molily: XHTML 2 ist jetzt auch offiziell klinisch tot.

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wir haben ein hier eine Systematik (ob nun erwünscht und wirklich gut sei dahingestellt), die das Web weit vorangebracht hat. Dagegen hat uns W3Cs XHTML-Zukunft *praktisch* nirgendwohin gebracht.

Des W3Cs XHTML-Zukunft hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt sind: zu (X)HTML 5. Das XML-Ökosystem, das für XHTML 2 geplant war, und das HTML-5-System sind nicht disparat. Web Forms war eine Antwort auf XForms und HTML 5 »The Markup Language« hat viele Einflüsse von XHTML 2 aufgenommen. Wenn man von HTML 5 die Scripting-APIs, das Tag-Soup-Parsing und die »HTML-5«-Serialisierung wegnimmt, ist es HTML 4 mit neuen Elementen und Attributen, deren Funktionalität das XML-Ökosystem im Groben ebenfalls abdecken bzw. bewusst aus Gründen auslagern wollte. HTML 5 ist da nichts komplett anderes, sondern übernimmt Ideen und Techniken auf die eine oder andere Weise. Darauf hatte Tim schon im Eingangsposting hingewiesen. Neuere Diskussionen, selbst XML-Sprachen wie SVG in das Tag-Soup-Universum zu integrieren, zeigen doch, dass man sich freudig aus dem Fundus des W3C-XML-Frameworks bedient, aber dabei Techniken umdeutet oder neu erfindet, wie es einem gerade passt. Was dann herauskommt, entspricht nicht unbedingt den Zielen, welche das W3C mit seinen Techniken verfolgt. Man denke nur an Canvas, das jetzt schon für gänzlich unzugängliche UIs verwendet wird, die selbst mit Flash oder SVG weitaus zugänglicher wären. Oder an <video> und <audio>, welche weit hinter den (auch Zugänglichkeits-)Fähigkeiten von SMIL zurückbleiben. Es hat eben alles seine zwei Seiten.

Was nützen mir beste Theorien (worüber sich zudem trefflich streiten läßt), wenn sie nie Praxis werden ...

Spezifikationen werden Praxis, wenn sie jemand implementiert. HTML-5-Unterstützung fällt auch nicht vom Himmel. Man muss nur wollen. Bei XHTML 2 wollte niemand, bei HTML 5 muss niemand mehr wollen, weil die Techniken ohnehin aus der Feder der Browser-Coder stammen und zuerst da waren.

Mathias