david: HTML 5

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<br>, dieses HTML 3.2 reloaded wird mir immer unsympatischer...

Hmm, darf man die näheren Hintergründe deiner Antipathie erfahren?

Naja, ich versuch mal trotzdem ein paar Gründe zu liefern...

Schon alleine das hier gebene Beispiel mit der kaputten Tabellen-Struktur. Was soll das? Klingt für mich wie: schreib was du willst, der Browser wird dann deine Gedanken lesen und es schon "richtig" darstellen...

Das wage ich mal als Unsinn zu bezeichnen.  HTML 5 befindet sich in einem vollständig offenen Entwicklungsprozess.  Die aktuellste Entwurfsfassung lässt sich an verschiedenen Orten abrufen – hättest du von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, würdest du definitiv nicht behaupten, HTML 5 erlaube einem, jeden Mist zu schreiben, den der Browser nacher telepathisch interpretieren muss.  Mit ein wenig Wille zur Recherche lassen sich in den Mailing-Listen von WHATWG und W3C HTML WG auch die meisten Entscheidungsprozesse finden.

Zu diesem speziellen Falle:  Die Entscheidung, <a href> zu einem transparenten Element zu machen, ist nach langem Hin und Her erst vor kurzem von Ian Hickson getroffen worden und eventuell auch noch nicht die finale Lösung.  Fakt ist, dass die Praxis zeigt, dass Entwickler eine Möglichkeit brauchen, Textblöcke oder ganze Tabellenzeilen zu verlinken.  JavaScript ist zwar in vielen Fällen eine Möglichkeit – und sogar die von Ian Hickson favorisierte –; die überwiegende Mehrheit in WHATWG und W3C HTML WG hat dennoch den Wunsch geäußert, echte Links setzen zu können.  Da ein globales @href von den Browserherstellern recht einstimmig als schwer implementierbar abgelehnt wurde – und was bringt eine Technik, die man mangels Implementierungen nicht benutzen kann? –, hat Ian Hickson sich erstmal für das transparente <a href> entschieden.  Aber wie gesagt:  Ob das die finale Lösung ist, wird sich noch zeigen.

oder das eigene Element für Videos, ähm, Object reicht wohl nicht? was kommt demnächst - eigenes Element für PDF, Flash, Java[1] und Word? Ich würd da eher drüber dikutieren ob man wirklich ein eigenes Elemnt für Bilder braucht (Object hätte da einige Vorteile für Browser die keine Bilder können)

Ja, ein <object>-artiges Element für Bilder wäre wegen der besseren Möglichkeiten für Alternativinhalte durchaus interessant.  Ein Problem:  Es wird vom IE nicht unterstützt und ist damit nicht in der Praxis nutzbar.  Ob es noch andere Komplikationen gibt, weiß ich gerade nicht zu sagen.  Andererseits sollten Bilder sowieso nicht so extrem viele Informationen beinhalten, dass sie sich nicht in @alt zusammenfassen lassen.  Notfalls tut man eben ein <a> ums <img>, das die Informationen als Text aufbereitet.  Das kann auch sinnvoll sein, wenn der User Agent das Bild anzeigt.

<video> und <audio> halte ich für die sinnvollsten Entwicklungen in HTML 5 überhaupt, da sie dank OGG wohl erstmals eine simple und transparente Möglichkeit bieten werden, Video- und Audiodateien in Webseiten einzubinden.  Ich denke durchaus, dass Video und Audio generisch genug sind; Vergleiche zu PDF oder Word halte ich für völlig überzogen und ordne ich mal in die Kategorie Kintergartenpolemik ein.  Wie sieht denn die Einbindung von Video- und Audiodateien in Webseiten heute aus?  Proprietäre Techniken mit Windows Media, Real oder bestenfalls noch Flash, die für Nichtexperten kaum zu durchschauen sind.  Die Initiative der WHATWG zeigt schon Wirkung:  Firefox 3.1 wird wohl bereits mit eingebautem Support für <video> und <audio> kommen; Safari und Opera dürften schnell nachziehen, da die Hersteller auch in der WHATWG vertreten sind.  Für den IE werden brauchbare Plugins hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen.

HTML5 erweckt bei mir den Eindruck das mans allen um jeden Preis recht machen will und dabei alle Vorteile einer sauber strukturierten Sprache opfert.

Auch völliger Quatsch, verzeihe.  HTML 5 ist eine sehr elegante und saubere Sprache, bei der es nicht darum geht, es jedem Recht zu machen.  Ganz im Gegenteil!  Bei jedem einzelnen Feature wird überprüft, ob es in der Praxis relevant und ohne Komplikationen zu implementieren ist.  Hierbei wird die Rückwärtskompatibilität stets im Auge behalten.  Auch wird darauf geachtet, die Regeln nicht so kompliziert zu machen, dass sich 90% der Entwickler oder mehr sowieso nicht darum bemühen, sie einzuhalten.  Mit Anarchie hat das aber ganz und gar nichts zu tun.

Und ja... das ist persönlicher Eindruck... nur für den Fall, dass Nachfragen kommen.

Klar, kein Problem.  Bevor ich mir HTML 5 genauer ansah und mich später zur aktiven Mitarbeit entschloss, entsprach mein Eindruck weitgehend dem deinem heute.  Daher lade ich dich herzlich ein, mal ein paar Abschnitte der Spezifikation probezulesen.  Ich bin mir sicher, dass du von dem pragmatischen, praxisnahen und mit vielen Beispielen ausgestatteten Dokumentationsstil, den wir wohl in erster Linie Ian Hickson zu verdanken haben, begeistert sein wirst.  Schau dir zum Vergleich gern auch mal die HTML 4.01-Spezifikation an – da findest du nur minimale Praxisbeispiele, die praxisrelevante Fragen in aller Regel nicht beantworten.

Nochmal:  Glaub mir, als ich das erste mal von HTML 5 hörte, fragte ich mich als damaliger XHTML-Fanboy auch, was da für eine gequilte Kacke auf uns zukommt.  Nachdem ich mich ein wenig mit dem Thema auseinandergesetzt hatte, musste ich irgendwann verschämt zugeben, dass HTML 5 einfach nur überzeugt.  Ich würde mich freuen, wenn du meinem Beispiel folgen und dich auch etwas weniger oberflächlich mit dem Thema auseinandersetzen könntest.  Dann kannst du ja immer noch zu dem Schluss kommen, dass du HTML 5 für Mist hälst.

Lieben Gruß

-david