Erbsensuppe: Füsik am WE - Fahrstuhl zum Schafott... äh, Himmel

Die wollen ja einen Himmelsfahrstuhl bauen. Dazu wird ein Seil zwischen einem geostationär kreisenden Asteroiden und der Erde gespannt. An diesem können dann Gondeln hochfahren. So weit so gut, wenn man gerade einen Asteroiden zur Hand hat. 😉

Aber spart das erstens Energie und ist das technisch wohlüberlegt? Ich denke mir nämlich: je höher die Gondel steigt, desto größer muss ihre Kreisbahngeschwindigkeit werden. Da wird sie doch irgendwie gegen die Trägheit anarbeiten müssen und dafür ähnliche Energie benötigen, die eine Rakete für diese Beschleunigung braucht. Außerdem wird sie in Gegenrichtung einen gehörigen Druck auf das Seil ausüben (die erwähnte Trägheit), das dann vielleicht aussieht, wie die gespannte Sehne eines Flitzebogens. Oder?

  1. Hallo,

    Die wollen ja einen Himmelsfahrstuhl bauen. Dazu wird ein Seil zwischen einem geostationär kreisenden Asteroiden und der Erde gespannt. An diesem können dann Gondeln hochfahren.

    die Idee ist nicht neu. Darüber habe ich als Jugendlicher in den 80er Jahren schon gelesen. Damals war aber eines der noch unlösbaren Probleme die Reißfestigkeit des Seils. In dem Artikel, den ich seinerzeit gelesen habe, ging man von einem Stahlseil aus. Das würde dann aber unter seinem eigenen Gewicht reißen. Von den entstehenden Querkräften, die du im Folgendne andeutest, ganz zu schweigen.

    So weit so gut, wenn man gerade einen Asteroiden zur Hand hat. 😉

    Vor allem einen geostationären.

    Aber spart das erstens Energie und ist das technisch wohlüberlegt? Ich denke mir nämlich: je höher die Gondel steigt, desto größer muss ihre Kreisbahngeschwindigkeit werden. Da wird sie doch irgendwie gegen die Trägheit anarbeiten müssen und dafür ähnliche Energie benötigen, die eine Rakete für diese Beschleunigung braucht. Außerdem wird sie in Gegenrichtung einen gehörigen Druck auf das Seil ausüben (die erwähnte Trägheit), das dann vielleicht aussieht, wie die gespannte Sehne eines Flitzebogens. Oder?

    Ich vermute, der Ansatz geht von einigen idealisierungen aus. Zum Beispiel, dass die Masse der Gondel vernachlässigbar klein gegenüber der des Asteroiden ist, und dass das Seil keinerlei Dehnvermögen hat. Dann würde die Massenträgheit des Asteroiden die nahezu masselose Gondel beim Aufstieg nach und nach beschleunigen.

    Ich würde das ganze Konzept noch irgendwo im Bereich Gedankenexperiment ansiedeln.

    Einen schönen Tag noch
     Martin

    --
    Im Englischen hat eine Katze neun Leben. Im Deutschen vielleicht auch, aber nach Abzug der Steuern bleiben nur noch sieben übrig.
  2. Hello Erbsensuppe,

    da haben wir die Suppe!
    Ich lache mich auch jedes Mal darüber krank.

    Actio = Reactio.

    Aber hier zählt wohl eher:
    "Je größer der Unsinn => desto mehr Aktien".

    Und Herr Coriolis lässt auch schön grüßen.

    Ein geostationäres Gegengewicht für den Fahrstuhl müsste weit außerhalb der stationären Umlaufbahn um die Erde kreisen und vermutlich auch ständig angetrieben werden, damit es ein Gleichgewicht zwischen Corioliskraft, Seilgewicht (sofern es eines jemals geben könnte), Zentrifugalkraft (bzw. Massenanziehungskräfte) und Nutzlastkräften halten könnte.

    Glück Auf
    Tom vom Berg

    --
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    S☼nnige Grüße aus dem Oberharz
  3. Hallo,

    Wer sind denn „Die“? Kann jemand mal den Frank fragen? Der sollte es ja wissen…

    Gruß
    Kalk

    1. Hallo Tabellenkalk,

      wenn der es nicht weiß, dann vielleicht der Arthur. Das Buch hab ich schon gelesen, da hat der Frank von Tod und Teufel noch nicht mal geträumt 😉

      Rolf

      --
      sumpsi - posui - obstruxi
    2. Vielleicht sinds die selben die einen schwebenden Wolkenkratzer bauen wollen.
      Hab ich vor einiger Zeit irgendwo gelesen.

      Genaueres weiß ich spontan nicht mehr, war aber ziemlich abgedreht. Vermutlich war es nur eine Studie die herausfand dass es irgendwie möglich wäre.

  4. Hallo Erbsensuppe,

    der Asteroid muss so schwer sein, oder so weit außerhalb, dass die von ihm ausgeübte Zentrifugalkraft ausreichend hoch ist, dass er das Seil und die Nutzlasten tragen kann.

    Das Problem, dass die bekannten Materialien eine Reißlänge von weit unter 36000km haben, ist ungelöst und deshalb sind Space Lifts auf absehbare Zeit Science Fiction.

    Einen Gewinn zieht man aus dem Space Lift dann, wenn die daran befindliche Kabine nicht ihren eigenen Energieträger mitführen muss. Das ist bei Raketen das Hauptproblem: ihre Nutzlast ist im Vergleich zu dem Treibstoff, den sie mitnehmen müssen, viel zu gering.

    Richtigen Nutzen erhält man, wenn man außer dem Standseil auch noch ein Fahrseil hat, so dass das Gewicht einer absteigenden Gondel das Gewicht einer aufsteigenden Gondel ausgleichen kann.

    Man muss ja für viele Weltraumprojekte auch gar nicht bis auf 36000km hochfahren. Die schnellsten kommerziellen Räderfahrzeuge (Shinkansen, TGV, CRH, ICE & Co) fahren Regelgeschwindigkeiten von 350km/h, ich glaube nicht, dass man viel schneller mit einer Kabine an einem Seil hochfahren kann, und das bedeutet, dass man über 100 Stunden fahren muss, um im geostationären Orbit anzukommen.

    Auf ISS Level (400km) ist man dagegen auch bei mäßigerer Geschwindigkeit in wenigen Stunden. Dort hat man immer noch seine Winkelgeschwindigkeit von 15°/h, das sind 72{,}7µrad pro Sekunde. Bei einem Bahnradius von 6766km ist das eine Tangentialgeschwindigkeit von $$v=\omega r \approx $$ 490m/s. Auf Bodenniveau (r=6366km) sind es so etwa 463m/s. Man muss also bei diesem Hub seine Tangentialgeschwindigkeit nur um 27m/s oder 97,2km/h erhöhen, was bei einer Fahrtdauer von 2 Stunden eine Beschleunigung von 400µg (Mikro-g) bedeutet. Bei einer Kabine, die 100t wiegt, sind das ca 38 Newton ($$F=m\cdot a$$, m=100000kg) oder 4kg - das sollte einem Seil, das einen Asteroiden tragen kann, nur ein müdes Summen entlocken.

    Aber hat uns das jetzt was genützt?

    Wer jetzt in die ISS umsteigen will, merkt ziemlich schnell, dass die ISS nicht auf ihn wartet. Die hat nämlich, damit sie oben bleibt, eine Umlaufgeschwindigkeit von 7673m/s, wovon unserem Aufzug auf dieser Höhe die Kleinigkeit von etwas über 7km/s fehlt. Nun gut, das kann man ja lösen, indem man nicht auf 400km hochfährt, sondern bspw. auf 600km. Oh. v=502m/s. Auf 2000km hoch? 608m/s. Aber wenn man von dort startet, hat man ein bisschen Zeit zum Gas geben, bevor man sich unangespitzt in den Boden bohrt. Ich weiß jetzt nicht, wie man das rechnet, aber es könnte sein, dass man aus dieser Höhe schnell genug Umlaufgeschwindigkeit erreicht, dass einem die Fallbeschleunigung hilft und man sie nicht abfangen muss. Andernfalls wäre es arg dumm, höher zu fahren.

    Schauen wir mal, was der ISS-Shuttle damit an Energie spart.

    Task 1: Beschleunigen von 100 Tonnen Nutzlast um 7200m/s: Kinetische Energie ist $$E_K=\frac{1}{2}mv^2 = 50000\mathrm{kg} \cdot 7200^2\frac{\mathrm{m}^2}{\mathrm{s}^2} \approx 2600\mathrm{GJ}$$. Ja. GJ. GIGA-Joule.

    Task 2: Heben von 100 Tonnen Nutzlast um 400km im irdischen Gravitationsfeld (dessen Stärke in 400km Höhe kaum abnimmt): Potenzielle Energie ist $$E_P=mgh = 100000\mathrm{kg} \cdot 9{,}81\frac{\mathrm m}{\mathrm s^2} \cdot 400000m \approx 392\mathrm{GJ}$$.

    Wobei ich jetzt nicht weiß, ob die Fliehkraft, die man beim Beschleunigen in Tangentialrichtung erfährt, den Energiebedarf für's Heben reduziert.

    Erkenntnis: Die Energie, die man für das Erreichen der Bahngeschwindigkeit braucht, ist mehr als das sechsfache der Energie, die man für das Erreichen der Flughöhe braucht. Heißt: Man muss immer noch verdammt viel Treibstoff mitnehmen. Und den muss man auch noch hochkarren und dann quer beschleunigen. Ziolkowski lässt grüßen, ich winke von ferne zurück…

    Fazit: für Fahrten zum Low Earth Orbit bringt der Lift eher nichts. Um zum Mond oder Mars zu fliegen ist er dagegen ganz praktisch, sofern man es schafft, die Kabine über's Seil mit Strom zu versorgen.

    Aber, pfft, Material mit der siebfachen Reißlänge von Graphen, das ist doch ein Klacks. Und eine HGÜ-Leitung über 36000km, das kriegen wir auch hin. Man könnte der Gondel die Energie ja auch per Laser hinterherschießen. Kein Witz, hab ich als Vorschlag schon gelesen. Und passende Asteroiden fliegen ja auch regelmäßig vorbei. Bruce Willis kriegt das schon hin, einen einzufangen 🤣

    Rolf

    --
    sumpsi - posui - obstruxi
    1. Hallo Rolf,

      Aber, pfft, Material mit der siebfachen Reißlänge von Graphen, das ist doch ein Klacks. Und eine HGÜ-Leitung über 36000km, das kriegen wir auch hin. Man könnte der Gondel die Energie ja auch per Laser hinterherschießen. Kein Witz, hab ich als Vorschlag schon gelesen.

      in der EMV-Messtechnik, wo die Messeinrichtung die elektromagnetische Umgebung möglichst wenig stören soll, ist das der letzte Schrei: Sonden zum Messen der elektrischen Feldstärke, die keine elektrische Verbindung haben. Nur einen LWL, über den die Sonde ihre Messwerte zur Basisstation sendet und gleichzeitig in der Gegenrichtung von der Basisstation über einen Laser mit Energie versorgt wird.

      Keine elektrische Leitung, kein Akku, der immer im dämlichsten Moment leer ist.

      Und passende Asteroiden fliegen ja auch regelmäßig vorbei. Bruce Willis kriegt das schon hin, einen einzufangen 🤣

      Ich glaube, der hat damit zunehmend Mühe. Hat der nicht Parkinson?

      Einen schönen Tag noch
       Martin

      --
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    2. Hello,

      Das Problem, dass die bekannten Materialien eine Reißlänge von weit unter 36000km haben, ist ungelöst und deshalb sind Space Lifts auf absehbare Zeit Science Fiction.

      Da hilft nur das Entlanggleiten an einem Laser-/Plasmastrahl.

      Einen Gewinn zieht man aus dem Space Lift dann, wenn die daran befindliche Kabine nicht ihren eigenen Energieträger mitführen muss. Das ist bei Raketen das Hauptproblem: ihre Nutzlast ist im Vergleich zu dem Treibstoff, den sie mitnehmen müssen, viel zu gering.

      Richtigen Nutzen erhält man, wenn man außer dem Standseil auch noch ein Fahrseil hat, so dass das Gewicht einer absteigenden Gondel das Gewicht einer aufsteigenden Gondel ausgleichen kann.

      Ab welcher Position auf der Reise zählt dann welche Gravitationskraft?
      Die Gondel wechselt doch irgenwann auf der Strecke den Gravitationapartner.

      --
      Es gibt soviel Sonne, nutzen wir sie.
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      S☼nnige Grüße aus dem Oberharz

      1. Hallo Tom,

        Da hilft nur das Entlanggleiten an einem Laser-/Plasmastrahl.

        der ist gut zum Orientieren, bietet aber keine Möglichkeit des Abstützens, so dass man sich mechanisch daran hochziehen könnte.

        Ab welcher Position auf der Reise zählt dann welche Gravitationskraft?
        Die Gondel wechselt doch irgenwann auf der Strecke den Gravitationapartner.

        Ja, das ist ein kontinuierlicher Übergang. Die von der Erde gefühlte Gravitation nimmt stetig ab, irgendwo auf der Reise gibt es einen Punkt der Schwerelosigkeit, im weiteren Verlauf nimmt dann die Gravitation durch den Asteroiden zu.

        Einen schönen Tag noch
         Martin

        --
        Im Englischen hat eine Katze neun Leben. Im Deutschen vielleicht auch, aber nach Abzug der Steuern bleiben nur noch sieben übrig.
      2. Hallo TS,

        Die Gondel wechselt doch irgenwann auf der Strecke den Gravitationspartner.

        Welcher soll das denn sein? Der Lagrange-Punkt 1 von Erde und Mond ist 326 000km von der Erde weg (58 000km vom Mondmittelpunkt), der L₁ von Erde und Sonne mehr als viereinhalbmal so weit.

        Unser weltraumtauglicher Lufthaken bleibt da deutlich drunter. Wäre das anders, käme der Weltraumlift beim Unterfliegen des Mondes in gravierende Schwierigkeiten.

        Ok, jetzt lese ich, was Martin schrub. Ich verstehte Dich falsch. Ich würde annehmen, dass der L₁ von Erde und Asteroid noch innerhalb des Asteroiden liegt. Andernfalls wäre der Asteroid unpraktisch groß.

        Update: Nachgerechnet. Nehmen wir an, unser Lufthaken würde 50000km Bahnhöhe haben (ist vermutlich schon viel zu viel). Bei r=56366km macht das eine irdische Rest-Fallbeschleunigung von 0,12m/s². Nehmen wir an, wir verwenden ein 100km-Trümmer als Lufthaken. Wenn er die gleiche Dichte wie die Erde hat (5,5g/cm³), komme ich auf schlanke 2,880×10¹⁸ kg Gewicht. Die Erde wiegt allerdings das Zweimillionenfache davon. Und die Fallbeschleunigung unseres Weltraumsteinchens im Abstand von 50km beträgt 0,077m/s², ist also kleiner als die der Erde. Also: ich hatte Recht, der L₁ Erde-Lufthaken steckt im Lufthaken drin. Bei einem 200km durchmessenden Lufthaken würde der L₁ so laaangsam seiner Oberfläche näher kommen. Aber auch schon ein 10km Kieselchen herbei zu bugsieren dürfte schon eine ordentliche Challenge sein.

        Nachrechnen erwünscht 😉

        Rolf

        --
        sumpsi - posui - obstruxi
      3. Hallo,

        Ab welcher Position auf der Reise zählt dann welche Gravitationskraft?
        Die Gondel wechselt doch irgenwann auf der Strecke den Gravitationapartner.

        Nö. Da wird nix gewechselt und es wirken nicht nur Erde und Astroid, sondern auch Mond und Sonne.

        Grade der Mond, der uns mit dem Tidenhub sehr stark beeinflusst, sollte in diesem System nicht vernachlässigt werden!

        Gruß
        Kalk

  5. Es gibt zum Thema einen Podcast von "Weltraumwagner". Das Thema scheint wieder aktuell zu sein.