Leutnant S. zu tragen, kurz darauf hatte S. ein schwieriges Gespräch mit Einheit 2000. Diesen Fall habe ich hier in einer anderen Form prosaisch verarbeitet ;)
Ja. UvD hab ich auch gesessen. Völlig entgegen der Dienstvorschrift, denn ich war nicht mal Gefreiter (und wurde auch nie befördert, warum zeigt sich gleich). Ich hatte kein Zimmer, sondern einen Schreibtisch in einer Nische im Gang. Am Platz ein Schrank mit allen Dienstvorschriften, die ich natürlich besonders aufmerksam gelesen habe. Man hat viel Zeit wenn man den GuVD regelwidrig nachts durchschlafen lässt, damit man selbst am Tag seine Ruhe hat... Und dann war da noch dieses Alarmgerät, bei dem man bei Probealarmen eine Bestätigungstaste zu drücken hatte um dann beim GOvD anzurufen, dass der Alarm empfangen wurde. Ok.
Es war an einem Samstag im zweiten Diensthalbjahr.
Ich hatte mal wieder die Binde und das also das Bewusstsein, "der Gang ist meiner!". Ich war insoweit GERN UvD.
Allerdings waren die Buckel (Offiziere) noch da und ich hatte keinen Bock denen zu begegnen, hab mich eigentlich nur mit einem von denen verstanden: dem "Kommandeur Technik" der im Gegenzug dazu, dass ich völlig illegal auch die Fahrzeugelektrik der Artillerieabteilung machte (der formale Fahrzeugelektriker war im Beruf "Elektromontierer", das ist ein "Blindenberuf"), dafür sorgte, dass ich ebenso völlig illegal im Sommer auch mal tagsüber ins Freibad kam. Für mich eine gute Übereinkunft.
Wie auch immer, ich begab mich also wegen der auch am Samtag anwesenden Buckelschaft mit dem "Neuen Deutschland" (vom Umfang her vergleichbar mit der "Süddeutschen") auf das Scheißhaus zum lesen. Es war für NVA-Verhältnisse ein Super-Scheißhaus, hat nicht gestunken, alles war neu und sauber. Ich dachte mir, soll doch der Frische, der "Gufti" den Grüßaugust für Buckels machen. Wie auch immer: Ich sitze also im Unterhemd, die Armbinde unter den Hostenträger geklemmt auf dem Klodeckel und lerne gerade die Kleinanzeigen auswendig, da geht das Scheiß-Alarmgerät los.
Und nicht nach 3 Sekunden aus. Auch nicht nach 20 Sekunden. Mürrisch erhebe ich mich, gehe raus zum Alarngerät und drücke die Taste. Ruhe. Sage dem Frischen noch, "Siehste, so geht das!" und verdrücke mich wieder aufs Scheißhaus.
20 Minuten später
Ich zereumele mich gerade über das "Täteretä" im Leitartikel. Auf dem Gang schreit jemand. Das geht jetzt aber gar nicht, denn das ist MEIN Gang! Außerhalb ganz begründeter Ausnahmefälle hat man den Wunsch, jemanden anzuschreien, also mir vorzutragen und ICH mache das dann. Kann ja nicht sein, dass die Dienstvorschriften einfach so ignoriert werden.
Also wieder hoch, ich muss für MEINE Rechte in MEINEM Machtbereich sorgen.
Wer steht da in MEINEM Gang und brüllt MEINEN Gufti ("Gehilfe des Unteroffizier vom Dienst") an? Oberleutnant Grosch! Der, der soviel Tage hat, dass er die nicht zählen kann und ich die gar nicht erst zählen will. Einer, den man (Dienstvorschrift hin oder her) ab dem zweiten Diensthalbjahr (ich ab der zweiten Hälfte des ersten Diensthalbjahrs) nicht grüßt, wenn der nicht zuerst grüßt, was er besser lässt. Was fällt DEM ein, auf MEINEM Gang MEINEN Gufti (praktisch MEIN Sklave!) anzubrüllen? Das hat es doch überhaupt nicht! Der hat sich gefälligst an MICH zu wenden, denn jetzt bin ICH ja da! Ich stelle mich also daneben und bekomme mit: Das war kein Probealarm, wir sollten ausrücken. Ach ja. Da hätte aber das Alarmscheißding nicht ausgehen dürfen als ich die Taste drückte. Und angerufen hatte mein Gufti also auch nicht. Ich unterbreche das Geschreie und frage meinen Gufti, ob er denn jemals belehrt worden sei, was er zu tun habe, wenn das Alarmscheißding losgeht? "Nein." Zweite Frage: Ob er denn jemals unterschrieben habe, dass er darüber belehrt worden sei, was er überhaupt als GUvD zu tun und zu lassen habe? "Nein."
"Dann fragen Sie doch mal den Genosse Oberleutnant, was er eigentlich von Ihnen will!"
Oberleutnant Grosch brüllt mich jetzt an. Was das denn werden soll wenn es fertig ist? ETWA Insubordination? "Das ist MEIN Gufti, der ist im ersten Diensthalbjahr und als derjenige, der länger dabei ist habe ich die Pflicht und also das Recht ihn in Fragen der Dienstvorschriften und der Disziplin zu unterstützen, Genosse Oberleutnant, das können Sie gerne in den allgemeinen Dienstvorschriften nachlesen. Sie schreien MEINEN Gufti in MEINEM Gang zu Unrecht an, weil er nie darüber belehrt wurde, was er zu tun hat! Ich übrigens auch nicht." (Ich wusste SEHR genau, dass der letzte Eintrag über eine Belehrung im Dienstbuch ca. 3 Jahre alt war...)
Folgen:
Der Stab der Artillerabteilung des 24. Mot. Schützenregiments der 4. Division der glorreichen Nationalen Volksarmee stand mit laufenden Motoren und 60 minütiger Verspätung an Alarmtor (weiter ging es nicht). Der Vorgang wurde vertuscht und ich (obwohl formal nie bestraft) niemals Gefreiter. Zwei Wochen lang wurden UvD und GUvD belehrt und "vergattert". Den Dienst als UvD stand ich natürlich weiterhin, was eigentlich nur "in Ausnahmefällen die besten Gefreiten" durften. Ich wurde, wann immer es ging, irgendwohin delegiert, was die (gewiss nicht beabsichtigte) Folge hatte, dass ich fast jedes Wochenende zu Hause war. Im Hinblick darauf, dass der Grundwehrdienst sowas wie "Knast ohne Urteil" war und viele nur 2 mal/Diensthalbjahr nach Hause kamen, im Ergebnis ein ungeheurer Vorteil. Auf die 30 Ostmark, die ein Gefreiter mehr bekam, konnte ich scheißen. Meinen letzten, mir formell zustehnden Urlaubstag habe ich übrigens in der Woche vor der Entlassung durchgesetzt: Von Montag 17:00 bis Mittwoch 07:00 Uhr. Donnerstag um 11:00 war Entlassung.
Aber das mit dem Urlaubstag ist eine ganz andere Geschichte.
Anonymous 0815