Felix Riesterer: Musikstück gesucht

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Lieber Gunnar,

Wie ist aber das Verhältnis einer großen bzw. kleinen Terz?

4:5 bzw. 5:6.

nicht immer, und schon garnicht in der wohltemperierten Stimmung. Wenn Du in der Obertonreihe die "kleine Terz" zwischen e-g (5:6) mit der "kleinen Terz" g-b (6:7) vergleichst, dann hast Du musikalisch betrachtet plötzlich einen Spielraum, was eine "kleine Terz" sein soll. Und innerhalb dieses Spielraums kannst Du Dich frei zwischen diesen beiden Verhältnissen bewegen (also von 0,80 - 0,83). Damit ist die Sache plötzlich alles andere als eindeutig.

Von c zu e eine große, von e zu g eine kleine, macht von c zu g (4:5)·(5:6) = 2:3 – die Quite. Stimmt.

Musik orientiert sich (zum Glück!) nicht an der Physik, und das ist gut so.

Und wenn das geklärt ist, wie ist das Verhältnis einer großen bzw. kleinen Sekunde?

Können wir die auslassen und uns gleich der Prime widmen? ;-)

Prime ist klar, da ist das Verhältnis immer exakt 1:1 und bei der Oktave ist es auch immer klar und exakt 1:2. Ansonsten ist nichts klar, sondern hängt von der jeweils verwendeten Stimmung ab.

Bei den Sekunden wird der Spielraum im Vergleich zu den kleinen Terzen plötzlich noch größer, wie man an den Naturtönen (bzw. Obertönen) ablesen kann. Nehmen wir nur die "große Sekunde". Als große Sekunden kannst Du in der Obertonreihe sowohl b-c (7:8), c-d (8:9) als auch d-e (9:10) nehmen. Hartgesottene nehmen sogar noch den 11. Oberton (~fis, aber zu tief) mit dazu...

Von daher verlieren die Zahlenverhältnisse ganz schnell ihre Bedeutung und die Wahrnehmung des Ohres darf sich endlich nach ästhetischen Aspekten orientieren. Da darf dann auch ein absichtlich tiefer oder höher intonierter Ton als Stilmittel vorkommen, da die Absolutheit der von Dir genannten Frequenzverhältnisse nicht mehr bindend (sondern nur mühsam erklärend) ist.

„In diesem Zusammenhang möchte ich kurz darauf eingehen, dass die Schönheit der Musik auf Intervallen gründet, die einfachen rationalen Verhältnissen zwischen Klangfrequenzen entsprechen. [...] Wie Mathematiker ticken.

Zum Glück sind Musik und Mathematik etwas völlig verschiedenes. Ich hatte einst einen Mathelehrer, für den war ein 6/8-Takt dasselbe, wie ein 3/4-Takt... "man kann doch kürzen!" - (ohne Kommentar). Spätestens wenn man den "abendländischen" Kulturmusikbereich verlässt, hört man bereits im vorderasiatischen Raum, dass die Sache mit der Terz ganz schnell anders wahrgenommen wird (man denke z.B. an die türkische Musik in der Dönerbude - je traditioneller, desto weniger "europäische Terzen"). Spätestens aber in der traditionellen indischen Kunstmusik ist mit diesen mathematischen Näherungen schnell Schluss (Shruti).

Liebe Grüße,

Felix Riesterer.

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