich heißt letzteres vor allem, daraus die Konsequenzen für mich zu ziehen und mich anders zu verhalten, was du ja auch forderst: Ausschließlich die Rechte zu fordern, die man selbst auch anderen zugesteht bzw. die Rechte, die man sich nimmt, auch anderen zu gewähren.) Damit meine ich, dass es um einiges einfacher ist, die Toleranz und Rücksicht gegenüber einem in meinen Augen richtigem Verhalten zu vermitteln als gegenüber einem für mich unverständlichen und unmoralischen Handeln (das heißt, auf das Warum letztlich keine Antwort geben zu können). Schließlich geht mit dem Prinzip des Eigentums das Einschränken zwangsläufig mit dem mit dem eingeschränkt werden einher...
Die Tatsache, dass viele Musikpiraten kein schlechtes Gewissen haben, weist vielleicht auch darauf hin, dass die Schwierigkeiten der Vermittlung von Standpunkten wie deinem (und wahrscheinlich denen der Autoren, Künstler et cetera) derart gravierend und letztlich entscheidend sind (womit ich nicht den Standpunkt kritisieren will). Das hat m.E. nichts damit zu tun, dass Gleichgültigkeit gegenüber den Bestohlenen herrscht, zumal im Falle von Musikpiraterie die Beraubten alles andere als missachtet werden, hier zeigt sich zumindest die Zwiespältigkeit, schließlich wird dem Bestohlenen die Ausnutzung und die Respektlosigkeit ohne jegliche »böse Absicht« angetan, sogar eim Grunde oft im Gegenteil... Deswegen scheint mir die moralische Debatte gewissermaßen an der Wirklichkeit vorbeizugehen bzw. bei einer umfassenden Analyse der gesellschaftlichen Hintergründe und Auswirkungen ist nahezu kein Zusammenhang zu selbiger erkennbar.
das weiß ich auch sehr wohl, und bin mit meinen Wertungen, was das menschliche angeht, sehr zurückhaltend, sonst hätte ich keinen Freundeskreis mehr. (Ich gehe da sogar so (inkonsequent) weit, meinen freudnen Datenträger zu leihen, wohl wissend, das sie die lediglich kopieren, um kein Geld zum Erwerb einer eigenen Kopie ausgeben zu müssen. Ich kann nicht für andere handeln.)
Nunja, das ist vielleicht damit erklärbar, dass du vermutlich andere moralische Maßstäbe anlegst, weil die Situation zum Schein darauf begrenzt ist, eigenes im Überfluss vorhandenes Eigentum (was aber faktisch nicht stimmt, da lediglich für eingeschränkte Verwendungsrechte bezahlt wurde) abzugeben. Und diese Haltung, sofern sie gesondert betrachtet wird (was sie aber eigentlich nicht kann), kann dir nicht übel genommen werden.
Grüße,
Mathias
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