Hallo zusammen,
Ich möchte einen Schritt zurücktreten und fragen: Was ist ein erfolgreiches Projekt zur Dokumentation von Webtechniken?
Ich finde:
- Es ist thematisch aktuell und greift das auf, worüber geredet wird bzw. was nachgefragt wird.
- Es finden regelmäßig Veröffentlichungen statt.
- Es gibt Impulse. Es ist bekannt unter Webautoren und hat eine große Leserschaft. Texte werden häufig verlinkt, in Blogs und Foren kontrovers diskutiert.
- Es ist hoch angesehen. Es lockt andere fähige und kritische Leute an. Autoren reißen sich darum, dort mitmachen und publizieren zu dürfen.
- Es nutzt die Möglichkeiten, um Leute zu gewinnen und an sich zu binden, um mit Leuten ins Gespräch zu kommen.
- Die Texte kommen gut an, es gibt gutes Feedback und sie wachsen und entwickeln sich weiter.
Was bietet ein dermaßen erfolgreiches Projekt?
Freude und Genugtuung für die, die daran arbeiten. Etwas auf die Beine gestellt zu haben, was irgendwann von selbst läuft. Das einem die Arbeit, die man hineinsteckt, belohnt mit Aufmerksamkeit, Interesse und Lob. Dass man Arbeit investieren kann, wozu man gerade Lust hat. Darüber zu schreiben, was man spannend findet und was Leuten gerade weiterhelfen könnte.
Selfhtml war einmal ein solcherart erfolgreiches Projekt - zumindest zum Teil. Der letzte Versuch, sich ins Gespräch zu bringen, waren gute Fachartikel und Blog-Postings. Das war 2006/2007. Guess what, Selfhtml bietet heute ganz offensichtlich keine Infrastruktur, um ein erfolgreiches Projekt im obigen Sinne zu werden. Damit meine ich nicht die technische.
Was funktioniert hat:
Bestehende Texte Schritt für Schritt erweitern und verbessern. Selfhtml 8.1 bis 8.1.2 waren große Erfolge. Gute Fachartikel publizieren. Stellung nehmen zu aktuellen Entwicklungen im Webdesign. Diskussionen anstoßen. Best Practises aufschreiben und weitersagen.
Was nicht funktioniert hat:
Selfhtml will eine monolithische, geschlossene Dokumentation sein. Das fänden wir alle toll, aber es gibt zu viele verschiedene Hürden. Derer sind sich alle bewusst, wie dieser Thread zeigt, deshalb wiederhole ich sie nicht. Das Vorhaben, ein neues Selfhtml 9 hinzustellen, ist nun über 8 Jahre hinweg gescheitert (meiner Erinnerung nach).
Fazit daraus:
Die Ansprüche nicht zu hoch stellen, sonst bekommt man nichts gebacken und hat keine Erfolgserlebnisse. Um es mal kapitalistisch auszudrücken: Wenn ein Projekt keinen Mehrwert an Motivation für die Betreiber abwirft, der wieder reinvestiert werden könnte: Dann macht es dicht. Einfach nur den Betrieb einer Plattform aufrecht erhalten, frustriert alle Beteiligten. Dann wird das Projekt zurecht als »tot« angesehen.
Mein ungefragter Ratschlag ist daher:
Gebt die Idee des geschlossenen Werkes auf. Stellt ein Portal hin, auf der regelmäßige Artikelreihen erscheinen. Zum Beispiel alle 3-4 Wochen jeweils Artikel aus einem Bereich. Das sind kleine, machbare Schritte mit großer Wirkung. Nach einem Jahr ist dann ein HTML-Einsteigertutorial fertig. Parallel läuft eine Tutorial-Reihe zu CSS. Schreibt kleine, profunde Texte und bringt sie schnell zur Veröffentlichung. Nach Abschluss einer Reihe oder auch zwischendrin kann man die Teile hinsichtlich Konsistenz und Kohärenz überarbeiten. -- Ob das nun in SDML, Wiki oder mit sonstwelchen Tools und Formaten erfolgt, ist nicht der entscheidende Punkt. -- Gleichzeitig können auf diesem Portal Newsbeiträge, Fachartikel und Meinungen erscheinen, was bisher im Blog und unter den Feature-Artikeln veröffentlicht wurde.
Ein solches Portal wäre lebendig. Und weil ich gemein bin, sage ich auch noch, wer ein ähnliches Konzept bereits verfolgt: Dieses ominöse »Webkompetenz«. Dessen Betreiber hat vermutlich nicht mehr Ideen, Motivation, Fachwissen und Zeit als das hiesige Dev-/Redaktionsteam. Er setzt sich einfach hin und schreibt ab und zu kleine Häppchen. Mal eine Tutorial-Reihe über Ajax hier, mal eine Stellungnahme zur Netzpolitik dort. Und bindet Leute über Blogkommentare, Forum und Twitter ein.
So einfach ist es? Ja. Naja. Zumindest tausendmal besser als der Status Quo bei Selfhtml.
Was Selfhtml also meiner Meinung nach braucht (siehe Topic), ist eine Strategie, wie Selfhtml nach außen (für die Leser attraktiv) und innen (für die Betreiber zufriedenstellend) erfolgreich sein kann. Ein Konzept, wie gute Inhalte zeitnah zur Veröffentlichung gebracht werden. Wie man sich wieder ins Gespräch bringt, bekannt macht, verlorenes Vertrauen zurückgewinnt. »Das ist aber längst nicht alles!«, werdet ihr einwenden. Richtig, aber eine Voraussetzung zum Erreichen weiterer Ziele.
Diesbezüglich fragt ihr am besten keine Techniker, die sich mit den Detailunterschieden von Wiki-Softwares auskennen mögen, sondern Leute, die sich mit dem Publizieren und der Netzkommunikation auskennen.
Apropos Vertrauen: Bei allen lobenswerten Bemühungen bleibt Selfhtml ein kommunikatives Desaster. Selfhtml wird als sich abkanzelndes Grüppchen wahrgenommen, dass bei Kritik von außen zubeißt. Dazu gibt es unzählige Beispiele. Was meint ihr, welche Außenwirkung die Reaktionen mancher Devs und Nicht-Devs in diesem Thread haben. Da denken sich viele, die Selfhtml eigentlich positiv gesinnt sind: Wer nicht will, dem ist auch nicht zu helfen.
Grüße,
Mathias