Sven Rautenberg: zuviel falsch verstandene science fiction

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Yo!

Du hast dich entschieden einseitig auf das Thema "Geld" festgelegt und zum Beispiel die Mehrwert-Theorien von Karl Marx nicht berücksichtigt. Außerdem bist du zu sehr in Science Fiction-Kategorien befangen.

das ich mich auf geld festgelegt hab, war ja absicht und grund des postings
aber diese behauptung das ich science fiction damit anspielen wollte oder zuviel science fiction gucke stimmt nicht, denn ich hasse solche filme und so gelaber von sowas, aber was ich meine ist doch realisierbar.

Science Fiction ist gut. Nur deine Idee ist es leider nicht.

Vorab: Alles, was technisch möglich ist, wird irgendwann einmal realisiert werden - wenn es den Menschen nützt. Aber: Nicht alles, was technisch möglich ist, wird um jeden Preis realisiert.

Genauer: Papier- und Metallgeld hat den unschätzbaren Vorteil, anonym zu sein. Ich kann es haben - niemand weiß, woher ich es habe - und ausgeben, wann immer ich will und wofür ich will - und niemand wird das registrieren können, solange die Kassen nicht mit Gesichtskontrolle versehen sind. Wer sich gewisser Rabattkarten bedient, verliert den Vorteil natürlich wieder (allen voran die Nutzer von Payback, das in meinen Augen eine einzige Big-Brother-Geschichte ist und deshalb zu Recht auch den Big-Brother-Award erhalten hat. Das System ist echt genial: Viele große Firmen schicken personalisierte Einkaufsdaten an eine zentrale Datenbank, bezahlen diesen Service mit einem winzigen Kundenrabatt, und erhalten im Gegenzug prima Konsumprofile ihrer Kunden.).

Und auch wenn manche fortschrittlichen Gedankenexperimente den ver-chip-ten Menschen voraussagen: Niemand wird sich freiwillig einer Gehirnoperation unterziehen, um bezahlen zu können.

Ich verstehe auch nicht, warum das jetzige System reformbedürftig wäre. Bargeld funktioniert, die EC-Karte funktioniert, die Geldkarte funktioniert, Überweisungen und Lastschriften funktionieren. Da ist derzeit nichts dran zu verbessern.

Und die Versuche, biometrische Daten in die Identifikation und Authentifizierung einfließen zu lassen, um den Zahlungsverkehr abzusichern, werden in absehbarer Zukunft noch nicht ausgereift genug sein, um hinreichend sicher zu sein, und stehen außerdem noch vor einem ganz anderen Problem: Die Fälschbarkeit der Informationen ist durchaus gegeben.

Das Problem ist doch: Wer mit seinem Fingerabdruck bezahlt (praktisch als PIN), der hinterläßt seine PIN täglich millionenfach an den verschiedensten Flächen. Eine PIN kann man beliebig ändern - aber der Mensch hat nur 10 Finger. Die Banken predigen, niemandem die PIN zu verraten - Fingerabdrücke verraten sich von selbst. Und was hindert einen Räuber daran, einem Überfallenen einfach die Hand (oder zumindest den benötigten Finger) abzuschneiden? Es hat schon Morde für weniger gegeben. Was Verbrecher sich gegen Iris-Identifikation einfallen lassen könnten, gehört in Horror-Filme. Und wie man im James-Bond-Film "Goldfinger" gesehen hat: Auch Augen lassen sich "fälschen". Im Grunde läßt sich einfach alles fälschen, was mit physikalischen Mitteln gemessen werden kann: Entfernungen, Temperaturen, Bilder, chemische Moleküle: Nichts davon ist so einzigartig, als daß es nicht eine perfekte Kopie geben könnte - oder zumindest eine hinreichend gute Kopie, denn die Systeme müssen ja funktionieren und brauchen deshalb eine gewisse Toleranzgrenze.

Wie du also siehst: Geld in der bisherigen Art und Weise ist ziemlich unproblematisch und funktioniert einfach. Dein "Geld" hingegen klärt grundsätzliche Fragen nicht:

Es gibt 80 Millionen Deutsche, und 6 Milliarden Menschen. Und die sollen sich alle durch fünfstellige Codenummern identifizieren? Wie soll das denn gehen? Und was ist, wenn man mehrere Konten hat? Wenn ich mal genau nachzähle, identifiziere ich mein Konto derzeit mit einer 15-stelligen Zahlenreihe (Kontonummer plus Bankleitzahl). 18 Stellen sind bei anderen Banken aber durchaus auch drin, wenn die Kontonummer länger ist. Und das gilt nur für Deutschland.

Und wie soll der Chip überhaupt zum Einsatz kommen? Bislang hast du geschrieben, daß man zwei Codes eingibt: "Username" und "Paßwort". Da ist aber nichts mit Chip vorgekommen. Dein System weicht vom bisherigen Verfahren der EC-Karte mit PIN nur unmerklich ab.

Wo ist also die Innovation, auf die alle schon lange gewartet haben?

- Sven Rautenberg