Lieber Rolf,
equality of outcome => autoritäres System
verstehe ich als Nichtlehrer gerade nicht, magst Du das erläutern?
auf welcher Grundlage wird hier entschieden, dass es bei allen Schülerinnen und Schülern (im Folgenden SuS) zu gleichen Ergebnissen (equality of outcome oder auch equity genannt) kommen muss? Wenn alle das Abitur geschenkt bekommen, weil man niemandem "die Zukunft verbauen" will, bedeutet das welches Weltbild oder Bild von der gewünschten Gesellschaft? Das ist eine sehr interessante Frage, die sich leider viel zu wenig Menschen stellen.
Wenn alle die gleiche Chance haben sollen (Chancengleichheit, englisch equality of opportunity), so ist das für das Gedeihen einer Gesellschaft sehr sinnvoll und nützlich, weil dann alle mit ihren Gaben / Talenten / Eignungen / Neigungen etc. das entwickeln und ausleben dürfen (keinesfalls müssen!), was ihnen liegt. Das kann naturgemäß aber nicht dazu führen, dass alle SuS ein Abitur erreichen, weil nicht alle dazu die notwendigen Fähigkeiten gleichermaßen haben. Bedeutet das, dass sie nicht die gleichen Chancen haben? Hier genau liegt nun der Hase im Pfeffer.
Was genau bedeutet Chancengleichheit (also equality of opportunity)? Es bedeutet, dass alle die Möglichkeit haben, z.B. ein Abitur anzustreben, nicht jedoch die Garantie, es auch zu erreichen. Diese Garantie wäre das andere Konzept, das der absoluten Gleichbehandlung (equality of outcome), das allen SuS ein Abitur schenkt. Welche Ideologie würde das fordern? Riecht das nicht ziemlich nach einer Variante von Marxismus, bei der ebenso die Güter (bei Marx die Produktionsanlagen, in der Bildung die Abschlüsse wie z.B. ein Abitur) gleichermaßen auf alle aufgeteilt werden?
Diese Denkweise sollte man daher postmodernen Neo-Marxismus nennen, weil das Gleichmachen (hier der SuS, über'm Teich geht es um Minderheiten aller Art) der Gleichmachung der Mitglieder einer Gesellschaft bei Marx entspricht. Bei Marx wird die Ausübung der Macht in Form von Unterdrückung der Machtlosen (Proletariat) durch die Inhaber von Produktionsmitteln und -stätten thematisiert, in einem postmodernen Neo-Marxismus wird auch mit Unterdrückern und Unterdrückten argumentiert, nur funktioniert es hier anhand von anderen Dingen, bei Tariks Lehrerin eben anhand von Abitur-haben versus nicht-Abitur-haben.
Wenn man in die Geschichte schaut und prüft, welche Ergebnisse die Anwendung marxistischer Ideen im großen Stil erbracht hat, ist man bei autoritären Systemen (UdSSR, China, Venezuela). Wollen wir das allen Ernstes auch für unser Bildungssystem? Oder ist Chancengleichheit doch nicht gleichbedeutend mit "alle haben Abitur"?
Liebe Grüße,
Felix Riesterer.