Hallo Rudi
Deine Beschreibung ist grundsätzlich richtig, aber die Formulierung 'nichts weiter als eine Kennenlernphase' sei mit Vorsicht zu genießen, denn sie impliziert, dass hier noch gar keine Form von Rechtsverbindlichkeit gegeben wäre, was jedoch nur hinsichtlich des Abschlusses des konkreten Rechtsgeschäfts, also des Arbeitsvertrages zutreffend ist, darüber hinaus aber außen vor lässt, dass dem Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Bewerber eine eigene Rechtsqualität innewohnt.
Wie ich in meinem anderen Beitrag schon angedeutet habe, gilt im Schuldrecht grundsätzlich das Prinzip der sogenannten 'culpa in contrahendo', womit eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten gemeint ist, im Gegensatz zur 'culpa post contractum finitum', was die Verletzung der sich aus dem abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten meint.
Wenn man nun von sogenannten 'vorvertraglichen' Pflichten spricht, so ist damit gemeint, dass auch vor Abschluss des Vertrages, also sozusagen bei dessen Anbahnung, bereits ein schützenswertes gegenseitiges Vertrauen der beteiligten Parteien entsteht, im Sinne von 'Treu und Glauben' des §242 BGB, dessen Verletzung unter Umständen zu sanktionieren ist, siehe die §§311, 280, 241 BGB; Und gerade im Arbeitsrecht und dem Fall der Bewerbungsphase vor einem möglichen Abschluss eines Arbeitsvertrages gibt es da eine Menge potentieller Pflichtverletzungen!
Nur exemplarisch sei hier auf das ebenfalls in meinem anderen Beitrag schon angesprochene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hinzuweisen, welches dieses generelle Prinzip für diejenigen Fälle konkretisiert, bei denen ein Zusammenhang zu dem in Art.3 GG verkörperten Gleichheitsgrundsatz besteht; Und obwohl dieses Gesetz über das Arbeitsrecht hinaus im ganzen Zivilrecht gilt, ist dort sogar ausdrücklich der Begriff des 'Bewerbers' in dessen persönlichem Geltungsbereich aufgeführt, siehe §6 Abs.1 S.2 AGG.
Aber das nur zur Information. Mit Blick auf die Rechtsqualität einer Stellenausschreibung oder eines Bewerbungsschreibens sei nur noch angemerkt, dass diese Willenserklärungen lediglich auf die Aufnahme von Verhandlungen gerichtet sind, es ihnen aber bei verständiger Würdigung nach §133 BGB hinsichtlich des eigentlichen Vertragsschlusses in der Regel sowohl an Rechtsbindungswillen als auch an Geschäftswillen fehlt, weshalb sie keinen Antrag im Sinne der §§145 ff. BGB darstellen.
Gruß,
Roadster