Felix Riesterer: Nachdenkliches zum Wochenende: Merry Last Christmas, Jack Dorsey (Mike Monteiro)

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Lieber Axel,

Aber selbst wenn es so wäre, dass tatsächlich eine qualifizierte Mehrheit es so sähe

was ist eine qualifizierte Mehrheit?

und ihre Meinung nicht ändern könnte,

Ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich eine Meinung hat, oder ob sie schlicht den bequemsten Weg geht, weil sie sich einfach keine oder wenigstens viel zu wenig Gedanken macht, was sie da tatsächlich tut und was es für Konsequenzen hat.

Um sein Handeln reflektieren zu können braucht es die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis, kombiniert mit einem Mindestmaß an Bildung. Dazu muss das jeweilige Individuum Anlass und Gelegenheit dazu haben. Offensichtlich trifft das auf "eine qualifizierte Mehrheit" nicht unbedingt zu.

dann wäre es halt so und wir müssten damit leben oder dann halt als Menschheit untergehen.

Richtig. So ist es (und war es anscheinend schon immer).

Denn wer soll denn die qualifizierte Mehrheit eines Besseren belehren?

Bildung. Deshalb ist sie so wichtig. Religion hatte einst diese Aufgabe, scheitert aber damit an unserem Wohlstand.

Tatsächlich Unternehmen, die sich das zum Unternehmensziel gestellt haben?

Unternehmen handeln gewinnorientiert. Das ist das einzige Ziel. Alles, was zu diesem Ziel führt, wird auch getan. Je mächtiger ein Unternehmen geworden ist, desto weniger Skrupel wird es an den Tag legen.

Unternehmen, die handeln wie Gott handeln würde?

Wie würde (Dein?) Gott handeln? Woher kennst Du die zugehörige Maxime?

Der Sozialismus-Versuch ist genau daran gescheitert, dass versucht wurde die Menschen umzuerziehen von einer Partei, die hätte handeln müssen, wie Gott gehandelt hätte.

Ich ahne was Du damit meinst. Der Sozialismus ist an der Natur des Menschen gescheitert. Er ging von einem anderen Menschenwesen aus, nämlich von einem rational handelnden. Und das gibt es nur in homöopathischen Mengen, nämlich genau dann, wenn die von mir weiter oben beschriebenen Voraussetzungen gegeben sind.

Das war mein Punkt:

Es kann einfach nicht Aufgabe von Twitter sein, die Äußerungen von Donald Trump zu bewerten und ggf. dann sogar zu korrigieren.

Richtig. Es ist Aufgabe von Twitter, Gewinne zu erzielen. Was das Trumpeltier twittert, bringt Aufmerksamkeit für die Plattform bzw. das soziale Netzwerk. Wieso sollte das Unternehmen mit den Inhalten irgendetwas anderes tun, als die üblichen Mechanismen auch dort wirken zu lassen, damit das Unternehmen weiterhin erfolgreich bleibt?

Im Gegenteil muss die Twitter Community schon mitbekommen, wenn Politiker Unsinn twittern, um dann eben entsprechend reagieren zu können, entweder direkt auf Twitter oder dann eben bei der nächsten Wahl.

Das sehe ich anders. "Die Twitter Community" besteht eben aus zumeist menschlichen Nutzern der Plattform. Sie ist eben jene Spezies "Mensch", die schon der Sozialismus missverstanden hat. Sie tut genau das, was man von ihr als Produkt erwartet. Ihre Empörung, ihr Exhibitionismus und ihre unreflektierte Ahnungslosigkeit beschert dem Unternehmen weiter Gewinne.

Twitter ist eben keine "human interaction company", sondern ein Forum zur Meinungsäußerung einer bestimmten Gruppe von Menschen, denen nämlich, die Twitter nutzen.

Das ist eine von Idealismus gefärbte Äußerung, keine auf nachprüfbaren Fakten beruhende.

Und diese Menschen müssen die Meinungsäußerungen dann schon selbst einordnen.

Wieso "Meinungsäußerungen"? Dort geht es doch in erster Linie um Selbstdarstellungen! "Meinungsäußerungen" ist eher ein Euphemismus oder Tarnbegriff für diese Inhalte. Twitter ist ein Beispiel für die vielen, deren zentrale Natur das "free"-Modell ist. Ich erwähnte schon die "Geiz ist geil"-Erwartungshaltung. Da hat Selbstreflektion und Bildung einfach einen zu hohen Kostenfaktor - auch und vor allem hinsichtlich Hirnschmalz, Disziplin und Zeit!

Liebe Grüße,

Felix Riesterer.