Lieber Der Martin,
jetzt wird mir auch langsam klar, warum in meiner Schul- und Studienzeit so viele Pädagogen -meiner Meinung nach- an mir vorbei gelehrt haben. Genau das, was du da als "typisch" beschreibst, liegt mir nämlich überhaupt nicht. Ich will ein neues Thema lernen, indem ich im ersten Schritt einen Ausblick auf das bekomme, was damit so alles möglich ist, und dann mit den elementarsten Details anfangen und mich in der Sachhierarchie langsam Schritt für Schritt hocharbeiten.
das wäre doch "top down", oder nicht? Du willst aus dem Allgemeinen zum Speziellen gehen, also von der Übersicht (top) zum Detail (down). Das bleibt Dir unbenommen. In meinem Kurs wärst Du unglücklich, aber ich hätte Dich dann einfach an einen Rechner gesetzt, bei dem Du Dir Deine Übersicht z.B. in SELFHTML oder bei Jendryschik hättest nachlesen können, während ich mit den anderen schon HTML schreibe. Bei Fragen Deinerseits hätte ich dann selbstverständlich mit Rat (und Tat) zur Seite gestanden.
Es bleibt aber dann die ehrliche Frage, ob Du mit Deinem Lernweg in derselben Zeit zu einem vergleichbaren Ziel gelangt wärest. Immerhin besteht bei diesem Lernweg die Möglichkeit, dass Du vor lauter Übersicht das Naheliegende nicht (sofort) siehst, und dass Du die gestellte Aufgabe (Praxis im Schreiben von HTML und CSS) nicht in derselben Zeit mit derselben Qualität und Effizienz lösen kannst. Es ist aber bei Kursen üblich, das gesteckte Lernziel durch auf die Didaktik und Methodik passend zugeschnittenen Leistungsmessungen abzuprüfen, um den Teilnehmern eine entsprechende Rückmeldung geben zu können.
Man darf auch fragen, inwieweit Teilnehmer in ihrer Lerntätigkeit flexibel sind und auf verschiedenen Lernwegen zum Ziel gelangen können. Meiner Erfahrung nach ist es insbesondere meine Zunft, die einen von einem Lehrgangsleiter festgelegten Lernpfad ganz schnell als für sich unbefolgbar kritisiert. Aber das ist ein anderes Kapitel...
Da irrt der Meister. Meine Schüler brauchen keine Ahnung ...
Mag sein, dass sie das nicht brauchen. Aber ich bin sicher, es sind ein paar dabei, die ähnlich ticken wie ich - die eben nicht im top-down-Stil lernen wollen, sondern bottom-up. Wird nur sehr selten praktiziert. Schade eigentlich.
Nach meinem Verständnis verwechselst Du "top down" mit "bottom up". Aber egal. Diejenigen, die lieber aus dem Allgemeinen ins Spezielle gehen möchten, haben die Freiheit dieses auch so zu tun. Es bleibt die Frage nach der Effizienz (s.o.).
Mir scheint, dass die pädagogisch-didaktische Sicht oft einfach "beschließt", wie Lehrinhalte am besten vermittelt werden. Das mag für eine Mehrheit zutreffen, aber dass jeder etwas anders ist und bei manchen Schülern vielleicht ganz andere Lernstrategien viel besser und leichter zum Ziel führen, wird anscheinend oft übersehen.
Die Pädagogik hat mittlerweile einen Erfahrungsschatz, aus dem heraus sich demonstrieren lässt, dass gewisse Vorgehensweisen eine Mehrheit erreichen. Diese Mehrheit ist die Richtschnur, wie Kurse geplant werden. Die Minderheiten, die man damit nur unzureichend oder gar überhaupt nicht erreicht, muss man über andere Maßnahmen zu erreichen versuchen. Aber daraus jetzt eine pauschale Kritrik zu stricken, ohne konkrete Vorschläge zu einem sinnvolleren oder erfolgreicheren Vorgehen zu machen, schmeckt mir nicht so gut. ;-)
Mal einen sehr gewagten Vergleich: In unserem Sexualkunde-Unterricht wurde immer von einer Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau ausgegangen. Andere Kombinationen und Mengen waren zwar nicht als unmöglich definiert, wurden aber schlicht nicht behandelt. Wie soll das bitteschön alle "Kursteilnehmer" gleichermaßen erreichen?
Jetzt bist Du dran! ;-)
Ich finde immer noch, damit ist der Gaul von hinten aufgezäumt. Es hat schon seinen Sinn, dass man in der Mathematik erstmal die Grundrechenarten lehrt, bevor man den Schülern andere, zugegeben auch für sich reizvolle Themen an den Kopf wirft - Vektorrechnung oder Statistik etwa.
Richtig. In Mathe fängt man mit dem Einfachsten an. Man addiert ganze Zahlen. Dies wird auch mit Holzklötzchen ("Rechenkasten" hieß das zu meiner Schulzeit) visualisiert. Damit lassen sich ganz schnell erste Ergebnisse erzielen, ohne dass ich einen Überblick geben muss, wie man Addition als Ersatz für Multiplikation nutzen kann, bzw. wie ich das Eine in das Andere umwandeln kann, um Multiplikationen als vereinfachte Additionen zu notieren.
Und ich muss auch nicht wissen, dass es außer den Natürlichen Zahlen auch noch andere gibt, und dass die Null eine eigene Menge ist... etc. pp.
Rein aus Interesse: Wann hast Du das letzte Mal jemanden in etwas unterrichtet?
Liebe Grüße,
Felix Riesterer.
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