Hi Insomnius,
Du sprichst viele verschiedene Punkte an, zu denen ich einfach mal meinen Senf als früherer Konzertveranstalter und immer noch Musiker abgeben möchte.
So wie ich den Tenor aufgefasst habe, meint der Autor, dass die Musiker, die von der Musikindustrie geknebelt werden (...)
Das ist schon mal so nicht richtig. Die Musik_industrie_ kebelt nicht wirklich. Wer knebelt, sind windige Agenten, die versprechen, die Künstler bei der Industrie unterzubringen. Da werden schon mal die Lebensrechte am Werk eingefordert nebst einigen tausend Mark, und das einzige Ergebnis ist eine CD, die man mit dem selben Effekt und ohne Knebelung für das selbe Geld hätte selbst produzieren können.
Das Geld rückt in dem Text in den Hintergrund und die Aufmerksamkeit tritt als neue Währung der heutigen Zeit an seine Stelle.
Das ist eigentlich nichts Neues. Immer schon gilt in der Branche: wer Aufmerksamkeit erregen kann, verdient auch ausreichend Geld. Anders: wer Aufmerksamkeit erregt, hat einen gewissen Bekanntheitsgrad, was Konzerte und damit Geld zur Folge hat.
"Er braucht nichts weiter als die Aufmerksamkeit der Fans und die Fans können ihre Aufmerksamkeit dem Star dadurch erweisen, dass sie ihm alle seine Wünsche erfüllen. (...)
Da kriegt die Sache Schieflage: wir sollten doch weiterhin Musiker von Star unterscheiden. Ein Star könnte sowas wirklich tun. Aber wie Du richtig sagst - wieviel Stars gibt's denn, die sowas tun könnten? Sehr wenige.
Wahrscheinlich aber gibt es doch eine gute Million Musiker und Musikerinnen, die in diesem Zeitraum ihr Glück versucht haben. Viele haben es einfach nicht geschafft in der Gunst der Hörer zu landen. Die Musikindustrie musste aber alle (oder zumindest den Grossteil) finanzieren, um dann am Ende 100 Superstars unter Vertrag zu haben.
Und das ist grandios falsch, auch wenn es immer wieder behauptet wird. Die Stars, die in den letzten sagenwirmal fünf Jahren aufgebaut wurden, kamen in der Regel _nicht_ aus der Masse der erfolglosen Musiker. Vielmehr handelt es sich um Produkte, die unter Massgabe von Verkaufschancen von der Industrie erstellt wurden. Dazu bedurfte es nicht der Million guter Musiker. Nur des Geldes, dass durch dieses "Kleinvieh" eingefahren wurde.
Vor einiger Zeit gab es eine Werbekamagne des Inhaltes, dass soundsoviele Raubkopien es der Industrie verunmöglichen würden, Stars wie Modern Talking oder Echt aufzubauen. Sollte man angesichts dieser Argumentation nicht eher dazu übergehen, massenhaft CDs uz kopieren, um genau _das_ zu verhindern? *fg*
Die Musikindustrie benötigt also grosse Summen, um neue Musiker derartig zu pushen, dass sie täglich, ja stündlich im Radio laufen und wir sie kaufen, benötigt also das Geld um uns mit neuer Musik zu versorgen.
Die arme Industrie! Wenn denn die komplette Industrie kein Geld mehr für das Pushen von Musikern aufwenden würde, was sollten die armen Radiostationen denn sonst spielen? Na? Na klar: sie würden weiterhin Musik spielen. Nur halt "gute", nicht "gepushte". Und was würden wir tun? Wir würden es trotzdem kaufen. Im Ernst: Payola ist nicht tot, nur regt sich keiner mehr drüber auf, und das ist der Fehler.
Die Musiker selbst, die das Geld ja angeblich nicht wollen (...), sollen sie nun auch keines mehr sehen und Napster schafft die Bühne für den neuen Gewinn, die Aufmerksamkeit.
Na klar, was willst Du denn mit Deiner Musik anfangen, wenn Du weisst, dass Du kein vermarktbares Mainstream-Produkt bist? Du willst halt, dass sie gehört wird. Bloss leider wird bei Naspster & co. "unbekannte" Musik auch nicht gefördert, hauptsächlich wird ja doch nur Charts-Material gezogen. So gesehen bringt also Napster eigentlich keinem Musiker etwas.
Ich muss sagen, ich habe _noch nie_ einen Menschen sagen hören, dass er für das Geld arbeitet,
Dann bin ich der Erste. Zwänge man mich nicht mit Geld, würde ich morgen früh bestimmt nicht aufstehen und in die Firma schwanken.
Selbst ShareWare gibt es doch nur, weil der Programmierer nicht programmiert, "weil er es kann", sondern, weil er hofft, endeckt zu werden.
Guter Vergleich! Was die Musiker brauchen, ist _nicht_ Napster mit seinen rechtlich mehr als zweifelhaften Raubkopien, sondern eine Shareware-Musikbörse.
Sie werden also in Kürze mit blutigen Ellbogen an der Tür von Napster stehen und fragen, ob noch Platz ist?
Ne, werden sie aus o.g. Gründen nicht. Denn Napster schädigt wirklich kommerziell erfolgreiche Musiker und bringt unbekannten Musikern wenig bis nichts.
Steven King geht schliesslich mit gutem Beispiel voran (...)
Ähnliche Konzepte gibt es durchaus in der Musik auch. Aber noch nicht so konsequent.
Kein Mensch würde ein Buch von einem unbekannten Verfasser kaufen, noch nicht einmal umsonst lesen (...)
Genau, und keiner hört freiwillig Musik von unbekannten Bands, außer ein paar Verrückten wie ich. Außer wenn Du die Wahl hast, den selben langweiligen Mist wie im Radio für viel Geld uz hören, oder interessante unbekannte Sachen für lau. Und wenn Du ne Band entdeckt hast, die Du geil findest, zahlst Du auch dafür.
Wenn der Star genauso viel verdient, wie der Plazanweiser, kommt unweigerlich der Tag an dem er sagt, er möchte heute die Plätze anweisen und der Platzanweiser kann singen.
Da kennst Du aber uns profilierungssüchtige Musiker verdammt schlecht! Und weißt nicht, wie wenig Musiker wirklich verdienen. _Jeder_ ernsthafte Musiker wäre mit dem Gehalt eines Platzanweisers völlig zufrieden und würde nie mit ihm tauschen wollen.
Grüße und <g>schlaf gut</g>,
Utz