Hallo Sven,
Ich denke, Du gehst mit mir konform, daß die Gesellschaft ab dem Augenblick Deiner Geburt Ressourcen für Dich bereithält, und das Du diese Resoucen auch nutzt (Infrastruktur, Kindergarten, Schule etc.) und daß Du aufgrund des von vorigen Generationen geleisteten es natürlich vermittels Steuer nicht schaffst das Ganze zu refinanzieren.
Ok, die Infrastruktur ist da - das ist eine Gesellschaftsleistung. Allerdings muss das sehr wohl durch Steuern voll refinanziert werden können - das ist elementare Grundlage des Finanzsystems. Dass dennoch jedes Jahr Neuverschuldung stattfindet, ist nicht meine Schuld - und das wird sich in der Zukunft gewaltig ändern müssen, sonst ist der Staat irgendwann pleite.
OK, und was ist mit den ehrenamtlichen Leistungen, die andere der Gesellschaft stellen und die auch Deine Bedürfnisse abdecken (z.B. der Dienst der FFW's, Kat-Schützer etc.). Ist es nicht so, daß man als Teil der Gesellschaft auch denen gegenüber, die ehrenamtlich einen Dienst leisten eine gewisse "Schuld" hat, die man durch Arbeit für das Gemeinwesen einlösen sollte. Das ist jetzt abgehoben von den finanziellen Aspekten.
Es ist also wahr, dass wir derzeit, ob gewollt oder nicht, auf Pump leben. Es ist IMO nicht wahr, dass wir über unsere Steuern hinaus weitere Verpflichtungen dem Staat gegenüber haben, weil irgendwelche Kosten nicht gedeckt sind.
Es geht hierbei nicht um die Verpflichtung gegenüber dem Staat, sondern um die moralische Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft der Bürger dieses Staates. Sollte diese Gemeinschaft nicht auch unterstützt werden? Wohin würde es führen, wenn sich keiner mehr für den anderen einsetzt?
Die Diskussion um eine Dienstpflicht muss sich nicht darum drehen, ob dadurch dem Staat noch irgendetwas zusätzlich zurückgezahlt wird (das wird es IMO nicht, sondern es kostet nur), sondern ob der Staat, ob wir als Gemeinschaft eine Dienstpflicht haben wollen oder nicht. Und dann ist darüber zu reden, wie diese Dienstpflicht gestaltet sein soll.
Wobei nicht das haben wollen wichtig sein sollte, sondern das brauchen. Wenn Du nämlich eine Umfrage stellst unter dem Aspekt "haben wollen" schwingt bei vielen der Impetus "auch etwas dafür tun" mit und das Ergebnis wird sein "Pflicht wollen wir nicht", fragst Du aber nach dem brauchen, dann werden viel mehr sagen, wir brauchen so etwas und auch eventuell in die Konsequenzen einsichtiger sein.
Dass man dabei möglicherweise bei bestimmten Diensten zu anderen Begründungen des Sinns kommt und neue Prioritäten setzt, kann gerne geschehen.
Full ACK.
Ich sehe, Du siehst nur zwei der drei Säulen, die die "Wehrpflicht" derzeit hat. [...] Mittlerweile ist es aber, aufgrund des geringeren Personalbedarfs der Bundeswehr so, daß innerhalb eines Jahrgangs Ungerechtigkeiten bestehen. [...] Diese Ungleichbehandlung wird in den nächsten Jahren eventuell sogar hochkochen, da sich hieraus ja eine Benachteiligung für all die ergibt, die eine Gewissensentscheidung treffen oder sich im Katastrophenschutz engahieren.
Tritt dafür ein, die Dienstpflicht neu zu regeln. Wenn der Dienst an der Waffe nicht mehr Grundlage des gesamten Systems ist, dem man durch Gewissensentscheid "entgehen" kann, sondern eine allgemeine Verpflichtung zu einem staatlichen Dienst besteht, und die Bundeswehr aus dem zur Verfügung stehenden Kontingent einen Teil abzweigt, der Rest sich zwischen Zivil- und Katastrophenschutzdienst entscheiden kann, sollte die Ungerechtigkeit doch behoben sein.
Das wäre sowieso in meinen Agen das beste, wobei natürlich eine Komponente hinzugefügt werden muß(!), die dafür sorgt, daß auch jeder, der meint sich durch Nichtentscheid total verweigern zu können, dann zugewiesen werden kann und daß auch wirklich alle, die in der Lage sind einen der Dienste zu versehen diesen auch versehen und sich nicht drücken können (z.B. sie entscheiden sich für einen überlaufenen Bereich, um dadurch dem Dienst zu entgehen).
Dabei sind sie im Prinzip so gut wie gar nicht qualifiziert -
Für die Qualifizierung ist die übernehmende Dienststelle zuständig. Und im Rettungsdienst werden die ZIVIs definitiv, bevor sie eingesetzt werden für die Aufgabe sehr gut ausgebildet (Rettungssanitäter).
und ebenso wie alle anderen Arbeitnehmer in diesem Bereich unterbezahlt.
Die Bezahlung entspricht dem Sold eines Wehrpflichtigen. Wenn ich also sage, daß der ZIVI unterbezahlt ist, dann ist der Wehrpflichtige auch unterbezahlt.
Reformiere grundlegend das Gesundheitswesen, und der Zwang zur Einziehung von Zivis wird entfallen.
Ich würde den Dienst des ZIVI nicht nur auf das Gesundheitswesen reduzieren. Heuitzutage findest Du ZIVI in wesentlich mehr Bereichen. Es gibt ZIVIs in der Jugendarbeit, in der Umweltarbeit, in der Sozialarbeit usw., wenn Du wirklich mal alle Bereiche erfasst, wirst Du sicher über die Breite des Spektrums erstaunt sein.
Damit dann der Zwang, an der Wehrpflicht festzuhalten. Und es wird Platz und Geld frei für andere Ideen.
Das mit dem Platz könnte unter Umständen stimmen, mit dem Geld, das halte ich eher für fragwürdig, die Erfahrung, die jemand als ZIVI sammeln kann ist aber, denke ich auch ein Wert, der denjenigen eventuell sogar in der Wahl seines Lebensweges beeinflußt.
Was ist beispielsweise mit den vier Millionen Arbeitslosen?
Hier wäre es mal interessant die Altersstruktur und die Ausbildungsstruktur zu betrachten. Ich vermute mal, daß von den vier Millionen ein extrem großer Teil herausfallen aus Alters- oder Vorbildungsgründen.
Könnten die nicht, da sie ohnehin vom Staat bezahlt werden, irgendwie sinnvoll eingesetzt werden für gemeinschaftliche Dienste?
Soweit ich weiß, entstammen die Leitungen der Bundesanstalt für Arbeit aus dem Topf der Versicherungszahlungen der Arbeitnehmer. Eine Versicherung aber ist (auch wenn sie Bundesanstalt heißt) nicht der Staat, somit hieße das: Du zahlst in die Arbeitslosenversicherung ein und wenn Du arbeitslos wirst, dann schieben wir Dich auf eine gesellschaftliche Aufgabe, das ist unsere Versicherungsleistung. Derzeit ist der Job eines Arbeitslosen faktisch, daß er sich 40 Stunden die Woche um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen hat (was leider viele nicht so sehen), bei Deinem Vorschlag hättest Du zwar keine Arbeitslosigkeit mehr, aber die "Arbeitslosen" hätten auch keine Zeit zur Bewerbung mehr.
Bis denndann
Michael N.