Bounjoun ChrisB,
gegen was plädierst du denn jetzt - das passte wohl leider nicht mehr in den Titel?
Ups ja... ich wollte das noch ergänzen, habe das aber im Eifer des Geschreibsels vergessen ;)
Plädoyer gegen Volksbegehren - sollte das wohl noch heißen.
Geht es dir jetzt konkret um diese Form von (direkter) Demokratie?
Ja.
Politische Entscheidungen gehören nicht in die Hände des gemeinen Volkes.
Nach unserem Demokratie-Begriff schon - wenn auch eher indirekt.
Und das ist gut so ™
Denn diese Leute, die »indirekt« dazu erkoren werden, das Volk zu vertreten, haben sich innerhalb der Parteien, Bewegungen, wie auch immer Formen politischer Meinungsbildung bewähren müssen.
Was in der Schweiz passiert ist zeigt dagegen, wie gefährlich eine direkte Beteilung des »Volkes« sein kann: Es wurden eins zu eins übernommen, was eine rechtspopulistische Gruppierung vorgeschlagen hat.
Die Schweiz wird schon und hat damit klar kommen, mir ist es schnurpiepsegal. Sollen sie, wenn's hart auf hart kommt, versuchen ins Ausland zu fliehen. Vielleicht machen dann Italien, Frankreich und Deutschland die Grenzen dicht.
Aber so ein Modell auf Deutschland oder auch Frankreich übertragen? Ja, je connais la France profonde, sie ist nicht besser als die Hintertupfingenmentalität, und eben die möchte ich nicht über mich entscheiden lassen.
Die Delegierten-Demokratie, wie wir sie kennen, hat sich bewährt, trotz Fehltritte, trotz Steuerverschwendungen, trotz Stuttgart 21 oder SoDa-Brücken.
Selbst wenn wir ihn so auslegen, dass das gemeine, „dumme“ Volk nicht direkt etwas entscheiden darf, sondern gewählte Vertreter dies tun sollen, und erwarten, dass diese dabei mehr „Vernunft“ zeigen - dann hat das Volk immer noch das Recht, sich Vertreter zu wählen, die in seinem Sinne entscheiden.
So soll es auch bleiben. Eines möchte ich aber: Dem Volk soll mehr Gelegenheiten gegeben werden, seinen Vertreter »in die Bücher« zu gucken. Zusammengefasst: Weiterhin eine Delegierten-Demokratie aber mit mehr Kontrollmöglichkeiten durch die Basis.
In unserem normalen demokratischen Wahlsystem finden extremistische Parteien u.a. deshalb Zuspruch, weil sich viele Bürger von der Politik einfach nicht mehr in ihren Interessen vertreten sehen.
Nein. In Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs mault keiner. Da sind alle glücklich. Aber wehe, es läuft nicht, wie sich das Wahlvieh es vorgestellt hat, dann werden Schuldigen gesucht. Die sind natürlich immer die Anderen (das meinen extremistische Parteien ja immer).
Daher kann ich es nicht per se schlecht finden, dem Bürger etwas von seiner Entscheidungsgewalt in direkterer Form (wieder) zu geben.
Ich würde mich freuen, wenn der frz. Präsident nicht mehr direkt vom Volk gewählt werden könnte. Dann hätte Sarkosy nie eine Chance gehabt.
Der Volksentscheid ist vielleicht etwas anfälliger dafür, dass nicht die „moderate“ Mehrheit sich durchsetzt, sondern die Interessengruppen, die es am geschicktesten schaffen, „ihre“ Leute zu mobilisieren,
So was heißt Demagogie - auf Deutsch m.E. zu scharf mit »Volksverhetzung« übersetzt.
Adiou.
Ich bin eigentlich ganz anders, aber ich komme so selten dazu. - Ödön von Horwáth