Ciao!
Gibt es sowas wirklich in der Welt da draußen?
Teilweise. Nicht so häufig, wie es der Prof erzählt, bei dem Du es lernst, aber auch nicht so selten, wie es der Prof erzählt, bei dem Du die konkrete Programmierung lernst. ;-)
Es hängt auch immer sehr stark vom jeweiligen Unternehmen/Gruppierung, der Abteilung und den einzelnen Mitarbeitern ab. Manche Teams planen länger als sie programmieren, andere tippen gleich drauf los. Bei beiden kann sowohl was Gutes als auch Murks rauskommen.
In der Uni muss ich dieses Jahr die Vorlesung Wirtschaftsinformatik besuchen. Dort existieren nur "Ereignisgesteuerte Prozessketten", "Datenflussdiagramme", "Struktogramme" und "Entity-Relationship-Modelle" (nicht die Theorie dahinter, sondern Kreise und Vierecke mit Pfeilen dazwischen. Programmieren mit Stift und Papier...
Eine Lösung zu einer Aufgabe mit "Pseudocode" sieht zum Beispiel so aus:
switch(Bestimme den Tankstellenausdruck)
{
case Auto für EU:
Verwende Aufdruck 1; break;
case Auto für USA:
Verwende Aufdruck 2; break;
case Auto für Asien:
Verwende Aufdruck 3; break;
default: Verende Aufdruck X;
}Das ist doch bitte alles nur ein Albtraum? Arrghs!
Hmm, kommt drauf an. Pseudocode finde ich sehr angenehm - das heißt letzten Endes nur, daß Dir der Prof keine konkrete Programmiersprache vorschreibt, sondern Du Dir Syntax und Funktionsnamen selbst aussuchen (sogar aus verschiedenen Sprachen mischen) kannst - solange immer klar bleibt, was gemeint ist. Im obigen Beispiel würde Dir z.B. ein C-Compiler ein großgeschriebenes "Default" sofort vor die Füße werfen; in Pseudocode ist das okay. Du vergeudest also keine Zeit mit dem Googeln nach konkreten Schlüsselwörtern oder Funktionsnamen.
Dagegen finde ich Struktogramme reichlich nervig. Sie sind kaum übersichtlicher als Pseudocode, aber viel schwieriger zu erstellen. Insbesondere bekommt man bei verschachtelten Strukturen sehr schnell Platzprobleme in den immer kleiner werdenden Kästen.
Bei den ganzen Diagrammtypen gibt es auch nützliche und weniger nützliche. Die EPKs (die ich erst jetzt während der Diplomarbeit kennengelernt habe) gefallen mir sehr gut: Sie bringen die Informationen genau und übersichtlich rüber, und es gibt Darstellungsmöglichkeiten für alle Strukturen (Verzweigungen, Schleifen, ...). Auch Klassendiagramme sind bei größeren objektorientierten Projekten gar nicht so falsch.
Dagegen habe ich bei einigen anderen Typen noch gar nicht herausgefunden, wozu sie gut sein sollen. V.a. in Sequenzdiagrammen und Use Case sehe ich kaum einen Sinn - die damit darstellbaren Infos werden mit Pseudocode und Klassendiagrammen IMHO viel übersichtlicher.
Das alles ist jetzt natürlich nur meine persönliche Meinung. Wahrscheinlich favorisiert jeder andere Diagrammtypen, und wer an großen Projekten mitarbeiten will, sollte die gängigen zumindest lesen können. Aber wenn es um das Verstehen vorhandener Programme geht, ist mir auch oft ein (ordentlich kommentierter) Quelltext mit Syntax-Highlighting lieber. ;-)
Viele Grüße vom Længlich