Moin Moin!
Genau deswegen rate ich -- besonders in Foren und dergleichen -- den Leuten DRINGENST und drastisch davon ab, irgendwelche netzbetriebenen Geräte zu öffnen oder gar daran herumzufummeln.
Gefahr besteht u.U. auch bei Batteriebetrieb. Ich habe mal eine Videokamera aufgemacht, ich wollte einen Signalpfad verfolgen. Das geht nur unter Spannung und was soll schon passieren dachte ich mir. Woran ich nicht gedacht habe, obwohl ich eigentlich wußte, daß der Sucher eine Röhre und kein LCD-Display ist, war die Hochspannung. Ich weiß nicht wie/ob ich den Stromkreis geschlossen habe
Hast Du. Vermutlich hast Du die Kamera entweder auf einem halbwegs brauchbar geerdeten Tisch liegen gehabt oder sogar in der Hand gehalten und bist irgendwie "dicht genug" an Masse oder eine der "sicheren" Versorgungsspannungen gekommen. Bei Spannungen im kV-Bereich machen ein paar kOhm Übergangswiderstand kaum einen Unterschied.
, oder ob ich "nur" aufgeladen worden bin,
Nein, definitiv nicht. Dafür hättest Du irgendwo gut gegen Erde und Masse der Kamera isoliert sitzen müssen und nur die Hochspannung berühren dürfen.
Der menschliche Körper ist für Gleichstrom und niederfrequenten Wechselstrom (bis in den kHz-Bereich) hauptsächlich ein Widerstand. Erst bei deutlich höheren Frequenzen spielen induktive und kapazitive Effekte eine Rolle.
Du hast eine Parallelschaltung gebaut, mit dem Zeilentrafo als Spannungsquelle und der Röhre (mehr oder weniger kapazitive Last) und einem Stück Deines Körpers (ohmsche Last) als Verbraucher.
aber von den 6 kV habe ich lange heftige Schmerzen im Arm gehabt.
Das spricht für ein relativ guten Kontakt, bei dem recht viel Strom fließen konnte. Und da Du noch hier posten kannst, gehe ich mal davon aus, dass der Strom im wesentlichen nur über einen Arm und nicht über das Herz geflossen ist. Ansonsten hättest Du die typischen Folgen erlebt: Kammerflimmern, Notarzt, ggf. Bestatter. Also mehr Glück als Verstand.
Lektion gelernt?
Mit steigender Röhrengröße steigt im allgemeinen auch die Spannung, 30 kV sind durchaus üblich, manchmal noch mehr. Und dazu kommt, dass große Röhren viel Licht erzeugen müssen und dafür viel Energie brauchen. Strahlströme von 1 bis 2 mA sind durchaus üblich, entsprechend 40 bis 60 W. Bei Spezialanwendungen auch mehr (Größenordnung Röntgen-Röhre: 50 kV, 50 mA). Wenn man nun dämlicherweise dazu den Körper parallel schaltet, pumpt der Zeilentrafo bedenkenlos weiter Energie in die Parallelschaltung, begrenzt nur durch den Innenwiderstand des Zeilentrafos und evtl. einer Schutzschaltung für die Bildröhre (nicht für den größenwahnsinnigen Bastler!).
Das Masse-Potenzial eines Fernsehers ist in aller Regel über die Antennenanlage geerdet, für den Betrieb mit Zimmerantennen und ohne Schutzleiter "bastelt" man sich eine "virtuelle Erdung" mit Kondensatoren zwischen Masse und den beiden Netzleitungen, so ist der Fernseher immer einigermaßen geerdet. Für Röhren-Monitore gilt das selbe, wenn sie nicht ohnehin über den Schutzleiter geerdet sind.
Und genau deswegen ist es lebensgefährlich, in diesen Geräten herumzufrickeln: Es ist egal, ob der Strom "sauber" von der Hand am Anodenpotenzial über Herz und die andere Hand am Chassis abfließt, oder ob ein minimaler Umweg von ein paar kOhm über die Erdung von Schutzleiter, Antenne oder Hilfserdung, Schuhe und Bein dazwischen ist. Das Ergebnis ist in beiden Fällen wortwörtlich umwerfend.
Erschwerend kommt dazu, dass Muskeln elektrisch gesteuert werden und sehr oft dabei die Hand noch fester um den Kontakt schließen, wodurch der Effekt noch stärker wird.
Selbst ein Trenntrafo hilft hier nicht. Auch wenn man den Fernseher überreden kann, ohne Antennensignal nicht einfach abzuschalten, ist der Trenntrafo bei diesen Spannungen kapazitiv kein nennenswerter Widerstand zur Erde. Die Isolierung des Trenntrafos ist auf Netzbetrieb ausgelegt, d.h. für Spitzen von 1 bis 2 kV, nicht für 30 kV.
Und auch das Ziehen des Netzsteckers hilft nicht wirklich weiter: Die Röhre hat eine riesige Innenfläche, die mit der pulsierenden Gleichspannung aus dem Zeilentrafo und dem Hochspannungsgleichrichter auf 25 bis 30 kV aufgeladen wird. Und es gibt keinen Entladewiderstand, weil der im Betrieb massiv stören würde. Die Röhre, die elektrisch in diesem Moment ein Kondensator ist, muß sich also über die dank der guten Isolierung recht geringen Kriechströne langsam entladen. Das dauert wesentlich länger, als die meisten Frickler vermuten. Das Ergebnis ist ebenso umwerfend: 20 kV aus einer gut aufgeladenen Bildröhre sind immer noch tötlich, auch wenn alle externen Kabel abgeklemmt sind.
Auch etwas Abstand hilft nicht, jedes kV kann locker 1 mm überspringen, bei 30 kV kann die Hochspannung auch mal ein oder zwei cm Luftstrecke überwinden.
Wie man mit einer Bildröhre sicher umgeht, weiß jeder Fachmann, und ich werde dieses Wissen definitiv nicht unter Laien verbreiten, die es dann im Hobbykeller bestenfalls nur halb umsetzen und sich damit selbst zum Arbeitsgegenstand des nächsten Bestatters machen.
Größere LCDs (in Laptops, Monitoren, Fernsehern) haben übrigens für die Hintergrundbeleuchtung oft eine oder mehrere Röhren, auch die arbeitet mit Hochspannung. Zwar nicht gleich mit 30 kV, aber gut genug, um Bastler umzuwerfen.
Plasma-Fernseher nutzen eine Mini-Bildröhre für jeden Bildpunkt, und auch die will Hochspannung mit reichlich Energie sehen.
Einfache Regel für alle Röhrengeräte und alle netzbetriebenen Geräte: FINGER WEG, Fachmann ranlassen. Das steht übrigens auch auf jedem dieser Geräte drauf. Und nicht aus Spaß.
Alexander
--
Today I will gladly share my knowledge and experience, for there are no sweeter words than "I told you so".