LX: versehentlich Geld bekommen

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(...) Computergestützte Expertensysteme usw.

Ah, Du sprichst von meinem damaligen Fachgebiet, der Rechtsinformatik. Der heilige Gral der Rechtsinformatik besteht in einem System, dem man einen Sachverhalt einfüttert und das die Lösung daraufhin "berechnet".

Nehmen wir mal den folgenden Sachverhalt: "A schlägt B einen Nagel in den Kopf. Wem gehört der Nagel?". Ein Computersystem könnte jetzt entweder jeden Paragraph einzeln auf objektive Tatbestände durchgehen und unter dem objektiven Tatbestand von § 223 StGB namens "körperlich mißhandeln" die Beschreibung "schlagen" erkennen (wobei man noch solche Kontexte wie "im Spiel schlagen" aussortieren muss, in denen das Wort eine andere Bedeutung hätte, will man nicht fälschlicherweise einen Tatbestand annehmen). Vielleicht kommt das System jetzt sogar auf das durchaus berechtigte Ergebnis "§ 223 StGB Körperverletzung zutreffend, keine Rechtfertigung erkennbar, Strafbarkeit wahrscheinlich gegeben" - das jedoch an der Fallfrage völlig vorbeigeht.

Wenn man dieses Problem umgehen möchte, in dem man zunächst die Frage interpretiert, kommt man zu dem Problem, dass die Eigentumsverhältnisse des Nagels nur aufgrund einer reichen menschlichen Erfahrungswelt beurteilt werden können und der Nagel, solange er nicht von einem fachkundigen Arzt entfernt wurde, kraft der Verletzung, die eine Entfernung hervorrufen würde, gemäß § 947 I, II BGB mit besagtem Kopf von B verbunden ist und somit das Eigentum dem B zurechenbar ist. Sobald der Nagel von dem fraglichen Arzt entfernt ist, wäre er eigentlich Eigentum des A, ist aber stattdessen nach § 94 StPO ein Asservat in einem Fall der Körperverletzung und als solches den Behörden zur Beweisaufnahme übergeben.

Deswegen: bis die Rechtsinformatiker dieses Problem behoben haben, sollte man keine Nägel in Köpfe schlagen!

Gruß, LX

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§ 1 BGB: Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.