Lieber Malcolm Beck´s,
Tablets würden frühestens ab der 5. Klasse Sinn machen. Vorher sollte man die Kinder wirklich Kind sein lassen.
wieso ausgerechnet ab der 5. Klasse? Wieso nicht 7. oder 10.? Weißt Du noch, ab wann es z.B. in Mathe erlaubt war einen Taschenrechner zu benutzen?
Ich kann Dir nur in Sachen "Lesegerät" zustimmen, um die Schulbücher aus dem Rucksack eines Schülers weg zu bekommen. Für das Schreiben bleibe ich bei Papier, da ich hier keinen echten Mehrwert zu einem "Tablet" sehe. Glaube mir, das Tablet würde zu einer Verarmung führen! Und wenn man weiß, dass die feinmotorische Entwicklungsphase bei Mädchen und Jungs zu sehr verschiedenen Zeiten ablaufen, dann ist der "ideale Zeitpunkt" für einen Umstieg auf ein Tablet überhaupt nicht sinnvoll festzulegen.
Ich stelle mir gerade vor, wie die Schlamper in der Mittelstufe alle an der Steckdose hängen, weil sie zuhause wieder einmal vergessen haben, das Teil aufzuladen und deshalb jetzt gerade im Unterricht nicht mitschreiben können ("ich kopier mir das dann zuhause auf mein Tablet rüber"). Die Smartphones sind zum Spielen geeignet, da wird das Aufladen höchst selten vergessen...
Ein weiterer Aspekt wäre dieser: Bei einer E-Book-Variante der Schulbücher, könnte eine Schule mit einem Verlag aushandeln, dass sie das jeweilige Produkt "an der Schule einsetzt", was nicht zwingend auf eine bestimmte Klassenstufe beschränkt sein muss. Es wäre im Gegenteil sogar wesentlich praxistauglicher, wenn diese Teile z.B. bei einer bestimmten Ausgabestelle "geladen" werden könnten und dort einfach alle an der Schule im Einsatz befindlichen E-Books auf das Gerät gespeichert würden. So könnte jeder Schüler in egal welcher Klasse sein Lesegerät einem anderen Schüler aus egal welcher Klasse aushilfsweise zur Verfügung stellen - und Lehrkräfte wüssten, dass bestimmte Inhalte garantiert vorhanden wären.
In meinem Musiksaal habe ich einen Präsenzbestand von Musikbüchern, die ich ganz unterschiedlich einsetze. Manchmal lasse ich Oberstufenschüler etwas in einem Unterstufenbuch nachsehen, weil diese Inhalte in einem Oberstufenbuch nicht (mehr) vorhanden sind - um umgekehrt!
Bei einem Tablet ist dieser "Tausch-Aspekt" nicht gegeben. Wenn ich die Hausaufgaben in einem Schülerheft sehen und korrigieren will, dann wird das plötzlich schwierig mit dem Tauschen. ;-) Und das Vergessen des Gerätes beträfe dann ganz schnell _alle_ Fächer und nicht nur dieses eine, in dem das passende Heft gerade benötigt würde. Ganz zu schweigen von einem Defekt! Alle Aufschriebe aus allen Fächern wären plötzlich gefährdet! Wenn man dann anfangen müsste Backups zu machen... dann ist ja ein Datenaustausch wieder möglich, der dann auch wieder zum "ditigalen Abschreiben von Hausaufgaben" einladen würde. Und wo sollten diese Backups gespeichert werden? Auf dem heimischen PC? Darf eine Schule einen solchen im "Elternhaus" (nicht alle Schüler leben in einem solchen!) voraussetzen, ohne den ein Schulbesuch an dieser Schule nicht mehr vernünftig möglich ist? Oder haben wir dann wieder ein Zwei-Klassen-System, bei dem die besseren (oder besser verdienenden) ein Tablet einsetzen, während die anderen in ein Heft schreiben müssen? Und wenn einer einem etwas wirklich böses will, dann sabotiert er das Tablet desjenigen? Da will ich mir garnicht ausmalen, was mit den Tablets außer ihres Energieverbrauchs alles schiefgehen könnte!
Wir haben in Baden-Württemberg Lernmittelfreiheit. Das bedeutet, dass eine Schule Materialien stellen muss, die über einem Preis von zwei Euro liegen, sollten Eltern die Anschaffung auf eigene Kosten ablehnen. Schülerhefte fallen nicht darunter, da diese keine Lernmittel, sondern Verbrauchsmaterialien sind. Für diese sind die Erziehungsberechtigten zuständig, die diese finanzieren müssen. Der Stromverbrauch von Tablets fiele da in deren Bereich (mein Kindle-Reader verbraucht sehr wenig Strom, das könnte man wirklich in der Schule laden). Wenn man dort nicht einverstanden ist, diese Stromkosten zu tragen, stirbt die Idee mit dem Tablet ganz schnell, denn wir haben in der Schule einen Grundsatz der Gleichbehandlung zu verfolgen. Wie kann ich es da zulassen, dass manche mit einem Tablet "schreiben", während andere Hefte benutzen?
Wie sieht das eigentlich aus, wenn ich "die Hefte einsammeln" will? Wieso nehme ich im Englischunterricht dann das Mathe-Heft, Deutsch-Heft, Bio-, Physik-, Geschichte- ...Heft auch mit? Und wenn die Kollegen ihrerseits einmal Heftnoten geben wollten? Muss ich dann so lange auf das Englisch- oder Musikheft verzichten? Und komm mir jetzt bitte nicht mit einem Dateitransfer, am liebsten noch per Email!
Über Datenschutz haben wir noch nicht gesprochen. Erinnerst Du Dich an die Zeichnungen in Deinem Schulheft, welche jetzt nicht immer mit dem geschriebenen Inhalt zu tun hatten? Die am Rand, die vielleicht nicht immer für die Augen von Erwachsenen geeignet waren? Deretwegen vielleicht auch einmal eine Ecke einer Seite abgerissen wurde? Das wäre nicht mehr möglich (Stichwort "Verarmung" von oben), denn wenn mein "Heft" einmal begutachtet werden sollte (Mitschüler, Eltern, Lehrkraft), wie will ich da diese völlige Offenheit zu meinen Gunsten einschränken? Mit einem separaten Heft für jedes Fach würden gewisse Teile nicht automatisch mit sichtbar, da die Aufschriebe des einen Faches im Heft des anderen nicht erscheinen - auch nicht wenn man "scrollen" wollte. Hier sehe ich einen datenschutzrechtlichen Vorteil des Papiers. Denn wenn mein Englischlehrer mein Tablet nimmt, um mein "Englisch-Heft" zu begutachten, was geht ihn da an, was ich so in den Gemeinschaftskunde-Stunden so alles aufschreibe?
Ich gegen elektronische Schülerhefte! Elektronische Schulbücher halte ich dagegen für den nächsten notwendigen Schritt.
Liebe Grüße,
Felix Riesterer.
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