Moin,
Die armen Kinder sollen doch jetzt auch schon in der Grundschule Englisch lernen - wie erklärst Du denen denn dann, dass man "clean" und "spleen" gleich ausspricht, obwohl es sich ganz anders schreibt?
Das hat mit meiner Behauptung, dass Kinder die Leidtragenden der Rücknahme wären, nichts zu tun.
Meine Tochter hat seit der 3. Klasse Englisch. Sie hat sowohl die unterschiedliche Handhabung zwischen den Sprachen als auch die Friktionen im Regelwerk klaglos hingenommen. Letzteres kennt sie ja auch aus dem Deutschen (dass dir, wir, Bibel, Liter oder ein paar andere Wörte nur mit "i" geschrieben werden,, leuchtet ja auch niemandem ein. Das muss man - wie unregelmäßige Verben - einfach auswendig lernen)
Und wenn die armen armen Kinder das dann sowieso lernen müssen - warum sollten sie es im Englischen schaffen, aber im Deutschen zu blöd sein, mal "Delphin" zu schreiben oder "Portemonnaie"?
Weil man grob sagen kann: Im Deutschen wird geschrieben wie gesprochen. Fremdwörter werden nach und nach von der jeweils aufnehmenden Sprache aufgesogen und deren Sprech- oder Schreibgewohnheiten unterworfen. Das ist ein stinknormaler Vorgang, der ständig passiert. Das erscheint nur den wenigen Menschen, die jeweils zum Augenblick des Fortschritts die Sprache sprechen, merkwürdig und ungewohnt. Ich bin hinsichtlich der Akzeptanz ganz zuversichtlich. Wir haben es ja auch verkraftet, dass aus nasus Nase wurde, ohne in die Sprachlosigkeit abzugleiten.
Es ist doch lächerlich, mit dem Argument "Jetzt haben wir schon sooo lange Scheisse gebaut, jetzt müssen wir das auch durchziehen" für das Weitermachen zu argumentieren.
Nein, nein nein :-) Ich argumentiere gegen das lächerliche Argument "Ich will zurück zu alten Regelung". Schau mal in Süddeutsche vom Samstag/Sonntag und lass Dir als Liberaler die Argumentation des SZ-Chefredakteurs auf der Zunge zergehen. Der sagt u.a. "Die Reformkommission hat die ... Reform durch ... Wahlmöglichkeiten ... verkompliziert". Merkst Du, wolang der Hase läuft? Der Mann sagt seinen Lesern: Ihr seid doch zu blöd, Kommas nach eigenem Gefühl zu setzen oder Wörter nach eigenem Gefühl zusammen oder getrennt zu schreiben. Der Mann ist ein Beamter³, der nach festen Regeln schreit, weil jede Art der Freiheit ihm die Luft zu atmen nimmt? Der ist ja noch ärmer dran als der Aust, der jahrelang freiwillig einer für ihn nicht verbindlichen Regelung folgte und jetzt den totalitären Staat anprangert? Haben ihn Schröder und Kohl oder die KMK etwa gezwungen? Der Arme. Voll fiese. Hoffentlich wandert der nicht aus, solche Köpfe brauchen wir in Deutschland mehr denn je.
Das Schlamassel, in dem wir jetzt stecken, geht auf die Kappe derjenigen, die ihre Reform 1998 durchdrücken wollten
Bitte beschäftige Dich noch einmal mit der Entstehungsgeschichte der Reform. Ein "durchdrücken" kann ich angesicht der langjährigen Entstehungsgeschichte nicht erkennen. Hier ein Link: http://www.rechtschreibreform.de/php/einzelner_Datensatz.php?BeitragNr=953
Viele Grüße
Swen Wacker