Hi Bio,
Zwar hat er das inzwischen versucht richtig zu stellen, aber natürlich versuchen Karslis Gegner jetzt, ihn und wenn möglich Möllemann zu demontieren - bzw. mit der Faschismus-Keule totzuschlagen, weil, nachdem sich Karsli entschuldigt hat, die Sache doch eigentlich erledigt sein sollte.
Nachträgliche Entschuldigungen gelten für gewöhnlich nicht sofort, wenn man aus der ursprünglichen Aussage eine Haltung ableiten kann, die nicht tolerierbar ist. Oder: manchmal ist: "tut mir leid" einfach ein bißchen zu wenig, um die vorherige Äußerung einfach auszulöschen.
Es kommt darauf an, wie nachtragend die Gegenseite ist.
Wie auch immer: Israel besiedelt völkerrechtswidrig palästinensisches Gebiet.
Richtig, und es ist ein Skandal, daß sich keiner (der genügend Macht hat...) in der UN darum kümmert, daß die entsprechenden Resolutionen umgesetzt werden.
Ja, und darum rege ich mich ja auch auf.
Nun frage ich mich: Was sind "Nazimethoden", wenn Folter, Mord, Besetzung, Willkür etc. pp. nicht ausreichen?
Im wesentlichen: Völkermord. Auch wenn das israelische Vorgehen gegen die Palästinenser gegen die UN-Charta verstößt, sind das keine "Nazimethoden", weil sie nicht versuchen, daß palästinensische Volk vom Erdboden zu vertilgen. Die israelische Politik ist imperialistisch, aber das ist immer noch ein großer Unterschied zu "Nazimethoden". Wenn Deine Kriterien "Nazimethoden" definieren würden, hätte sich in den letzen 40 Jahren unter anderem die USA (Vietnam, Mittelamerika) und Frankreich (Algerien) solcher Methoden bedient. Das soll jetzt kein Argument sein, daß deren Vorgehen richtig war (war es moralisch und rechtlich auf keinen Fall, sondern, gelinde gesagt, eine Riesensauerei).
Aber zwischen Imperialismus und Völkermord ist eine große moralische Stufe, und zu sagen, daß jemand "Nazimethoden" gebraucht, ist genau so ein Gebrauch einer moralischen Keule, die Dir eigentlich nicht gefällt, soweit ich Dich verstehe.
Ehm... ich fände es nicht unangebracht, solche Sachen wie z.B. die Besiedlung Nordamerikas auch als Völkermord zu sehen (nach dem Motto "Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer") - folglich könnte man auch den Amerikanern den Gebrauch von "Nazi-Methoden" nachsagen - übrigens noch vor den Nazis.
Und ich finde es unangebracht, einen grösseren "moralischen Unterschied" konstruieren zu wollen zwischen "Wir wollen alle Menschen der Gruppe A auslöschen" und "Wir wollen das Land B, und während wir uns das unter den Nagel reissen, löschen wir alle Menschen der Gruppe C aus, die im Weg sind".
Wenn ich an das Bild denke, auf dem dieses vietnamesische Mädchen verbrannt herumläuft, würde ich auch die amerikanischen Methoden im Vietnamkrieg guten Gewissens als Nazimethoden bezeichnen. Als Nazimethoden würde ich alle Methoden bezeichnen, die 1) gegen das Völker- bzw. Menschenrecht verstossen und 2) keinen oder kaum Einfluss auf den Konflikt haben, der ursächlich ist für den Einsatz dieser Methoden ist und 3) möglicherweise ausschliesslich Unbeteiligte treffen und 4) besonders feige sind, weil die Opfer dieser Methoden den Angreifern technologisch und logistisch um Größenordnungen unterlegen sind.
Ich glaube, das Wort "Nazi" hat in der Sprache längst auch die Funktion einer Art extrem stark negativen Vorsilbe, die bezeichnet, daß man etwas als besonders verdammenswert kennzeichnen will. Ist es nicht so?
Des weiteren empfinde ich es als unangebracht, daß Vertreter einer Glaubensgemeinschaft auf politische Entscheidungen und Entscheidungen politischer Parteien durch Aufbau von öffentlichem Druck Einfluß nehmen wollen.
Der Druck kommt nicht maßgeblich vom Zentralrat der Juden, sondern von allen Parteien außer der FDP, und außerdem von den Mitgliedern innerhalb der FDP, die noch nicht völlig von der Spaßdroge "18" berauscht sind, wie z.B. Hildegard Hamm-Brücher. Und das waren eigentlich einmal die, die die FDP als liberale Partei definiert haben.
Nun, aber mit dem Zentralrat der Juden als moralische Instanz im Rücken tun sich die anderen Parteien bei ihren Angriffen natürlich viel leichter. Und Frau Hamm-Brücher als Angehörige der Generation der Täter-Kinder fühlt sich vielleicht auch in anderer Art und Weise betroffen und Israel verpflichtet als ich als Täter-Enkel. Während meinen Vater immer gequält hat, daß sein Vater, der persönlich angeblich sehr freundlich gewsen sein soll, 1933 in die NSDAP eingetreten ist, fühle ich mich in keiner Weise betroffen.
Es fragt sich, ob Frau Hamm-Brücher als einzige Richtlinienkompetenz hat, zu bestimmen, was liberal ist und was nicht, und ob "liberal" bedeuten kann, daß man aus (falsch verstandener, aus Tradition empfundener) Solidarität den Mund halten darf oder muß, wenn andernorts von "guten Freunden" Völker- und Menschenrecht mit Füßen getreten wird.
Ist es nicht ganz im Gegenteil unsere Pflicht, und das, was wir aus der Vergangenheit gelernt haben sollten, daß man nicht schweigen darf, wenn Unrecht geschieht, unabhängig von der politischen Richtung, der man sich zugehörig fühlt?
Der Zentralrat der Juden ist eine Vertretung einer Glaubensgemeinschaft deutscher Bürger. Wenn Du schreibst "Vertreter der Juden in Deutschland" (und nicht "Zentralrat..."), dann siehst Du sie immer schon als "Botschafter Israels", das sind sie nicht.
Sie erwecken aber irgendwie dennoch latent den Eindruck, sie wären es. In Israel demonstrieren Leute gegen die Regierung und Offiziere weigern sich, in den besetzten Gebieten eingesetzt zu werden - aber hier in Deutschland hat noch kein prominenter Jude gesagt, daß er das Vorgehen Israels nicht so toll findet - zumindest habe ich davon nichts mitbekommen. Warum?
Naja - vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, daß alle mir bekannten prominenten Juden nie israelkritische Äusserungen gemacht haben, oder es ist Zufall und kein bisschen dadurch bedingt, daß sie sich möglicherweise irgendwie verpflichtet fühlen, nichts negatives über Israel zu sagen.
Aufgrund geschichtlicher Ereignisse sind Bürger jüdischen Glaubens in besonderer Weise dem israelischen Staat verbunden, aber das sollte nachzuvollziehen sein, nachdem Ihnen gezeigt wurde, daß sie im Zweifelsfall nur in einem solchen Staat ihres Lebens sicher sein können.
Ob die Judenverfolgung 1933-1945 in Deutschland ein Beweis dafür ist, daß Juden nur in Israel sicher sind, wage ich einfach mal rein beweistheoretisch und, wenn ich an die vielen Länder, in denen es nie eine Judenverfolgung gab, denke, auch empirisch zu bezweifeln. Mal ganz abgesehen davon, daß das Risiko, einen unnatürlichen Tod zu sterben, in Israel wahrscheinlich tragischerweise höher ist als in Deutschland.
Gruesse,
Bio