Moin Moin!
Mein Vorgesetzter hat in unendlicher Weisheit beschlossen, mich aus meinem ruhigen, nahezu störungsfreien und ausreichend großen Bürocontainer in ein nach sterbender Technik, Elektroschrott, altem Papier und maroder Bausubstanz stinkendes, vollgemülltes, überheiztes, kleines "Vorzimmer"-Büro "umzutopfen".
Dieser Beitrag ist der interessanteste Beitrag, den ich hier bei selfhtml seit langem gelesen habe.
Manchmal habe ich das Gefühl, das unsere Väter in besseren Büros gearbeitet haben als wir. Früher waren Fabriken mehrstöckige große Gebäude mit massiven Mauern und normalen Fenstern. Natürlich war es früher dort warm, aber dann durch die Maschinen.
Heute wohnen wir stattessen in Hochhäusern und unsere wenigen verbliebenen Fabriken bestehen nur auf Fenstern. Das gleiche gilt für die Büros.
Irgendjemand kam auf die Idee das man Bürocontainer bauen kann. Ich selbst habe mal in einem solchen gearbeitet, da gab es sogar eine Art Klimaanlage, weil die dünnen Wände die Wärme nicht abgeschirmt hatten. Die Luft stand da drinnen. Und dann versuch mal da irgendwie produktiv zu arbeiten.
Ich wußte von Anfang an, dass ich erstmal im Container hocken werde, und fand das Anfangs halbwegs akzeptabel. Nachdem ich aber die Ruhe kennen gelernt habe, *liebe* ich meinen Container. Der steht nämlich weit ab vom Rest des Ladens. Das erspart mir jede Menge "Laufkundschaft", die täglich in die EDV-Abteilung stürmt. Das bringt Ruhe, weil sich kaum jemand in die Nähe der Container verirrt, und schon gar nicht bei schlechtem Wetter. Natürlich ist es im Winter etwas kühl, weil die Isolierung nicht so toll ist, aber dagegen gibt es eine Heizung. Und man kann den Container lüften. Von Frühjahr bis Herbst sitzt man fast auf der grünen Wiese, Türen und / oder Fenster stehen den ganzen Tag auf.
Zum Thema "früher war alles besser": Der Altbau, in dem ich jetzt hocke, ist so etwa 100 Jahre alt und im Laufe der Jahrzehnte desöftern umgebaut worden, mal mehr, mal weniger fachgerecht, mal nur notdürftig, mal so billig wie möglich. Und weil in den letzten Jahren viel zu viel Geld in den Neubau floß, ist nun eigentlich gar kein Geld mehr da, die Bruchbude zu renovieren. Abreißen und neu bauen wäre für den Altbau definitiv die beste Lösung, nur leider reicht das Geld dafür auch nicht. Und der Platz im Neubau ist schon komplett vergeben.
Wie kann man beispielsweise nur auf die dämliche Idee kommen, in Norddeutschland einem funktionierenden Haus nachträglich ein Flachdach zu verpassen? Das funktioniert nicht beim hier üblichen Sturm und Regen. Ergebnis: Das Wasser läuft von oben bis unten durchs Haus, durchweicht Holz, Strohdecken(!), Putz, Leichtbauwände, und sammelt sich dann in irgendwelchen Ecken, um dann alten und neuen Lebensformen eine Chance zu geben, den Bau endgültig zu ruinieren. Ein paar technische Besonderheiten machen das sogar noch schlimmer.
Und auch ich konnte mich damals nicht zur Wehr setzen. Allerdings glaube ich, das man sich nicht alles gefallen lassen sollte. Ganz ehrlich, heute ist der Arbeitsmarkt wesentlich besser, als vor 5 Jahren. Ich würde mich es aber auch heute nicht trauen was dagegen zu sagen, wenn ich umgetopft werden würde. Ich glaube ich hätte Angst um meinen Arbeitsplatz, selbst wenn ich neben 5 Näherinnen mit Nähmaschinen gesetzt werden würde.
Nein, ich sage durchaus etwas dagegen. Allerdings kann das Reality Distortion Field meines Vorgesetzten durchaus den kompletten Jupiter verschwinden lassen, wenn der ihm nicht in den Kram paßt.
Es kommt aber auch auf den Beruf drauf an. Ein Programmierer braucht meiner Meinung nach eine ruhige Umgebung.
Und erst recht ein Entwickler. Dazu gehört auch, dass es eine andere arme Sau gibt, die First Level Support macht.
Manchen Leuten macht so etwas sogar Spaß. Der beste IT-Supporter, der mir je begegnet ist, war ein Theologie-Student aus einer Theologen-Familie mit etwas IT-Grundwissen. Der hat die Leute in Sekundenbruchteilen von der Palme heruntergeholt, auf der sie gerade noch rumgezetert haben, und hat dann mit ganz wenig Aufwand für eine Lösung oder wenigstens eine Übergangslösung gesorgt. Ein echtes Naturtalent.
Mich nervt First Level Support. Insbesondere, wenn ich parallel noch komplexe Systeme pflegen, reparieren und weiter entwickeln soll.
Alexander
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Today I will gladly share my knowledge and experience, for there are no sweeter words than "I told you so".