Sehr richtig. Die anderen Browserhersteller genießen bzw. gönnen sich den Luxus, mit diesen Problemen so gut wie nicht konfrontiert zu sein. Sie können das aber nur, weil sie nicht auf denselben Märkten wie Microsoft unterwegs sind.
Firefox und Webkit hatten, seit sie populär wurden, keine richtig großen Kompatibilitätseinschnitte. Natürlich ist aus heutiger Sicht ein Firefox 2.0 ein lahmes, verbuggtes Produkt, dass sicherlich viele Websites fehlerhaft anzeigt, die damals für Firefox »optimiert« wurden. Aber im Gegensatz zum Software-Riesen Microsoft wurde Firefox 2.0 nicht auf Millionen Intranet-Clients installiert und in eine Umgebung fest eingeschweißt, aus der er nicht so einfach herauszulösen und zu ersetzen ist.
Kleinere wie Opera können zwar auch auf eine Geschichte der Eigenheiten und Bugs zurückschauen, aber mit der konsequenten Unterstützung von Webstandards konnten sie einen schwerwiegenden Kompatibilitätsbruch vermeiden. Einfach weil es nicht massenhaft alten Code gibt, der direkt auf eine Opera-Version zugeschnitten ist.
Mittlerweile haben sich fast alle Browserhersteller davon verabschiedet, nur alle paar Jahre eine große Browserversionen zu veröffentlichen. Sicherheitsupdates werden automatisch installiert und bei jedem dieser Updates wird dem Benutzer nahegelegt, auf die Folgeversion umzusteigen. Google Chrome macht das sogar ohne Nachfrage. Der Browser ist damit keine Version mehr, die Jahre Bestand hat, sondern ein Produkt unter ständiger Weiterentwicklung. Das ist für die Weiterentwicklung des Webs hervorragend, für das Entwickeln von fragilen Webapps für spezifische Versionen hingegen ein Graus (zumal in abgeschlossenen Intranets).
Z.B. Google als bloßer Browserhersteller braucht sich um vieles nicht zu kümmern, was Microsoft-Großkunden tagtäglich beschäftigt. Schreibt eure Webapps auf Basis von HTML5, kann Google einfach sagen, der Rest kann Google egal sein. Microsoft als Hersteller von Unternehmensoftware baut hingegen ein riesiges proprietäres Ökosystem und versorgt Firmennetzwerke damit. Da ist der IE nicht bloß ein losgelöster Browser, der sich ohne Rücksicht aktualisieren kann, sondern, wie du sagst, eine wiederverwendete Softwarekomponente und Entwicklungsplattform. Sämtliche anderen Entwicklungsumgebungen haben dieselben Probleme: Wird die API modernisiert, muss die alte API noch Jahre lang koexistieren, bis hunderttausende Zeilen Code an die neue API angepasst sind. Während Chrome gerade einmal 30 Millionen Nutzer hat, ist Windows vielleicht auf einer Milliarde PCs installiert (keine Ahnung, da gibt es wohl keine verlässlichen Zahlen).
Mathias