Alexander (HH): E-Mails vs Ticketsystem

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Moin Moin!

wir hatten heute im Büro eine hitzige Diskussion, wie sinnvoll denn E-Mails gegenüber Ticketsystemen zur Bearbeitung von Tickets sind.

Der Hintergrund davon war, dass unser Team sehr klein ist (2-5 Teammitglieder) und wir hauptsächlich firmeninterne Tickets erhalten, welche von ca. 4-20 weiteren Mitarbeitern eingestellt werden. Unser Ticketsystem ist wiederum noch sehr jung, ebenso wie die Abteilung, und es werden noch diverse kleine Anfragen per E-Mail gestellt und (leider) auch beantwortet.

Ticketsystem ist definitiv besser als chaotisches herumgewusel mit Mails, Schmierzetteln, Postits, Anrufen, und weiß der Geier was noch. ABER: Das Ticketsystem darf nicht im Weg stehen, und es darf nicht zu etwas anderem degenerieren.

Mein Arbeitgeber hat lange nur Chaos getrieben, irgendwann kam dann ein neuer Abteilungsleiter, der in 15 Min ein Excel-Sheet ausgebrütet hat, in das das ganze Chaos eingetragen werden sollte. Leider ist Excel für so etwas so ziemlich das ungeeignetste Tool, angefangen damit, dass immer nur einer damit arbeiten kann. Also hab ich das Excel-Sheet "mal eben" in Perl nachgestrickt, auf einen Webserver gepackt und als DB PostgreSQL dahinter gehängt (lief ohnehin schon). Das Tool ist sehr schlank, nur ein paar Formularfelder (Problembeschreibung, Problemort (Maschine), Abteilung, "Kunde", aufnehmender Kollege, zuständiger Kollege, Lösung(!), Zeitaufwand, Priorität), und damit auch schnell genug. Im Laufe der Monate sind noch ein paar Kleinigkeiten dazu gekommen, hauptsächlich Filter- und Suchfunktionen und eine Mini-Statistik. Alles nicht viel mehr als vorbereitete SQL-Abfragen.

Mit dem Tool ist das Arbeiten etwas organisierter geworden, vor allem kann man auch mal nach Lösungen "altbekannter" Probleme suchen, wenn der fachkundige Kollege gerade mal nicht da ist. Leider sind noch nicht alle Kollegen so weit, Probleme GLEICH in das Tool zu tippen, zwei hamstern lieber Postits und nörgeln dann, das das Kopieren in das Tool so viel Arbeit ist, der dritte schreibt zwar Probleme rein, aber keine Lösungen.

Ein weiteres organisatorisches Problem ist, dass Dinge mit niedriger Priorität schlicht liegen bleiben. Das schöne an einem Ticketsystem ist, dass man das sieht und auch auswerten kann. Das schlechte ist, dass niemand daraus Konsequenzen zieht. Das ist aber ein Arbeitgeber-spezifisches Problem.

Das Ticket-System ist rein auf die EDV beschränkt, wie auch immer der Kontakt zur EDV aufgenommen wird (Telefon, Mail, direkt, Brief), ein Kollege der EDV, der gerade mit der Telefon-Hotline dran ist, tippt das Problem in das Ticketsystem. Wenn der Kollege das Problem nicht selbst beseitigen kann (mangels Zeit oder Fähigkeiten), mailt er die URL des Tickets an einen oder mehrere andere Kollegen, damit der/die das Problem beheben.

Bei uns sind die nicht-EDV-Kollegen in Sachen EDV-Technik oft sehr schwach, Mail oder Web-Browser sind für einige Kollegen immer noch Fremdworte. Daher laufen die meisten Probleme per Telefon ein.

In einer Umgebung, in der Mail und Web-Browser bei jedem Kollegen zum Arbeitswerkzeug gehören, kann ein EINFACHES Frontend zum Ticket-System sinnvoll sein.

Was muß rein? Ein Textfeld für die Problembeschreibung, und ein Absender. Bei einer Single-Sign-On-Umgebung kann man letzteren aus dem Login herausfischen, so dass der User nur eine große Textbox im Browser sieht. Vielleicht noch ein Feld für einen Datei-Upload (Screenshot, Office-Dokumente, ...). Das geht natürlich auch per Mail: Den Text der Mail kopiert ein Programm als Problembeschreibung ins Ticket-System, den Absender als Melder, und Mail-Anhänge werden 1:1 an das Ticket gehängt. Dazu noch ein Auto-Responder, der eine Ticket-ID zurücksendet, fertig.

Innerhalb der EDV kann das Ticketsystem noch mehr, minimal so ungefähr das, was unser selbstgestricktes System auch kann.

Was gar nicht geht, und auch nicht Sinn und Zweck eines Ticket-Systems sein soll, ist, die Arbeitsleistung oder gar Arbeitszeiten der Kollegen auszuwerten, um die "unproduktiven" unter Druck setzen zu können. Auch das habe ich erlebt, entsprechend haben die Kollegen wirklich JEDEN Müll ins System eingegeben, einfach nur, um eine gewisse Mindest-Anzahl von Tickets pro Monat vorweisen zu können.

Alexander

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Today I will gladly share my knowledge and experience, for there are no sweeter words than "I told you so".