Hallo.
Es gibt eine besondere Fähigkeit des schulischen Systems, nämlich die, vergangene Schwächen zu vergessen. Nur in besonderen Fällen recherchiert man in vergangenen Schuljahren, eine solche Recherche ist nicht vorgesehen und deshalb aufwändig.
Den Satz "Ach ja, das könnt ihr ja gar nicht wissen, Herr $lehrer war ja so lange krank." und die Tendenz solche Lücken zu tolerieren statt sie nachträglich zu füllen, führen ja meist sogar dazu, dass sich Wissenslücken nicht einmal auf die Noten auswirken, eine Nivellierung also bereits vorher stattfindet.
Nun könnte man das kritisieren, ich halte es in der Tendenz dennoch für richtig, weil man
a) der Tatsache Rechnung trägt, dass Jugendliche sich sehr stark ändern;
b) eine Akkumulation von Problemen und Leistungsschwächen demotivieren würde, jetzt hat man immer wieder eine neue Chance, wenn man ein Schuljahr irgendwie bewältigt hat.
Ja, vielfach muss sogar erst die Schule gewechselt werden, um Entwicklungen sichtbar zu machen, denn oftmals werden Entwicklungen schlicht ignoriert und Abweichungen von der vorhergehenden Note gibt es häufig nur in sehr begrenztem Maße.
An der Uni ist es ähnlich, auch da werden Noten einzelner Leistungsnachweise normalerweise nicht akkumuliert, im Examen kann man dementsprechend durch eine gute Form und Vorbereitung dementsprechend Boden gut machen.
Je nach Form der Abschlussprüfung kann dies gerechtfertigt sein oder eben nicht. Vermutlich daher wird es ja wohl auch unterschiedlich gehandhabt.
Aufgrund der Arbeitsmarktlage gibt es aber einen negativen Trend in Eignungstests und anderen Auswahlverfahren bis hin in die Unternehmensleitung. Während man früher stärker nach Potentialen gesucht hat, wird heute eher nach Flecken auf der Weste gesucht, die als Ausschlussgründe dienen können. Ich halte dies in verschiedener Hinsicht für problematisch, frage mich vor allem, ob man mit dieser Haltung zu einer Auswahl geeigneter Bewerber kommt bzw. den Personalbestand positiv entwickeln kann.
Die Arbeitmarktlage und Zwangmaßnahmen respektive Androhungen solcher sorgen für einen derartigen Bewerberüberhang, dass Personalverantwortliche stark aussieben müssen. Dafür bieten sich Affälligkeiten natürlich an, da man so eine Menge Zeit spart. Nur die Auserlesenen auf ihr Potential zu prüfen, genügt ja völlig.
Früher gab es in vielen Unternehmen die Haltung, einen Mitarbeiter, für den man sich entschieden hatte, möglichst lange zu halten und zu fördern, auch durch persönliche Krisen. Dadurch entstand ein "Wir"-Gefühl in den Firmen, während man heute immer häufiger auf negative Stimmung und Druck setzt, auch wenn in Beiträgen zur "Unternehmensphilosophie" oft das Gegenteil behauptet wird.
Die Unternehmensphilosophie entsteht heute ja auch kaum mehr beim Unternehmer, sondern ist eine von der Markteting-Abteilung umzusetzende Forderung von Unternehmensberatern zur Steigerung der Attraktivität für Investoren. Diese Menschen glauben auch an Schönheit durch Kosmetik.
MfG, at