Hallo
Wenn jemand gern seine eigenen Inhalte veröffentlichen will, dann gibt es weiterhin die Möglichkeit, dafür eine eigene Website zu erstellen und diese dann bekannt zu machen. Ja, da muss man sich mit der Materie beschäftigen, aber eine einfache Website ist wahrlich kein Hexenwerk. Und wer da selbst erstellte Bilder, Videos und Texte veröffentlicht, wird wohl auch kaum Probleme mit dem Urheberrecht bekommen.
Das stimmt grundsätzlich, aber auch hier kommt es immer wieder mal zu Problemen. Bei Facebook wurde im letzten Jahr die Wiedergabe des Textes der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung gesperrt. Gut, es ging da um Gewaltverherrlichung und nicht um das Urheberrecht beziehungsweise Copyright, das mir fehlende Vertrauen in technische Lösungen zur Erkennung von Inhalten a.k.a. Uploadfilter steigert das dennoch nicht.
Letztens ging die Geschichte von einem Filmbeitrag einer NGO um, der von Youtube wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung gesperrt wurde, weil RTL einen Ausschnitt des Films für einen eigenen Beitrag benutzt und diesen wiederum beim Youtube-eigenen Uploadfilterdienst gemeldet hatte. Das war eine Frage des Urheberrechts.
Es kann also durchaus zu Problemen mit eigenem Content kommen. Dann hat man, auch wenn man schlussendlich Recht bekommen sollte, zusätzliche Arbeit. Die fehlende Sanktionierung von unrechtmäßig beanspruchtem Urheberrecht an $etwas macht die Sache nicht einfacher.
Mag sein, dass Artikel 13 auch zahlreiche Nachteile mit sich bringt, aber niemand kann abstreiten, dass es auf einigen (auch sehr bekannten) Plattformen Urheberrechtsverletzungen am laufenden Band gibt. Und in Eigenregie haben die Anbieter da in der Vergangenheit recht wenig gegen unternommen.
Mag sein, dass „die Anbieter“ bisher nicht mehr getan haben, als notwendig. Warum auch? Notwendig ist bisher, auf Meldungen von Rechtsverletzungen zu reagieren. Manche Anbieter, wie zum Beispiel Google mit Youtube, automatisieren die Prüfung, indem sie ihre eigenen Listen und Filter betreiben. Andere, kleinere Plattformen prüfen auf Zuruf händisch. Reagiert ein Plattformbetreiber welcher Größe auch immer in angemessener Zeit auf Meldungen zu dennoch durchgekommenen unrechtmäßig veröffentlichten Inhalten, ist alles gut, wenn nicht, geht's vor Gericht. Es gibt also schon jetzt durchsetzbares Recht.
Zukünftig haftet der Plattformbetreiber ab der Veröffentlichung von $etwas nach dem erfolgten Upload. Entweder er hat eine Lizenz oder er hat die Veröffentlichung zu unterbinden. Bis auf die allergrößten Plattformen wird niemand für alle möglichen urheberrechtlich geschützten Werke Lizenzen abschließen können. Also heißt es mit den Filtern der in der Debatte um die Urheberrechtsreform so viel geschmähten und gescholtenen großen US-Konzerne zu filtern – denn niemand anderes ist (momentan?) in der Lage, solche Filter bereitzustellen – oder Uploadfunktionen abzuschalten beziehungsweise Dienste einzustellen.
Von der Reform profitieren werden also genau die großen Konzerne, deren Marktmacht von den Befürwortern der Reform öffentlichkeitswirksam, aber offensichtlich nur vorgeblich bekämpft werden soll. Kleine Anbieter müssen sich diesen Konzernen ausliefern oder zumachen. Danke für nichts.
Und gerade dort, wo man anonym ist, dann einfach Musik, Bilder und Videos hochzuladen, deren Urheber- oder Nutzungsrechte man nicht besitzt, finde ich überhaupt nicht ok. Und auf keinen Fall verstehe ich dies unter Freiheit im Internet o.ä. Sollen die Anbieter doch Massnahmen einführen, dass man zumindest bei der Registrierung die Identität der User überprüft. Dann können sie bei Verstössen auch ganz einfach die Verursacher feststellen und dafür haftbar machen.
Der Plattformbetreiber ist der, der zukünftig von vornherein haftet. Klar, der kann sich im Nachhinein am eigentlichen Rechtsverletzer schadlos halten, wenn er den, wie durch die von dir vorgeschlagenen Maßnahmen durchaus möglich, identifizieren kann. Die Frage ist nur, wer sich das leisten können wird.
Ja, der Vorschlag wird jetzt den Meisten überhaupt nicht passen, aber dann würden - wie überraschend - die Urheberrechtsverletzungen sich deutlich reduzieren. Und genau deswegen gibt es jetzt Artikel 13.
Ich halte gerade diesen Artikel nicht dafür geeignet, Maßnahmen, wie die von dir vorgeschlagene Identifizierbarkeit, zu erzwingen. Was konkret getan werden kann und muss, wird ja eh erst mit der Umsetzung in nationales Recht klar werden. Die hat binnen der nächsten zwei Jahre zu erfolgen. Wirken wir darauf ein, die Rechteverwerter werden es auch tun.
Tschö, Auge
Ein echtes Alchimistenlabor musste voll mit Glasgefäßen sein, die so aussahen, als wären sie beim öffentlichen Schluckaufwettbewerb der Glasbläsergilde entstanden.
Hohle Köpfe von Terry Pratchett