hi Mathias,
Es gibt, etwa aus dem Bereich des Personalwesens, umfangreiche Untersuchungen über die Bedeutung des ersten Eindrucks und wie schwer es ist, den zu revidieren. Dabei wurde dort auch sehr konkret untersucht, wie dieser Eindruck zustande kommt, welche Signale man wie aussendet usw.
Und daraus entstehen ja dann auch "Leitfäden", wie man sich in bestimmten Situationen (bspw. Bewerbungsgespräch) verhalten sollte, und welche unbewusst ausgesendeten Signale man zu unterdrücken versuchen sollte (verschränkte Armhaltung, die Verschlossenheit symbolisiert; an die Nase fassen - Nervosität; Abschweifen des Blickkontaktes, etc.).
Wenn man das mal bewusst probiert, merkt man auch, wie schwer es ist, dieses Verhalten wirklich zu vermeiden bzw. konsequent gegenzusteuern ...
Tatsächlich ist die Frage interessant, wie kompetent wir bei der Erstellung dieser Blitzbewertungen sind.
Das zum einen - für das hier diskutierte Thema vielleicht noch interessanter, wie sehr wir solchen eigenen Blitzbewertungen vertrauen. Da kann meinetwegen noch so oft empirisch nachgewiesen werden, dass wir und in 50 oder auch 500 Millisekunden kein verlässliches Bild von einer Webseite machen können (wobei, allzu viel nachzuweisen gibt's da eigentlich wohl gar nicht) - wenn die Besucher von Webseiten trotzdem auf Basis dieser Blitzurteile handeln, nützte es wenig, wenn wir diese als unzuverlässig oder "Hokus Pokus" bezeichnen würden - die Konsequenzen für unsere Webseite blieben ja erhalten, wenn sie auch keiner "wissenschaftlichen" oder auch nur mit wirklich "gesundem Menschenverstand" unter entsprechend größerem Zeitaufwand durchgeführten differenzierten Betrachtung der Qualität dieser Webseite standhalten würden.
Ganz klar scheint mir die Kompetenz zur Negativbewertung zu sein. Ich glaube nicht, dass ich länger als eine Sekunde brauche, um eine Spam- oder Dialerseite zu erkennen, Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.
Natürlich - du kennst ja auch inzwischen die Aufbaumuster deiner "üblichen Verdächtigen".
Sobald diese aber optisch in eine andere Richtung gehen würden, müsstest auch du als erfahrener www-Nutzer sicher wieder mehr Zeit zur Bewertung einer solchen Seite aufwenden - weil deine Blitzbewertung dieser Seite zunächst mal doch wieder ein rein optisches Abgleichen mit dir bekannten Mustern darstellen dürfte.
Auch im Videobereich wird immer wieder deutlich, wie schnell unsere Auffassungsgabe funktioniert. Ein Frame (1/25 Sek.) zuviel beim Schnitt wird durchaus wahrgenommen. Überhaupt ist ein Videoschnittplatz das ideale Experimentierfeld für Wahrnehmungsfähigkeiten in Bruchteilen von Sekunden.
Vor Jahren schon hat man damit experimentiert, einzelbilder in Filmrollen einzuschneiden und zu prüfen, ob das unbewusst wahrgenommen wird.
Ja, ich habe auch mal gelesen, dass damit experimentiert wurde, dem Zuschauer auf diese Weise unterschwellig Werbebotschaften zu vermitteln.
(Und seit Tyler Durdens schönen Versuchen im Fight Club dürfte diese Methode ja auch einem breiteren Publikum bekannt sein ...)
Ich denke, jeder der viel surft, ist gezwungen, eine solche Kompetenz zu entwickeln, weil es derart viel Mist und Fallen im Netz gibt.
Die Frage bleibt nur bestehen, wie verlässlich diese erworbene "Kompetenz" ist - und ob wir nicht mit zunehmend steigenden erlernten Erwartungen daran, wie eine Webseite aussehen _sollte_, nicht manchmal auch kleine "Perlen" unbeachtet links liegen lassen ...
(Aber selbst wenn, was soll's - das web ist doch sowieso a) zu groß und b) zu schnelllebig, um es sich komplett anzuschauen - und gerade unsere selektive Filterung macht es doch für jeden einzelnen zu einem individuellen Erlebnis.)
gruß,
wahsaga
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