Hi Daniel,
Die Angst vor radikalen Islamisten ist jedenfalls berechtigt. Bin mir nicht sicher ob die sich an einem Dialog beteiligen würden. Ein Versuch ist es wert, wie ich finde.
Ich glaube nicht eine Sekunde, dass man mit dem organisierten radikalen Islam "offen diskutieren" kann, auf so etwas aus ihrer Sicht völlig Schwachsinniges würden sie sich höchstens unter Druck oder aus taktischen Gründen einlassen. Wichtig finde ich aber, Gesprächs- und Hilfeangebote für Jugendlich an der Grenzlinie oder Ausstiegswillige zu machen.
das es auch radikale christen gibt ist dir bewusst? diese würden sich sicherlich auch nicht an einem solchen dialog beteiligen.
Richtig.
eine gruppe nicht auf einen teil beschrenken, weder den positiven noch negativen, sondern das ganze sehen, heilige und schwarze schafe gibt es überall.
Ich frage mich, was diese "ganzheitliche" Betrachtung bewirken soll und was Du damit erreichen willst. Es gibt derzeit weltweit eine relevante Strömung im Islam, die auf eine gewaltsame Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und vor allem den Reformern im eigenen Lagern drängt. Diese Strömungen wollen die Geschichte aus einer anderen Perspektive betrachten als der "westlichen", deren Zielen Macht und Geld sie das Medium des wahren Glaubens entgegensetzt.
Aus diesen Perspektiven ist eine Kommunikation kaum möglich, da jede Äußerung der anderen Seite als krankhaft oder verlogen erscheint. Die religiös motivierte Kleidung der Mullahs im Iran erscheint den meisten Westlern als dadurch motiviert, dass die großen Hosentaschen reichlich Raum für Bestechungsgelder bieten. Die amerikanisch-britische Initiative für Freiheit und Demokratie erscheint aus der Perspektive vieler Muslime als satanischer Kampf gegen den wahren Glauben. Wenn man die Dinge einfach so laufen lässt, könnte man sich dann zum Armageddon treffen, und man ist durchaus dabei, das zu tun. Aus der machtpolitischen Perspektive ist klar, was dabei herauskommen wird: Da die wirtschaftlich-wissenschaftliche Kraft der Mullahs sich ausschließlich auf den Rohstoffbereich begrenzt, haben sie den militärischen Kräften des Westens nur den Terror als Krieg der armen Leute entgegenzusetzen.
Strategien, die dieses Szenario durchbrechen, könnten aus verschiedenen Quellen entstehen, etwa aus dem Respekt vor einem modernen, aufgeklärten Islam, aus der Selbstkriitk der westlichen Allmacht gegenüber der Dritten Welt, aus Dialogen zwischen den Dialogwilligen.
Zur Zeit ist es allerdings schwer, der Entscheidung für die eine oder andere Seite zu entgehen, ohne zwei mächtige Feinde zu gewinnen. Auf beiden Seiten gibt es zudem mächtige zerstörerische Potentiale. Tatsächlich können Bush&Cie. kaum als glaubwürdige Vertreter von Freiheit und Demokratie auftreten, nicht einmal im eigenen Lager, allein schon aufgrund der Verlogenheit ihrer Kriegsbegründungen. Gleichzeitig zeigt sich hinter dem sozialen und religiösen Engagement der Islamisten nur allzu deutlich die Fratze von Zerstörung, Gewalt und Hass.
Politische Seitenbemerkung: Es ist ein Glücksfall, dass Angela Merkel die Gelegenheit fehlte, aus "Bündnistreue" und Opportunismus mit den Amerikanern unter den gegebenen Bedingungen in den Krieg zu ziehen. Sonst könnten wir die aktuellen Probleme aus einer wesentlich ungemütlicheren Position diskutieren.
Viele Grüße
Mathias Bigge