Aloha!
Ich denke, Du gehst mit mir konform, daßdie Gesellschaft ab dem Augenblick Deiner Geburt Ressourcen für Dich bereithält, und das Du diese Resoucen auch nutzt (Infrastruktur, Kindergarten, Schule etc.) und daß Du aufgrund des von vorigen Generationen geleisteten es natürlich vermittels Steuer nicht schaffst das Ganze zu refinanzieren.
Ok, die Infrastruktur ist da - das ist eine Gesellschaftsleistung. Allerdings muss das sehr wohl durch Steuern voll refinanziert werden können - das ist elementare Grundlage des Finanzsystems. Dass dennoch jedes Jahr Neuverschuldung stattfindet, ist nicht meine Schuld - und das wird sich in der Zukunft gewaltig ändern müssen, sonst ist der Staat irgendwann pleite.
Es ist also wahr, dass wir derzeit, ob gewollt oder nicht, auf Pump leben. Es ist IMO nicht wahr, dass wir über unsere Steuern hinaus weitere Verpflichtungen dem Staat gegenüber haben, weil irgendwelche Kosten nicht gedeckt sind.
Die Diskussion um eine Dienstpflicht muss sich nicht darum drehen, ob dadurch dem Staat noch irgendetwas zusätzlich zurückgezahlt wird (das wird es IMO nicht, sondern es kostet nur), sondern ob der Staat, ob wir als Gemeinschaft eine Dienstpflicht haben wollen oder nicht. Und dann ist darüber zu reden, wie diese Dienstpflicht gestaltet sein soll.
Dass man dabei möglicherweise bei bestimmten Diensten zu anderen Begründungen des Sinns kommt und neue Prioritäten setzt, kann gerne geschehen.
Ich sehe, Du siehst nur zwei der drei Säulen, die die "Wehrpflicht" derzeit hat. [...] Mittlerweile ist es aber, aufgrund des geringeren Personalbedarfs der Bundeswehr so, daß innerhalb eines Jahrgangs Ungerechtigkeiten bestehen. [...] Diese Ungleichbehandlung wird in den nächsten Jahren eventuell sogar hochkochen, da sich hieraus ja eine Benachteiligung für all die ergibt, die eine Gewissensentscheidung treffen oder sich im Katastrophenschutz engahieren.
Tritt dafür ein, die Dienstpflicht neu zu regeln. Wenn der Dienst an der Waffe nicht mehr Grundlage des gesamten Systems ist, dem man durch Gewissensentscheid "entgehen" kann, sondern eine allgemeine Verpflichtung zu einem staatlichen Dienst besteht, und die Bundeswehr aus dem zur Verfügung stehenden Kontingent einen Teil abzweigt, der Rest sich zwischen Zivil- und Katastrophenschutzdienst entscheiden kann, sollte die Ungerechtigkeit doch behoben sein.
Allerdings verfestigst du natürlich damit einen Sektor, der einer dringenden Reform bedarf. Zivildienstleistende sind derzeit ein ziemlich unverzichtbarer Faktor im Gesundheitswesen. Dabei sind sie im Prinzip so gut wie gar nicht qualifiziert - und ebenso wie alle anderen Arbeitnehmer in diesem Bereich unterbezahlt.
Reformiere grundlegend das Gesundheitswesen, und der Zwang zur Einziehung von Zivis wird entfallen. Damit dann der Zwang, an der Wehrpflicht festzuhalten. Und es wird Platz und Geld frei für andere Ideen. Was ist beispielsweise mit den vier Millionen Arbeitslosen? Könnten die nicht, da sie ohnehin vom Staat bezahlt werden, irgendwie sinnvoll eingesetzt werden für gemeinschaftliche Dienste?
Ähm, ich frage mich wirklich, was das denn bedeuten soll?
"Ohne wirtschaftliche Notwendigkeit" arbeiten - ist das etwa verwerflich? Tut mir leid, aber da kann ich nun überhaupt nicht übereinstimmen. Jeder soll tun und lassen, was er für richtig hält - auch arbeiten.
In meinen Augen ist es dann kritisch zu bewerten, wenn dadurch jemand anders, der Arbeiten will und muß, um seine Familie zu ernähren, keine Arbeit findet.
Ich widerspreche absolut. Wenn du Arbeit nach Bedürftigkeit vergeben wolltest, würde das unseren Staat so ziemlich auf den Kopf stellen. Die nächste Stufe wäre dann, dass zu hohe Gehälter angeprangert werden ("Man kann doch schließlich nicht einem Single 100.000 EUR im Jahr in den Arsch pusten, wo der Familienvater nur ein Drittel verdient!") und umverteilt werden sollen. Dann wird bei der Jobvergabe auf das vorhandene Vermögen geschaut (Reiche kriegen einfach keinen Job, weil sie es wirtschaftlich nicht "nötig haben"). Und so weiter, und so fort...
Abgesehen davon halte ich Arbeit für ein Menschenrecht. Es darf niemandem verwehrt werden, einen Job auszuführen - erst recht nicht aus wirtschaftlichen Gründen. Dass diese Auffassung natürlich im Gegensatz zur real existierenden Arbeitslosigkeit steht, ist mir klar. Aber wer arbeiten will, muss es dürfen - ohne Ansehen der Person oder ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse.
- Sven Rautenberg