Mathias Bigge: HEISE bei Wikipedia gesperrt.

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Hi Chräcker,

ich denke, Du verstehst, dass mich Dein Posting als Mitbetreiber dieses Forums besonders interessiert und dass ich es dazu nutze, einige Überlegungen auszusprechen, die sich nicht unbedingt auf die Auseinandersetzung von Herrn Gravenreuth mit Heise/Wikipedia beziehen.

ich verstehe Wikipedia in erster Linie als Mitmachprojekt zur Erschaffung eines freien Lexikons, und nicht als Forum zum ausstausch von Meinungen welcher Art auch immer. Zur Verwirklichung dieser Mitmachidee mag ein Forum angeschlossen sein, aber die Texteingabe für die Artikel sollte nicht dazu dienen, das sich verstärkt Gruppen bilden, die sich gegenseitig anschreiben und niderschreiben wollen.

Auch für uns als Betreiber dieses Forums sind solche Probleme wohlbekannt. Man entwickelt eine komplexe Infrastruktur mit viel ehrenamtlichem Aufwand an Zeit und Geld mit dem Ziel, die Kommunikation im Netz zu fördern, um dann festzustellen, dass einzelne schwierige Personen sie dazu ausnutzen, ihre Probleme auszuleben. Dann erweist es sich als gar nicht so leicht, damit fertig zu werden, weil solche Menschen sich natürlich nicht im geringsten dafür interessieren, was die Mehrheit der Macher und Nutzer will, sondern nur mit ihrem Glöckchen klingeln wollen.

Ganz besonders nervig sind dabei Menschen, die sich in der Rolle des Störers und Außenseiters aus psychischen Gründen auch noch gefallen und wohlfühlen, weil da mit rationalen Argumenten nichts mher zu machen ist. Sie haben ja gar nicht das Ziel, von der Gemeinschaft akzeptiert zu werden oder das Projekt zu fördern, sondern erreichen ihre eigentümliche Absicht gerade durch gezielte Regelverstöße, aggressives, unsachliches Verhalten und Dauerstreitigkeiten mit den Betreibern.

Häufig kommt das Problem hinzu, dass solche Störer über eine ungeheure Energie verfügen und bereit und in der Lage sind, sehr viel Zeit in ihre Attacken zu investieren, teilweise zahllose Nervpostings absetzen, die keinerlei sachliche Inhalte mehr transportieren, sondern häufig sogar immer gleichen Inhalts sind.

Zudem finden sie häufig naive Unterstützer, die in Kontrollmaßnahmen einen Angriff auf das Prinzip der Freiheit sehen. Dabei wird häufig übersehen, dass es durchaus üblich und nötig ist, der Freiheit einzelner Grenzen zu setzen, um die Entwicklung einer Gemeinschaft zu fördern und zu sichern.

Im realen Leben erscheint eine solche Grenzziehung als unmittelbar einsichtig. Stell Dir vor, es käme jemand in meinen Schachclub ohne wirkliches Interesse an Schach, legte sich aber regelmäßig mit den Mitgliedern des Vereins an. Hier würde unmittelbar die Forderung laut, diese Nervensäge zu entfernen. Im virtuellen Leben scheint die Toleranz für solche Menschen aber bei einigen unbegrenzt zu sein - solange sie nicht selber von den Attacken betroffen sind, diese sich "nur" gegen andere oder die Betreiber richten.

Es gibt zahlreiche gute Webprojekte, die aufgrund solchen Dauerärgers eingestellt wurden.

Da Wikipedia wie Foren allgemein ein Tummelfeld von "Klugscheisser" (wie meine Wenigkeit) ist, verführt so ein Intsrument natürlich gerade dazu. Deswegen kann ich an einem Regulativ nichts bemerkenswertes negatives finden sondern halte das für sehr nötig.

Sehr richtig. Die Ausgrenzung von Menschen, die den Betrieb einer Community gezielt stören und die öffentlichen Bereiche dazu nutzen, ihre persönlichen Sondereigenheiten und Meinungen auszuleben wird oft zu stark verzögert, häufig wird erst reagiert, wenn die Atmosphäre nachhaltig gestört ist. Es ist aus meiner Sicht nicht nur das Recht der Betreiber, sondern geradezu ihre Pflicht, wenn sie ihr Projekt Ernst nehmen, Grenzen zu bestimmen und durchzusetzen.

Der Sinn eines Lexikons kann es nicht sein, zum Forum für private Rechtsstreitigkeiten zu werden. Zu den Postings des Ausgangsposters hier im SELFraum sei bemerkt, dass sie in der Richtung häufig feindselig gegen freie Projekte im Netz sind, mir also wenig gefallen, andererseits aber durchaus auch interessante Informationen enthalten, sich also durchaus im Rahmen der Meinungsfreiheit bewegen und mir hier deshalb auch als akzeptabel erscheinen.

Die Auseinandersetzung von Herrn von Gravenreuth mit Heise und jetzt Wikipedia erscheint mir sinnfrei konfrontativ und in der Form teilweise etwas kindisch, etwa durch die Masse der Postings oder alberne Nicks und dergleichen mehr, ich bin aber nicht in der Lage, sie letztgültig zu bewerten, da ich das Heise-Forum selten besuche.

Da sich die Auseinandersetzung anscheinend inzwischen auf juristischer Ebene bewegt, kann ich nur begrenzt Stellung beziehen, da ich hier nur über geringe Kenntnisse verfüge. Aus menschlicher Sicht finde ich schwer nachvollziehbar, dass man sich dauerhaft in einem Raum aufhalten möchte, dessen Besitzer die Anwesenheit ausdrücklich nicht wünscht. Aber da unterscheiden sich offensichtlich psychische Grundhaltungen auf elementare Weise.

Vielleicht ist meine Haltung zu dieser Auseinandersetzung auch nur Ausdruck verfehlten neokonfuzianischen Harmoniestrebens, eine Art lebensweltlichen Feng Shuis, mit dem archaischem Prinzip, böse Geister beim Eindringen in mein Haus vor eine Wand laufen zu lassen.

Geheimnisvolle Weisheit des Ostens.... *g*

Viele Grüße
Mathias Bigge