Hallo,
solide recherchierte und zum Großteil wahre wissenschaftliche Grundlagen,
Woran erkenne ich, welche davon wahr sind und welche nicht?
zum Zeitpunkt des Lesens überhaupt nicht, da interessiert es mich auch noch nicht so brennend, weil ich geistig in die Handlung des Romans eintauche, an ihr teilhabe.
Aber wenn hinterher in Kritiken die sachlich-fachlich-korrekte Darstellung gelobt wird, wenn berichtet wird, dass z.B. der Meeresbiologe und Ozeanograph Gerhard Bohrmann vom Dingsbums-Institut in Kiel wirklich existiert, und dass er Schätzing gerade mit den fachlichen Details fleißig beraten hat, dann bin ich schon geneigt, einen Großteil der vermeintlichen Tatsachen auch wirklich zu glauben. Dass ein wenig dichterische Freiheit mit drinsteckt, ist klar. Dass ich die Grenze zwischen Tatsache und Fiktion nicht genau erkennen kann, stört mich dabei nicht.
Beeindruckend fand ich auch einen Bericht, der vor kurzem im Fernsehen kam, wo ein deutsches Ehepaar bei einem Urlaub irgendwo in Südostasien eine Tsunami-Welle erlebt und überlebt hat, nur weil die neiden die Vorboten der Flutwelle aufgrund der Lektüre von Schätzings "Schwarm" erkannt und richtig gedeutet haben.
Wenn ich in einer derartigen Ausführlichkeit über Meeresbiologie Bescheid wissen möchte, dann besorge ich mir entweder entsprechende Fachliteratur und/oder frage Leute, die _vom_Fach_ sind.
Klar - aber ich liebe Bücher, die neben der eigentlichen Handlung auch viel Randinformation vermitteln, auch wenn man dieses "Wissen" kritisch betrachten muss. Ich mag zum Beispiel auch ausführliche, detaillierte Ortsbeschreibungen, vor allem, wenn es Orte sind, die ich vielleicht selbst schon bereist habe. Die sehr detaillierten Beschreibungen sind zum Beispiel ein Grund, warum ich auch Desmond Bagley gerne lese.
einfachst zu durchschauende Lesermanipulation, ...
Nun ja, psychologisch nicht gerade hochkomplex, das muss ich zugeben.
Ich lasse mich bei _guter_ Literatur gerne auch mal ein bisschen manipulieren, aber so offensichtlich wie hier – nein danke, da fühle ich mich vom Autor verar***t.
Dann stellt sich mir die Frage: Was bezeichnest du in diesem Zusammenhang als Manipulation? Für mich ist Manipulation, den Leser oder Zuschauer durch gezielt dosierte richtige, falsche oder unvollständige Informationen zu ganz bestimmten richtigen oder falschen Schlussfolgerungen zu drängen.
Wenn ich einen Roman lese, dann lese ich in erster Linie eine spannende Geschichte. Ob die Handlung Personen aus dem wirklichen Leben abbildet oder politische Zusammenhänge aufgreift, ist mir dabei zunächst egal. Insofern: Wieso Manipulation?
Als Meister der Manipulation, so wie ich Manipulation verstehen würde, fällt mir spontan Alistair MacLean ein, der es virtuos versteht (sorry, verstand), dem Leser immer winzige Details, die aber für das Verständnis der Zusammenhänge nötig sind, vorzuenthalten. So komme ich als mitdenkener Leser immer zu einer ganz anderen Schlussfolgerung als sein Romanheld, der "zufällig" über dieses Wissen verfügt. Und dann fragt man sich immer wieder, "Warum bin ich nicht darauf gekommen?" - Weil man nicht auf die richtige Lösung kommen _konnte_. Aber das wird einem beim Lesen nicht bewusst, sondern erst wesentlich später.
Was du als USA-bashing empfindest, richtet sich da eigentlich an _alle_ Industrienationen - auch wenn Schätzing natürlich dem Drang der USA, überall die Kontrolle zu haben, Rechnung trägt.
Wenn dem so ist, hätte Schätzing es ja auch so schreiben können.
Hat er doch. Er wettert in seinem Buch doch zum Beispiel genauso gegen die skandinavischen und deutschen Ölkonzerne wie gegen Whale Watching. Die amerikanische Großkotzigkeit und Geltungssucht ist nur _ein_ Aspekt, den er verarbeitet.
Und die ...
teilweise gähnend langweilige Beschreibungen über Seiten hinweg ...
habe ich als meist hochinteressante Ausflüge in die Naturwissenschaften empfunden
Auch die ellenlange Beschreibung der ach so tollen „Independence“ ...
Ja. Auch wenn ich mich gelegentlich gefragt habe, ob es nicht die Enterprise wäre. ;-)
und die detaillierte Darstellung der Hilfsmittel (ich will mal keine Namen nennen), mit denen die Präsentationen zusammengefrickelt und an die Wand gebeamt wurden und und und …
Das ist mir wahrscheinlich wegen der Banalität nicht einmal aufgefallen.
(okay, ab und zu habe ich auch mal ein paar Absätze nur schnell überflogen).
Weil die Beschreibungen z.T. langatmig und langweilig sind.
Ja, etwa über die Privatangelegenheiten der beteiligten Figuren. Die technischen Aspekte fand ich dagegen -im Rahmen einer erfundenen Story- gut aufbereitet und dargestellt.
Auf eine Stufe mit Dan Brown gehört Schätzing jedenfalls nicht, allein sprachlich schon nicht. Ist dir mal aufgefallen, dass Scheinwerfer grundsätzlich immer nur „aufflammen“ – nur so als Beispiel.
Nö, ist mir nicht aufgefallen. Auf sprachliche Eigenheiten oder Unvollkommenheiten achte ich beim Lesen nicht so sehr; ich konzentriere mich mehr auf den Inhalt.
Wobei ich von Dan Brown auch etwas enttäuscht war. Illuminati fand ich superspannend (obwohl ich bis heute nicht weiß, warum man eine Funkkamera nicht orten kann, wenn man ihr Signal einwandfrei auswerten kann), der Da Vinci Code war eigentlich nur Illumainati in grün.
Stimmt, hab ich auch so empfunden. Ganz anders nachher "Deception Point" und "Digital Fortress", weiß im Moment nicht, wie die deutschen Titel lauten. Wobei ich gerade bei Digital Fortress, einem Roman speziell über Kryptographie, Programmierung und Datenverarbeitung, auch Dan Brown rügen muss, der hier teils hanebüchene Theorien verzapft.
Sorry, aber Schätzing kann da bei weitem nicht mithalten.
Wenn du meinst ... ich sehe das anders. Ich würde zustimmen, wenn du jetzt einen Fließbandautor wie etwa Colin Forbes runtermachen würdest - ein Autor, der es ebenfalls versteht, spannende Stories aufzubauen, aber kennt man eine, dann kennt man sie alle, mit kleinen Variationen.
„führe möglichst viele Neben- und Hauptpersonen in die Handlung ein um sie dann möglichst publikumswirksam oder auch in Nebensätzen sterben zu lassen“? _Das_ hat mich nämlich auch genervt.
ACK, mich auch.
Wie viele Stunden meines Lebens habe ich mit diesem Schmarrn vergeudet! Ich hätte es wirklich eher drangeben sollen, aber so bin ich eigentlich nicht. Somit wurde „Der Schwarm“ das erste Buch, das ich nicht bis zum Ende gelesen habe.
Für mich hat sich das Dranbleiben gelohnt; ich werde dieser Tage auch das nächste Buch von ihm in Angriff nehmen.
Schönen Sonntag noch!
Danke, wünsche ich dir auch,
Martin
Wer im Glashaus sitzt, sollte sich nur im Dunkeln ausziehen.