Heiner: EU-Verfassung unterhöhlt unsere Demokratie

Hallo,

Auch wenn das eigentlich kein Politikforum ist. Ich denke, manchmal muss man es trotzem nutzen dürfen, um auf etwas aufmerksam zu machen. Die EU will in den kommenden Tagen eine Verfassung beraten, die undemokratischer nicht sein könnte.

Spiegel-Online hat eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Verfassung gewagt. Man sollte sich wirklich mal ein paar Minuten Zeit nehmen den 5teiligen Text zu lesen und wird die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,267865,00.html

Heiner

  1. Hallo Heiner,

    Auch wenn das eigentlich kein Politikforum ist.

    Stimmt - es gibt ja http://selfcommunity.teamone.de/foren/lounge/.

    Ich denke, manchmal muss man es trotzem nutzen dürfen, um auf etwas aufmerksam zu machen.

    Stimmt auch.

    gruesse
    rainer groth

    --
    ss:| zu:} ls:& fo:) de:] va:| ch:] n4:° rl:? br:$ js:| ie:| fl:( mo:?
    (--> einer der letzten bauhaeusler <--)
  2. Hallo Heiner!

    Im Vergleich zur deutschen Verfassung ist die europäische nicht "undemokratischer", da ja viele Elemente der deutschen Verfassung entnommen wurde wie zum Beispiel die Kombination aus Volksvertretung (Europaparlament) und Regierungsvertretung (Ministerrat).

    Sicherlich hat dieses System seine Schwächen. Aber es hat auch seine Stärken: Machtverteilung. Einseitige Entscheidungen seitens des Parlaments bzw. des Ministerrats sind nicht möglich.

    Das Argument, große Länder wie Deutschland seien kleineren Ländern wie Österreich unterrespräsentiert, kann ich nicht nachvollziehen. Schließlich hat Deutschland eine enorme Macht in der EU. Nicht immer ist eine mathematisch korrekt umgesetzte Repräsentration gerechter als die "degressiv proportinale".

    Viele Grüße,
    denito

    1. Ich glaube nicht, dass Deutschlands Macht 10 mal größer ist als die Österreichs, obschon Deutschland 10 mal mehr Einwohner hat. Dass ein Österreicher 2 mal mehr Stimmen hat, ist einfach ungerecht und unüberlegt und vor allem undemokratisch. Das Mecklenburg-Argument aus dem Text finde ich sehr schlüssig.

      1. Ich glaube nicht, dass Deutschlands Macht 10 mal größer ist als die Österreichs, obschon Deutschland 10 mal mehr Einwohner hat. Dass ein Österreicher 2 mal mehr Stimmen hat, ist einfach ungerecht und unüberlegt und vor allem undemokratisch. Das Mecklenburg-Argument aus dem Text finde ich sehr schlüssig.

        Hallo Heiner,
        Genau dies denke ich nicht!
        Schon jetzt ist es so, dass wenn die "3 Großen" in der EU einig sind jede Entscheidung auf Europäischer Ebene gekippt werden kann.
        Unabhängig davon wie nun das Verhältniss Parlamentarier Einwohner ist.
        Würde diese Verhältniss noch zu Gunsten der Großen Länder verändert werden, würde eine Mitgliedschaft in der EU für die kleinen Länder völlig uninterressant werden.
        Schon heute provtieren die Großen Länder überproportional von den wirtschaftlichen Vorteilen der EU.
        Bereits heute ist es so dass es bei den Entscheidenden Abstimmung "Koaliationen" gebildet werden um Regelungen durchzusetzen.

        Das Argument Deutschlands Macht in der EU solltest Du mal genauer am Beispiel Tschechien beleuchten:
        Die Tschechische Wirtschaft hängt am Tropf der Deutschen Wirtschaft.
        60% der Im- iund Exporte gehen an den Deutschen Nachbarn.
        Das hat zur Folge, dass in Tschechien der Wechselkurs früher zur DM heute zum euro relativ stabil ist, bei steigenden Preisen.
        Soll ich erleutern was dies bedeutet?
        Ja? Gut:
        Die Tschechischen Produkte werde allmählich zu teuer.
        Mit dem Beitritt zur EU kommt noch die MwST Prblematik dazu.
        Es wird also mittelfristig einfach sehr teuer in Tschechien.
        Die ersten die dies im nächsten Jahr zu spüren bekommen sind die Urlauber.

        Tschechien hat also ein sehr großese Interesse an einem guten Verhältniss zu Deutschland.

        Dass Einflußnahme existiert, ist sehr gut am Beispiel IRAK zu sehen:
        Der scheidende Präsident HAvel hat ja das Unterstützerschreiben der Europäschen Präsidenten /Ministerpräsidenten unterschrieben.
        Nicht einmal 3 Tage später kam das Dementie aus Prag, dass Havel nicht im Namen des Volkes unterschrieben hat, sondern lediglich seine eigne Meinung (von der er übrigens heute nichts mehr wissen will) kundgetan hat.
        Es gab sogar Entschuldigungsschreiben auf diplomatischer Ebene.
        Ich glaube nicht, dass es keinen Diplomatischen Druck aus Deutschland gab.
        Allgemein bekannt ist, dass Deutschland der Motor der EU Osterweiterung ist und war.
        Man braucht eigentlich nicht viel Phantasie um sich zu überlegen warum.

        TomIRl

        P.S. Im übrigen kann ich dem Torsten nur inhaltlich Zustimmen.
        Man sollte IMMER genau die Hintergründe recherchieren.
        Die Intellektuelle Tarnkappe des Spiegel mal weggelassen und auf die wesentlichen Inhalte des Artikels runtergebrochen, sind wir bei genau bei der gleichen Polemik wie Focus und Stern.
        Die ja auch sehr unterhaltsam sein kann. :-)
        In diesem Sinne einen schönen Tag.

      2. Hallo,

        Ich glaube nicht, dass Deutschlands Macht 10 mal größer ist als die Österreichs, obschon Deutschland 10 mal mehr Einwohner hat. Dass ein Österreicher 2 mal mehr Stimmen hat, ist einfach ungerecht und unüberlegt und vor allem undemokratisch. Das Mecklenburg-Argument aus dem Text finde ich sehr schlüssig.

        Naja, trotz des "Stimmungleichgewichtes" kann man ja anhand des Transitvertrages sehen, wie mit Österreich und seinen Interessen verfahren wird. Genau sowas sollte ja durch diese Gewichtung verhindert werden.

        Gruß

        Kurt

        --
        "Mut ist eine Tugend, doch Angst beweist Vernunft, Bewusstsein und Phantasie. Die Kunst ist es abzuwägen."
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    2. Hallo Heiner, Hallo denito,

      Im Vergleich zur deutschen Verfassung ist die europäische nicht
      "undemokratischer", da ja viele Elemente der deutschen Verfassung entnommen
      wurde (..)

      Naja, Demokratie definiert sich ja nicht durch Ähnlichkeit mit dem deutschen
      Grundgesetz.

      wie zum Beispiel die Kombination aus Volksvertretung (Europaparlament) und
      Regierungsvertretung (Ministerrat).

      Ein übliches System in föderalen Systemen, beispielsweise der Senat und
      das Repräsentantenhaus in den USA.

      Sicherlich hat dieses System seine Schwächen. Aber es hat auch seine
      Stärken: Machtverteilung. Einseitige Entscheidungen seitens des Parlaments
      bzw. des Ministerrats sind nicht möglich.

      Eben. Ich kann auch auf abstrakter Ebende die Stärke des Ministerrates
      und die Schwäche des Parlamentes verstehen. Die EU ist eben immer noch
      ein Zwitterding zwischen Staatenbund und Bundesstaat. Da viele sich
      noch an Konzepte wie nationaler Souveranität klammern, ist es klar,
      daß die Vertretung der Staaten stärker gewichtet ist, als die Vertretung
      der Bürger. Langfristig wünsche ich mir jedoch die Stärkung der letzteren.
      Diese Verfassung ist auch etwas wie die in Papier geschriebene aktuelle
      EU-Innenpolitik mit all der Berücksichtigung potentieller Problemfelder.

      Das Argument, große Länder wie Deutschland seien kleineren Ländern wie
      Österreich unterrespräsentiert, kann ich nicht nachvollziehen. Schließlich
      hat Deutschland eine enorme Macht in der EU. Nicht immer ist eine
      mathematisch korrekt umgesetzte Repräsentration gerechter als die
      "degressiv proportinale".

      Jepp. Wenn man dort Gerechtigkeit herstellen will, ohne ein unüberwindbares
      Übergewicht zugunsten der großen Staaten zu schaffen, muß man wohl mit
      Lineal und Bleistift an die Europakarte gehen und gleich große (von der
      Bevölkerung gleich große) Bezirke schaffen. Hey, wenn wir Bayern an
      Östereich verschachern, ist unsere Stimme vielleicht mehr wert. :-)

      Tim

      1. Hi Tim,

        Hallo Heiner, Hallo denito,

        Ich war zwar nicht angesprochen, aber ...

        Naja, Demokratie definiert sich ja nicht durch Ähnlichkeit mit dem deutschen
        Grundgesetz.

        Das deutsche Grundgesetz ist auch nach rund 34,5 Jahren eines der demokratischsten.

        wie zum Beispiel die Kombination aus Volksvertretung (Europaparlament) und
        Regierungsvertretung (Ministerrat).
        Ein übliches System in föderalen Systemen, beispielsweise der Senat und
        das Repräsentantenhaus in den USA.

        Naja, nicht so ganz vergleichbar:
        http://www.zum.de/Faecher/G/BW/abbl/usa/verf2.htm

        Da viele sich noch an Konzepte wie nationaler Souveranität klammern, ist es klar, daß die Vertretung der Staaten stärker gewichtet ist, als die Vertretung der Bürger.

        Ähm, was bitte ist der Staat anderes als seine Bürger?

        Langfristig wünsche ich mir jedoch die Stärkung der letzteren.

        Was das bedeuten _kann_, hat die Weimarer Republik gezeigt.

        Diese Verfassung ist auch etwas wie die in Papier geschriebene aktuelle
        EU-Innenpolitik mit all der Berücksichtigung potentieller Problemfelder.

        Idealist ;)

        Hey, wenn wir Bayern an Östereich verschachern, ist unsere Stimme vielleicht mehr wert. :-)

        So lange wir nicht Mallorca als Gegenleistung kriegen :-)

        Viele Grüße
        Torsten

        1. Hallo Torsten,

          Naja, nicht so ganz vergleichbar:

          Ja, aber mir ging es um das prinzipielle Vorhandensein eines Zweikammersystems.

          Ähm, was bitte ist der Staat anderes als seine Bürger?

          In diesem Fall ist mit Staat die einzelnen EU-Staaten gemeint, mit
          Bürger die Gesamtheit aller EU-Bürger.

          Was das bedeuten _kann_, hat die Weimarer Republik gezeigt.

          Meines Wissens krankte die Weimarer Republik an vielem, aber an einer
          Stärkung des Reichstages? Doch wohl eher an dem Chaos darin? Oder was
          genau meinst Du?

          Tim

          1. Hi Tim,

            Was das bedeuten _kann_, hat die Weimarer Republik gezeigt.
            Meines Wissens krankte die Weimarer Republik an vielem, aber an einer
            Stärkung des Reichstages? Doch wohl eher an dem Chaos darin? Oder was
            genau meinst Du?

            Naja, sagen wir's mal so. Meiner Meinung nach war die Weimarer Verfassung in einigen Punkten zu "volksnah". Damit meine ich bspw. die Direktwahl des Reichspräsidenten auf 7 Jahre oder die Möglichkeit, durch Volksentscheid Gesetze herbeizuführen. Das klärende Element des Reichstages (heute Bundestages) wurde dadurch ausgehöhlt. Gut, der Reichstag war das eigentlich gesetzgebende Organ, während der Reichsrat (heute Bundesrat) als Länderkammer mehr oder weniger bedeutungslos war. Woran nach meiner Meinung die Weimarer Verfassung gescheitert ist, war die Tatsache, dass der Reichspräsident mit zu weitreichenden Befugnissen ausgestattet wurde, ohne dass er unter Kontrolle des Reichstages stand. So konnte er den Reichstag auflösen, Notstandsgesetze erlassen oder den Ausnahmezustand verhängen usw. Wäre der Reichspräsident nicht mit derart weit reichenden Befugnissen ausgestattet gewesen, wäre es nach meiner Meinung nie möglich gewesen, dass Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde. Die darauf folgenden politischen Winkelzüge wie die "Reichstagsbrandverordnung" oder das "Ermächtigungsgesetz" wären bspw. auf der Grundlage des Grundgesetzes (vulgo: Verfassung) schlicht nicht möglich. Alles in allem war die Weimarer Verfassung ein guter Ansatz, da sie jedoch vom tiefen Misstrauen ihrer Väter gegen die Parteiendemokratie geprägt war, musste sie letztlich scheitern.

            Viele Grüße
            Torsten

            PS: Coole Diskussion zum Tag der Einheit :)

            1. Hallo Torsten,

              Naja, sagen wir's mal so. Meiner Meinung nach war die Weimarer Verfassung in einigen Punkten zu "volksnah".

              IMHO mit Sicherheit nicht.

              Damit meine ich bspw. die Direktwahl des Reichspräsidenten auf 7 Jahre oder die Möglichkeit, durch Volksentscheid Gesetze herbeizuführen.

              Ersteres ist per se nichts schlimmes, woanders funktioniert das ja auch. Im Gegenteil, ich würde mir mehr Gewaltenteilung in Deutschland wünschen; im Moment sind Exekutive und Legislative hier in Deutschland miteinander verschränkt.

              Zu den Volksentscheiden: http://www.dhm.de/lemo/html/weimar/verfassung/volksentscheid/ Ich sehe nicht, inwiefern die Volksentscheide der Weimarer Republik geschaden haben, im Gegenteil, die Entscheidungen des Volkes erschienen mir durchaus klüger als die Entscheidungen mancher Politiker heutzutage, gerade wenn man bedenkt, was für turbulente Zeiten das damals waren. "Weimar" wird immer als nicht begründetes Argument genommen, um die Nichtexistenz von Volksentscheiden und Volksbegehren auf Bundesebene zu rechtfertigen.

              Das klärende Element des Reichstages (heute Bundestages) wurde dadurch ausgehöhlt.

              Nein. Mit Sicherheit nicht. Nicht durch die Volksentscheide und auch nicht durch die Direktwahl des Reichspräsidenten an sich. Ich bin auch der Ansicht, dass der Reichstag ausgehölt wurde, weil der Reichspräsident zu viel Macht hatte, s.u., aber dies hat IMHO nichts mit der Direktwahl per se zu tun. Hitler hat sich ja auch zur Wahl zum Reichspräsidenten gestellt (genauso wie Tählmann und Hindenburg) und dennoch wurde er nicht direkt vom Volk gewählt, das Volk der Weimarer Republik hat damals IHMO das kleinere Übel der dreien gewählt.

              Woran nach meiner Meinung die Weimarer Verfassung gescheitert ist, war die Tatsache, dass der Reichspräsident mit zu weitreichenden Befugnissen ausgestattet wurde,

              Ja, dem kann ich voll und ganz zustimmen. Es darf nicht sein, dass auch nur irgendjemand die Grundrechte außer Kraft setzen kann. Zum Glück hat man dazugelernt und im Grundgesetz festgelegt, dass weder Artikel 1 noch Artikel 20 verändert oder gestrichen werden dürfen sowie Artikel 2 bis Artikel 19 in ihrem Kern nicht angetastet werden dürfen.

              Wäre der Reichspräsident nicht mit derart weit reichenden Befugnissen ausgestattet gewesen, wäre es nach meiner Meinung nie möglich gewesen, dass Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde.

              Ich würde es eher so sagen: Die mögliche Ernennung von Hitler zum Reichskanzler hätte nicht zu den gleichen Konsequenzen geführt, hätte der Reichspräsident keine derartigen Befugnisse gehabt. Ob Hitler zum Reichskanzler geworden wäre, hätte der Reichspräsident nicht derartige Rechte, weiß ich schlichweg nicht und würde darüber auch nicht spekulieren wollen.

              Die darauf folgenden politischen Winkelzüge wie die "Reichstagsbrandverordnung" oder das "Ermächtigungsgesetz" wären bspw. auf der Grundlage des Grundgesetzes (vulgo: Verfassung) schlicht nicht möglich.

              Ja, volle Zustimmung.

              Alles in allem war die Weimarer Verfassung ein guter Ansatz, da sie jedoch vom tiefen Misstrauen ihrer Väter gegen die Parteiendemokratie geprägt war, musste sie letztlich scheitern.

              Nein, nicht musste. Sie ist deswegen gescheitert, dem stimme ich zu. Allerdings hätte alles auch anders kommen können, wenn nicht auch bestimmte andere Faktoren dazugekommen wären.

              Viele Grüße,
              Christian

              1. Hi Christian,

                Damit meine ich bspw. die Direktwahl des Reichspräsidenten auf 7 Jahre oder die Möglichkeit, durch Volksentscheid Gesetze herbeizuführen.
                Ersteres ist per se nichts schlimmes, woanders funktioniert das ja auch.

                Das ist kein stichhaltiges Argument.

                Im Gegenteil, ich würde mir mehr Gewaltenteilung in Deutschland wünschen; im Moment sind Exekutive und Legislative hier in Deutschland miteinander verschränkt.

                Hm, wie meinst du das?

                Zu den Volksentscheiden: http://www.dhm.de/lemo/html/weimar/verfassung/volksentscheid/ Ich sehe nicht, inwiefern die Volksentscheide der Weimarer Republik geschaden haben [...]

                Du hast recht, sie haben ihr nicht geschadet, sie haben ihr aber auch nicht genutzt, von daher ist meine Aussage dazu zugegebenermaßen eher theoretischer Natur. Ich für meinen Teil sehe den Vorteil von Volksentscheiden im eigentlichen Sinne nicht, lasse mich aber auch vom Gegenteil überzeugen.

                Das klärende Element des Reichstages (heute Bundestages) wurde dadurch ausgehöhlt.
                Nein. Mit Sicherheit nicht. Nicht durch die Volksentscheide und auch nicht durch die Direktwahl des Reichspräsidenten an sich.

                Ich gestehe, das war etwas missverständlich formuliert, ich meinte, dass das klärende Element "Reichstag" durch die zu weit reichenden Kompetenzen des Reichspräsidenten ausgehöhlt wurde.

                Alles in allem war die Weimarer Verfassung ein guter Ansatz, da sie jedoch vom tiefen Misstrauen ihrer Väter gegen die Parteiendemokratie geprägt war, musste sie letztlich scheitern.
                Nein, nicht musste.

                Doch, ich denke, dass sie scheitern _musste_, denn irgendwann kommt immer ein Mensch vom Schlage eines Adolf Hitler (wobei dieser letztendlich auch nur Marionette war).

                Sie ist deswegen gescheitert, dem stimme ich zu. Allerdings hätte alles auch anders kommen können, wenn nicht auch bestimmte andere Faktoren dazugekommen wären.

                Eine äußerst interessante Frage in diesem Zusammenhang ist, was passiert wäre, wenn nicht die NSDAP sondern die KPD 1933 "an die Macht" gekommen wäre.

                Viele Grüße
                Torsten

                1. Hallo Torsten,

                  Damit meine ich bspw. die Direktwahl des Reichspräsidenten auf 7 Jahre oder die Möglichkeit, durch Volksentscheid Gesetze herbeizuführen.
                  Ersteres ist per se nichts schlimmes, woanders funktioniert das ja auch.

                  Das ist kein stichhaltiges Argument.

                  Die Tatsache, dass es in anderen *demokratischen* Ländern funktioniert, ist nicht stichhaltig?

                  Im Gegenteil, ich würde mir mehr Gewaltenteilung in Deutschland wünschen; im Moment sind Exekutive und Legislative hier in Deutschland miteinander verschränkt.

                  Hm, wie meinst du das?

                  Die Bundesregierung (Exekutive) wird vom Bundestag (Legislative) gewählt, desweiteren sitzen viele Minister (Exekutive) sowie der Bundeskanzler (Exekutive) auch im Bundestag (Legislative). Außerdem sitzen im Bundesrat (Legislative) vertreter der Landes-*Regierung* (Exekutive). (was aber durch die ebensolche Verschränkung auf Landesebene natürlich relativiert wird)

                  [Volksentscheide]
                  Ich für meinen Teil sehe den Vorteil von Volksentscheiden im eigentlichen Sinne nicht, lasse mich aber auch vom Gegenteil überzeugen.

                  Bei sehr wichtigen Entscheidungen sollte meiner Ansicht nach schon das Volk direkt befragt werden, was es davon hält. Zu solchen wichtigen Entscheidungen zähle ich zum Beispiel einen EU-Beitritt. (das wäre jetzt natürlich nicht auf Deutschland anwendbar) Oder auch die Einführung einer neuen Währung. Ich fordere ja nicht, dass ein Volksentscheid etwas alltägliches wird.

                  Das klärende Element des Reichstages (heute Bundestages) wurde dadurch ausgehöhlt.
                  Nein. Mit Sicherheit nicht. Nicht durch die Volksentscheide und auch nicht durch die Direktwahl des Reichspräsidenten an sich.

                  Ich gestehe, das war etwas missverständlich formuliert, ich meinte, dass das klärende Element "Reichstag" durch die zu weit reichenden Kompetenzen des Reichspräsidenten ausgehöhlt wurde.

                  Ok, dem kann ich zustimmen. :-)

                  Doch, ich denke, dass sie scheitern _musste_, denn irgendwann kommt immer ein Mensch vom Schlage eines Adolf Hitler

                  Hmm, interessantes Argument. Ich muss mal in Ruhe darüber nachdenken.

                  Eine äußerst interessante Frage in diesem Zusammenhang ist, was passiert wäre, wenn nicht die NSDAP sondern die KPD 1933 "an die Macht" gekommen wäre.

                  Ja, in der Tat. Leider weiß ich keine Antwort darauf.

                  Viele Grüße,
                  Christian

                  1. Hi Christian,

                    Das ist kein stichhaltiges Argument.
                    Die Tatsache, dass es in anderen *demokratischen* Ländern funktioniert, ist nicht stichhaltig?

                    Nicht für sich allein :-)

                    Die Bundesregierung (Exekutive) wird vom Bundestag (Legislative) gewählt [...]

                    Nein, der Bundes_kanzler_ wird vom Bundestag gewählt. Die Bundesminister werden vom Bundeskanzler ernannt und entlassen. Somit hat das Parlament keinen direkten Einfluss auf die Zusammensetzung der Bundesregierung.

                    Zudem ist die Gewaltenverschränkung ein Grundprinzip der parlamentarischen Demokratie. Im Gegensatz dazu wird die reine Lehre der Gewaltenteilung nach Montesquieu nur in der Präsidialdemokratie umgesetzt (z.B. USA). Eine tatsächliche Gewaltenteilung gibt es meiner Meinung nach in unserer Demokratieform nur zwischen Exekutive/Legislative einerseits und Judikative andererseits.

                    Eine äußerst interessante Frage in diesem Zusammenhang ist, was passiert wäre, wenn nicht die NSDAP sondern die KPD 1933 "an die Macht" gekommen wäre.
                    Ja, in der Tat. Leider weiß ich keine Antwort darauf.

                    Aber du hast doch sicher eine Vermutung, die würde mich mal interessieren.

                    Viele Grüße
                    Torsten

                    1. Hallo Torsten,

                      Die Tatsache, dass es in anderen *demokratischen* Ländern funktioniert, ist nicht stichhaltig?

                      Nicht für sich allein :-)

                      Da sind wir anderer Meinung.

                      Nein, der Bundes_kanzler_ wird vom Bundestag gewählt. Die Bundesminister werden vom Bundeskanzler ernannt und entlassen.

                      Ja, natürlich. Ich habe mich ungeschickt ausgedrückt.

                      Eine tatsächliche Gewaltenteilung gibt es meiner Meinung nach in unserer Demokratieform nur zwischen Exekutive/Legislative einerseits und Judikative andererseits.

                      Ja, eben, und das ist, was mir nicht gefällt...

                      Eine äußerst interessante Frage in diesem Zusammenhang ist, was passiert wäre, wenn nicht die NSDAP sondern die KPD 1933 "an die Macht" gekommen wäre.
                      Ja, in der Tat. Leider weiß ich keine Antwort darauf.
                      Aber du hast doch sicher eine Vermutung, die würde mich mal interessieren.

                      Es hätte wohl keine Verfolgung von Juden speziell wie unter den Nazis gegeben, allerdings wäre ein totalitäres Regime und Verfolgung von dessen Gegnern auch an der Tagesordnung gewesen. Ob es einen zweiten Weltkrieg gegeben hätte, kann ich allerdings nicht sagen.

                      Viele Grüße,
                      Christian

                      1. Hi Christian,

                        Da sind wir anderer Meinung.

                        Hab ich bemerkt ;)

                        Eine tatsächliche Gewaltenteilung gibt es meiner Meinung nach in unserer Demokratieform nur zwischen Exekutive/Legislative einerseits und Judikative andererseits.
                        Ja, eben, und das ist, was mir nicht gefällt...

                        Warum nicht, die Gewaltenteilung wurde doch nur modifiziert. Die Annahme, es könne irgendwann mal eine parlamentarische Demokratie geben, hätte Montesquieu vielleicht zu einer differenzierteren Betrachtungsweise veranlasst, wer weiß. Fest steht allerdings, dass es auch in D eine Dreiteilung der Gewalten gibt, nämlich die zwischen Regierungsfraktion im Bundestag und der Bundesregierung auf der einen Seite, der Opposition auf der anderen Seite und schließlich der Judikative als dritte Gewalt. Ich sehe nicht, was daran schlecht ist.

                        Viele Grüße
                        Torsten

                        1. Moin!

                          Fest steht allerdings, dass es auch in D eine Dreiteilung der Gewalten gibt, nämlich die zwischen Regierungsfraktion im Bundestag und der Bundesregierung auf der einen Seite, der Opposition auf der anderen Seite und schließlich der Judikative als dritte Gewalt. Ich sehe nicht, was daran schlecht ist.

                          Die Gewaltenteilung in Bundestag und Bundesregierung halte ich für durchaus gegeben und befriedigend gelöst.

                          Aber wenn wir wieder auf das Stichwort "schlecht" kommen: Schlecht ist, dass die Regierung inkl. ihrer Parlamentsfraktion nicht alleine regiert, sondern auch noch den Bundesrat beachten muß. Und der ist in meinen Augen ein heftiger, sich selbst erzeugender Hemmschuh.

                          Denn was passiert regelmäßig: Eine Partei gewinnt die Bundestagswahl mit freudigen Wahlversprechen, die trotz der bekannten Realität der Notwendigkeit einschneidender Maßnahmen getroffen wurden, und macht sich sogleich daran, diese objektiv betrachtet notwendigen, unpopulären Maßnahmen umzusetzen (schlimmstenfalls macht sie sich nicht sonderlich erfolgreich daran, die Wahlversprechen umzusetzen).

                          In der Folge sinkt die Beliebtheit der Regierungsparteien. Da aber rund ums Jahr immer irgendwo Wahlkampf ist, auch in Bundesländern, wird bei diesen Wahlen dann die scheinbar bessere Alternative, nämlich die Bundestagsopposition gewählt, die den Länderwahlkampf ja durchaus entsprechend auf Bundesthemen ausrichten kann.

                          Und so schafft sich die Bundesregierung durch unpopuläre Maßnahmen eine Gegenregierung im Bundesrat, der es dann zu verhindern weiß, dass sich Maßnahmen gegen die eigene Klientel irgendwie durchsetzen lassen.

                          Da wäre es dann wirklich ehrlicher, eine große Koalition auch im Bundestag zu bilden und gemeinsam die Kompromisse gleich von Beginn an auszuhandeln, anstatt diese endlosen Konflikte in den Bundesrat zu tragen.

                          Diese Probleme haben schon alle Regierungen mal gehabt. Die SPD-Regierung hat zwischen 1972 und 1982 gegen eine CDU-Bundesratsmehrheit regiert. Laut http://www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/KontinuitaetUndWandel/SozialLiberaleKoalition/unionsmehrheitImBundesratBody.html war die Nicht-Zustimmung zu Gesetzen allerdings verschwindend gering. Wobei offen bleibt, wie stark der Vermittlungsausschuß arbeiten mußte, und welche Bedeutung die durchgefallenen Gesetze hatten.

                          Die CDU hatte in ihrer letzten Regierungsperiode auch das Problem, dass die SPD im Bundesrat ein gehöriges Wörtchen mitzureden hatte. Diese Mehrheit hat sich nach dem Regierungswechsel aber entsprechend obigem Mechanismus pulverisiert, genauso, wie sich sich vorher gemäß ebendieses Mechanismus' aufgebaut hatte.

                          Also ist der Bundesrat im Prinzip der Gewaltenteilung das Kontrollgremium der Regierung - leider mit etwas zuviel Einfluß.

                          - Sven Rautenberg

                          --
                          ss:) zu:) ls:[ fo:} de:] va:) ch:] sh:) n4:# rl:| br:< js:| ie:( fl:( mo:|
                          1. Hi Sven,

                            Aber wenn wir wieder auf das Stichwort "schlecht" kommen: Schlecht ist, dass die Regierung inkl. ihrer Parlamentsfraktion nicht alleine regiert, sondern auch noch den Bundesrat beachten muß. Und der ist in meinen Augen ein heftiger, sich selbst erzeugender Hemmschuh.

                            Das sehe ich nicht so.

                            Denn was passiert regelmäßig: Eine Partei gewinnt die Bundestagswahl mit freudigen Wahlversprechen, die trotz der bekannten Realität der Notwendigkeit einschneidender Maßnahmen getroffen wurden, und macht sich sogleich daran, diese objektiv betrachtet notwendigen, unpopulären Maßnahmen umzusetzen (schlimmstenfalls macht sie sich nicht sonderlich erfolgreich daran, die Wahlversprechen umzusetzen).

                            Dies ist das Problem, dass sich ein Wahlsieger nicht direkt für die (Nicht)Umsetzung seiner Wahlpropaganda verantworten muss, denn dafür ist kein direktes Kontrollorgan vorgesehen. Wir sind uns bestimmt einig darüber, dass es ein solches Organ aber geben sollte.

                            In der Folge sinkt die Beliebtheit der Regierungsparteien. [...]
                            Und so schafft sich die Bundesregierung durch unpopuläre Maßnahmen eine Gegenregierung im Bundesrat, der es dann zu verhindern weiß, dass sich Maßnahmen gegen die eigene Klientel irgendwie durchsetzen lassen.

                            Da ist es doch, das Kontrollorgan. Macht die gewählte Regierungspartei eine gute Arbeit, wird sie auch auf Länderebene gewählt, sodass die Umsetzung von Gesetzesvorhaben nicht notwendigerweise im Bundesrat scheitern muss. Macht sie hingegen eine schlechte Arbeit, wird sie sich über kurz oder lang einer Opposition im Bundesrat gegenüber sehen, von der sie die Quittung für ihr Handeln bekommen kann.

                            Da wäre es dann wirklich ehrlicher, eine große Koalition auch im Bundestag zu bilden und gemeinsam die Kompromisse gleich von Beginn an auszuhandeln, anstatt diese endlosen Konflikte in den Bundesrat zu tragen.

                            Das mag für die momentane Situation zutreffen, ist aber abstrakt gesehen nicht der richtige Weg.

                            Also ist der Bundesrat im Prinzip der Gewaltenteilung das Kontrollgremium der Regierung

                            In diesem Punkt stimmen wir überein :)

                            leider mit etwas zuviel Einfluß.

                            Was nützt ein Kontrollorgan mit beschnittenen Kompetenzen - nichts. Gerade in der augenblicklichen Situation muss sich erweisen, ob das von den Urhebern des GG favorisierte System funktioniert. Ich glaube nicht, dass es eine solche Extremsituation in Form eines übermächtigen Reformstaus schon mal im Nachkriegsdeutschland gegeben hat. So sehe ich persönlich die momentane Situation als Nagelprobe für das System.

                            Viele Grüße
                            Torsten

                            1. Moin!

                              leider mit etwas zuviel Einfluß.

                              Was nützt ein Kontrollorgan mit beschnittenen Kompetenzen - nichts. Gerade in der augenblicklichen Situation muss sich erweisen, ob das von den Urhebern des GG favorisierte System funktioniert. Ich glaube nicht, dass es eine solche Extremsituation in Form eines übermächtigen Reformstaus schon mal im Nachkriegsdeutschland gegeben hat. So sehe ich persönlich die momentane Situation als Nagelprobe für das System.

                              ...mit der Chance, dass es scheitert.

                              Was das Kontrollorgan angeht: Es ist allgemein akzeptiert, dass die Regierung im Parlament eine Mehrheit hat und damit ihre Vorhaben zumeist unangefochten durchsetzen kann. In den Länderparlamenten, die keine Rücksicht auf einen Länderrat nehmen müssen, läuft das schon seit bestehen der Republik so ab. Die Opposition hat hierbei keinerlei Verhinderungseinfluß, ihre Kontrollmacht besteht eher darin, die Vorhaben öffentlich zu machen, ihre Meinung und Gegenvorschläge gegenüberzustellen und die eigentliche Arbeit den Lobbyisten zu überlassen.

                              Finde ich absolut ausreichend. Denn oftmals hat nicht eine Partei allein die Regierungsmacht inne, sondern nur eine Koalition, so dass sich diese schon von selbst bremsen, aber immerhin das gemeinsame Regierungsprogramm umsetzen können. Und da ich aus den Länderparlamenten kein großes Geschrei höre, scheint das die meiste Zeit des Jahres ganz gut zu funktionieren. Warum soll sowas also für die Bundesregierung plötzlich nicht ausreichend sein?

                              Denn was ist, wenn der Bundesrat ebenfalls von den Regierungsparteien mehrheitlich besetzt ist? Dann fällt die Kontrollfunktion flach, die im Grundgesetz ohnehin nirgendwo vorgesehen war.

                              Nein, der Bundesrat hat gegenüber der Bundesregierung die Länderinteressen zu vertreten. Da ist keinerlei Kontrollfunktion der Regierung vorgesehen. Und schätzungsweise dürfte auch heutzutage das meiste der zustimmungspflichtigen Gesetze ohne Probleme den Bundesrat passieren, weil es sich um für die politische Diskussion absolut uninteressante Trivial- und Langeweilegesetze handelt. Also irgendwelcher Verwaltungskrams, für den sich außer der zuständige Ausschuß niemand wirklich interessiert - nicht mal der Stammtisch aus der Kneipe gegenüber (außer, es die EU-Richtlinie zum Krümmungsgrad von grünen Salatgurken in nationales Recht umgesetzt - dann gibts wieder ein belangloses Aufregerthema am Stammtisch :) ).

                              - Sven Rautenberg

                              --
                              ss:) zu:) ls:[ fo:} de:] va:) ch:] sh:) n4:# rl:| br:< js:| ie:( fl:( mo:|
                              1. Hi Sven,

                                [...] So sehe ich persönlich die momentane Situation als Nagelprobe für das System.
                                ...mit der Chance, dass es scheitert.

                                _Das_ will ich mir nicht vorstellen, bin ja von Haus aus Optimist. Das kleinste Übel wären Neuwahlen ...

                                Was das Kontrollorgan angeht: Es ist allgemein akzeptiert, dass die Regierung im Parlament eine Mehrheit hat und damit ihre Vorhaben zumeist unangefochten durchsetzen kann.

                                Im Parlament ja, doch ohne den Bundesrat geht es nunmal nicht.

                                In den Länderparlamenten, die keine Rücksicht auf einen Länderrat nehmen müssen, läuft das schon seit bestehen der Republik so ab. Die Opposition hat hierbei keinerlei Verhinderungseinfluß, ihre Kontrollmacht besteht eher darin, die Vorhaben öffentlich zu machen, ihre Meinung und Gegenvorschläge gegenüberzustellen und die eigentliche Arbeit den Lobbyisten zu überlassen.
                                Finde ich absolut ausreichend. [...] Warum soll sowas also für die Bundesregierung plötzlich nicht ausreichend sein?

                                Ja, auf Länderebene mag das ausreichend sein. Das Problem ist doch an dieser Stelle, dass Bundesgesetze sowohl in Ländern gelten, in denen die Regierungspartei das Sagen hat als auch in Ländern, in denen die Opposition regiert. Und genau da setzt die Funktion des Bundesrates nach meinem Verständnis ein.

                                Denn was ist, wenn der Bundesrat ebenfalls von den Regierungsparteien mehrheitlich besetzt ist? Dann fällt die Kontrollfunktion flach, die im Grundgesetz ohnehin nirgendwo vorgesehen war.

                                Ja, dann herrscht aber auch Einigkeit in Bund und Ländern, was die politischen Ziele betrifft, das würde eine Kontrollfunktion insoweit obsolet machen.

                                Nein, der Bundesrat hat gegenüber der Bundesregierung die Länderinteressen zu vertreten. Da ist keinerlei Kontrollfunktion der Regierung vorgesehen.

                                Dem kann ich so nicht zustimmen, denn diese Kontrollfunktion - ob vorgesehen oder nicht, ob gewollt oder nicht - wird sich unter der Annahme konträrer Interessen von Bund und Ländern automatisch ergeben.

                                Und schätzungsweise dürfte auch heutzutage das meiste der zustimmungspflichtigen Gesetze ohne Probleme den Bundesrat passieren, weil es sich um für die politische Diskussion absolut uninteressante Trivial- und Langeweilegesetze handelt.

                                Es ist noch viel witziger, denn die interessanten Änderungen verstecken sich oftmals in Gesetzen, die von ihrem Namen her trivial und uninteressant anmuten. Z.B. gab es mal ein Gesetz das nannte sich "Fünftes Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes", da wurde mal eben die Gewerbesteuerpflicht für bestimmte Veräußerungsgewinne eingeführt.

                                Viele Grüße
                                Torsten

                  2. Moin!

                    Eine äußerst interessante Frage in diesem Zusammenhang ist, was passiert wäre, wenn nicht die NSDAP sondern die KPD 1933 "an die Macht" gekommen wäre.

                    Ja, in der Tat. Leider weiß ich keine Antwort darauf.

                    Aber ich.

                    Dann würden wir heute nicht den Tag begehen, an dem die Betonköpfe der Staats- und Parteiführung Ihre Hälse und Ihr Vermögen in die "Rechtsstaatlichkeit" der Bundesrepublik Deutschland gerettet haben. Vermutlich würden wir nicht den Jahrestag einer Wiedereingliederung, sondern einer echten Revolution begehen, bei der auch richtig Köpfe grollt sind, wie sich das eigentlich in guter europäischer Traditionsrevolution gehört.

                    MFFG (Mit freundlich- friedfertigem Grinsen)

                    fastix®

                    --
                    Meinereinerselbst ist auf der Suche nach Aufträgen
                    1. Moin!

                      "Traditionsrevolution" sollte natürlich "Revolutionstradition" heissen.

                      MFFG (Mit freundlich- friedfertigem Grinsen)

                      fastix®

                      --
                      Meinereinerselbst ist auf der Suche nach Aufträgen
            2. Hallo Torsten,

              Naja, sagen wir's mal so. Meiner Meinung nach war die Weimarer Verfassung in
              einigen Punkten zu "volksnah". Damit meine ich bspw. die Direktwahl des
              Reichspräsidenten auf 7 Jahre oder die Möglichkeit, durch Volksentscheid
              Gesetze herbeizuführen.

              Du hast ja schon mit Christian darüber debattiert, aber ich möchte mich ihm
              hier auch noch mal anschließen. Keiner der beiden von Dir aufgeführten
              »volksnahen« Punkte war in meiner Erinnerung wirklich entscheidend im
              späteren Versagen der Weimarer Verfassung, jedenfalls kann ich mich da
              keiner repräsentativen Nutzung dieser Möglichkeiten erinnern.

              Das klärende Element des Reichstages (heute Bundestages) wurde dadurch
              ausgehöhlt.

              Bei solchen sinngleichen Formulierungen wie »Nur wir können sowas klären,
              halt Du Dich mal raus«, kriege ich immer ungute Gefühle, aber ich denke,
              ich verstehe, was Du damit sagen willst. :-)

              Das Problem sehe ich bei Volksentscheiden in einer repräsentativen
              Demokratie nicht wirklich. Schließlich muß im normalen parlamentarischen
              Verfahren immer erst auf die Möglichkeit eines Volksentscheides
              hingearbeitet werden, daß dabei eine »Klärung« der Frage in bestimmte
              entscheidbare Alternativen vorgenommen wird, halte ich für unausweichlich.

              Ich würde mir einfach Volksentscheide bei wirklich entscheidenen Punkten
              wünschen, diese betreffen nicht das normale Gesetzgebungsverfahren, sondern
              die Punkte, die tatsächlich die Souveranität der Volkes betreffen. Dies
              betrifft Dinge wie Grundgesetzänderungen, aber eben auch so etwas wie den
              EU-Beitritt oder die EU-Verfassung. Ich halte Repräsentanten da einfach
              nicht berechtigt genug für solche weitreichenden Entscheidungen. Inzwischen
              sehe ich da keinen Grund für die beliebte deutsche Begründung, man könne
              dem Volk bei so etwas nicht trauen.

              Gut, der Reichstag war das eigentlich gesetzgebende Organ, während der
              Reichsrat (heute Bundesrat) als Länderkammer mehr oder weniger
              bedeutungslos war.

              Ich denke, daß - genauso wie das Grundgesetz aus den Erfahrungen der
              Weimarer Verfassung entstanden ist - die Weimarer Verfassung aus den
              früheren Erfahrungen entstanden ist. Und im Kaiserreich war der Bundesrat
              gegenüber dem Bundestag das weitaus mächtigere Organ.

              Woran nach meiner Meinung die Weimarer Verfassung gescheitert ist, (..)

              Meine Zustimmung zu dieser klassischen Erklärung. :-)

              PS: Coole Diskussion zum Tag der Einheit :)

              Jepp.

              Tim

              1. Hi Tim,

                Das klärende Element des Reichstages (heute Bundestages) wurde dadurch
                ausgehöhlt.
                Bei solchen sinngleichen Formulierungen wie »Nur wir können sowas klären,
                halt Du Dich mal raus«, kriege ich immer ungute Gefühle, aber ich denke,
                ich verstehe, was Du damit sagen willst. :-)

                Jo, unglückliche Wortwahl meinerseits ;)

                Viele Grüße
                Torsten

      2. hi,

        Hey, wenn wir Bayern an
        Östereich verschachern, ist unsere Stimme vielleicht mehr wert. :-)

        na gut, um diese uhrzeit darf man ruhig mal träumen.

        gruss,
        wahsaga

      3. Hallo Tim,

        Hey, wenn wir Bayern an

        Östereich verschachern, ist unsere Stimme vielleicht mehr wert. :-)

        Wer sagt dir denn, daß wir Ösis die Boarn überhaupt haben wollen? Wir haben doch unsere eigenen Urviecher....

        Gruß

        Kurt

        --
        "Mut ist eine Tugend, doch Angst beweist Vernunft, Bewusstsein und Phantasie. Die Kunst ist es abzuwägen."
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    3. Im Vergleich zur deutschen Verfassung ...

      Der was? Wir haben doch gar keine.

      <http://www.bpb.de/wissen/IR5D07,0,0,Artikel_146_Geltungsdauer_des_Grundgesetzes.html >

      Gruß
        Christian

      PS: Ich denke es wird Zeit daß das Volk diesen Zustand ändert.

      1. Moin!

        PS: Ich denke es wird Zeit daß das Volk diesen Zustand ändert.

        Jepp! Überprüfen wir schon mal den Zustand der Guilotinen in den Museen. Besetzen wir die Finanzämter, Ministerien, Rundfunksender, Banken, Gerichte.

        Ab sofort darf jeder Beamte und jeder "Diener" (Minister) Angst haben, bei Fehlentscheidungen zumindest als Bittsteller ins Sozialamt befördert zu werden. Bananerepublikanische Handlungsweisen (Korruption, Verschwendung, Schaffung weiterer Markteintrittsbarrieren,...) müssen mindestens mit unverzüglicher Amtsentfernung, Vermögenseinzug und Streichung der Bezüge und Pensionen bestraft werden. Das entscheidende Gericht bestht aus einem gewähltem Berufsrichter und wahlberechtigten Bürgern (als Schöffen), die den Bevölkerungsquerschnitt repräsentativ vertreten: also nicht aus (Anwalts-)Kollegen, Lehrern und Beamten). Verurteilt wird bei qualifizierter Mehrheit. Die Parteien haften mit Ihrem Vermögen für schlechte Gesetze.

        MFFG (Mit freundlich- friedfertigem Grinsen)

        fastix®

        --
        Meinereinerselbst ist auf der Suche nach Aufträgen
    4. Hallo Denito,

      [...] Nicht immer ist eine mathematisch korrekt umgesetzte Repräsentration gerechter als die "degressiv proportinale".

      Was verstehst du unter "mathematisch korrekt umgesetzter Repräsentation"? Dass die Anzahl der Stimmen eines Mitgliedstaates proportional zur Einwohnerzahl des Staates ist? Das wäre in vielen Fällen die mathematisch falsche Umsetzung. Ich gebe mal kurz ein Beispiel aus einem mathematischen Kinderbuch[1] wieder, das die Problematik IMHO aber trotzdem sehr anschaulich darstellt:

      In dem Beispiel gibt es sechs Staaten, deren Stimmzahlen proportional zu den Einwohnerzahlen errechnet wurden:

      A: 10 Stimmen
      B: 9 Stimmen
      C: 7 Stimmen
      D: 3 Stimmen
      E: 1 Stimme
      F: 1 Stimme

      Insgesamt gibt es also 31 Stimmen. Bei einer Ja/Nein Abstimmung muss es logischerweise unter A, B und C immer zwei geben, die für das gleiche stimmen. Wenn das A und B sind, dann haben sie zusammen 19 Stimmen, A und C hätten zusammen 17 Stimmen und B und C hätten zusammen 16 Stimmen. In allen drei Fällen würde sich also schon aus den Entscheidungen der größten drei Staaten eine absolute Mehrheit ergeben. Was die kleineren Staaten wählen, würde dann keine Rolle mehr spielen. Es gibt tatsächlich den mathematischen Begriff des "Machtindex", der angibt, in wie vielen aller möglicher Konstellationen die Entscheidung eines bestimmten Staates ins Gewicht fällt. Es soll also nicht Ziel sein, die Anzahl der Stimmen proportional zu den Einwohnerzahlen zu bemessen, sondern der Machtindex muss proportional zu den Einwohnerzahlen sein.

      Gewiss, das Beispiel gibt die Problematik in sehr vereinfachter Weise wieder und lässt sich natürlich nicht 1:1 auf die EU übertragen, schon alleine daher, dass die Abstimmungsverfahren anders ablaufen. Trotzdem glaube ich, dass es das Verständnis erleichtern sollte.

      Wenn also jemand etwas wenig überzeugend davon spricht, dass "kleine Staaten sonst ja leicht überstimmt werden würden", dann ist das nicht nur eine gefühlsmäßige Gerechtigkeit oder Mitleid mit den kleinen Staaten, sondern es lässt sich möglicherweise tatsächlich formal Beweisen (wenn auch nicht so einfach wie im obigen Beispiel). Das muss allerdings nicht heißen, dass die Verteilung in der EU wirklich nach dem optimalen Schema berechnet wurde.

      Robert

      [1] Ian Stewart, Die gekämmte Kugel, erschienen 1997 im Spektrum Verlag, ISBN 3-8274-0090-2

      1. Du sprichst zwar eine Gerechtigkeit zwischen Staaten an, der Spiegel-Autor argumentiert, wie ich finde zurecht, mit einer Gerechtigkeit der Bürger.

        Angenommen in den kleinen und in den großen Staaten leben genau gleich viele Einwohner. Die Menschen der kleinen Länder sind für Gesetz A, die der großen Länder sind für Gesetz B. Wegen der Übervorteilung der kleinen Länder wird Gesetz A angenommen, obwohl genausoviele Menschen für Gesetz B waren, vielleicht sogar mehr. Das ist doch nicht demokratisch?

        In einer EU, in der nach und nach nicht die Staatenmehrheit, sondern die Bürgermehrheit entscheiden soll, ist dieser Teil der EU-Verfassung ein Rückschritt!

        Wenn man davon ausgeht, dass die kleinen EU-Staaten zufällig alle in Südeuropa, die großen in Nordeuropa wären, so würde nach und nach die südeuropäische Kultur die politische Macht ergreifen und den Norden überstimmen. Diese Verteilung ist jetzt nur zur Veranschaulichung gemeint, in der Realität ist es komplexer. Aber Gerechtigkeit sehe ich hier nicht! Die Macht der Staaten liegt also nun bei den Kleinen!

        Heiner

        1. Moin!

          Wenn man davon ausgeht, dass die kleinen EU-Staaten zufällig alle in Südeuropa, die großen in Nordeuropa wären, so würde nach und nach die südeuropäische Kultur die politische Macht ergreifen und den Norden überstimmen. Diese Verteilung ist jetzt nur zur Veranschaulichung gemeint, in der Realität ist es komplexer. Aber Gerechtigkeit sehe ich hier nicht! Die Macht der Staaten liegt also nun bei den Kleinen!

          Wie immer: Es kommt einfach auf den Standpunkt an. Du kommst offenbar aus einem großen Staat der EU und hast logischerweise Angst, dass dir irgendwer was aufzwingt.

          Andersherum: Mit exakt deiner Argumentation würdest wiederum du arbeiten, würdest du aus einem kleinen Land kommen - und damit heftigst für ein Stimmenverhältnis nicht orientiert an der Bürgerzahl, sondern je Teilnehmerland argumentieren. Denn sonst müßten sich ja nur die zwei oder drei größten Länder zusammentun und könnten bestimmen, wie sie wollten, während alle anderen Länder zwar munter dagegensein könnten, aber überstimmt würden. "Ein Land - eine Stimme" wäre sogar vollkommen im Einklang mit dem von dir im Spiegel-Artikel favorisierten Wahlspruch des Autors - nur eben auf eine andere Ausgangszahl bezogen.

          Ich denke, du kannst sehr gut verstehen, dass die kleinen Länder vor möglicher Überstimmung durch große aufgrund einer bürgerproportionalen Stimmgewichtung genausoviel Angst haben, wie du sie für das große Land aufgrund einer länderproportionalen Stimmgewichtung hättest. Der Kompromiß liegt eben dazwischen: Große Länder haben zwar mehr Stimmen, aber verhältnismäßig weniger, als kleine Länder.

          - Sven Rautenberg

          --
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        2. Hallo Heiner,

          Du sprichst zwar eine Gerechtigkeit zwischen Staaten an, der Spiegel-Autor argumentiert, wie ich finde zurecht, mit einer Gerechtigkeit der Bürger.

          Nein, ich spreche lediglich von der Definition einer mathematisch korrekten Stimmverteilung, unter der Nebenbedingung, dass die Repräsentanten ihrem jeweiligen Land verpflichtet sind und sich die EU-Bürger ihre Repräsentanten nicht "selbst auswählen" dürfen. Natürlich bin ich auch für die Bürgermehrheit als entscheidenden Faktor bei Gesetzesabstimmungen, schon alleine deshalb, weil ich keinen Grund sehe, warum jemandem nur auf Grund seines geografischen Aufenthaltsortes ein bestimmter Repräsentant zugeordnet werden sollte. Das scheint noch eine Last der historischen Entwicklung der EU zu sein, die sich immer noch als Staatenbund sieht und aus naheliegenden Gründen leider auch keine Anstalten macht, dies zu ändern.

          Ich wollte mit meinem Beitrag nur zeigen, dass unter den gegebenen Bedingungen von Ländervertretungen nicht auf das Verhältnis von Stimmen pro Bürger, sondern auf das Verhältnis von Machtindex pro Bürger geachtet werden darf, wie sich leicht beweisen lässt, auch wenn ich dafür jetzt zu faul bin. Dass ich diese gegebenen Bedingungen genauso wie anscheinend du nicht für sinnvoll halte, hat damit nichts zu tun.

          den kleinen und in den großen Staaten leben genau gleich viele Einwohner.

          Dann verteilt sich auch das Verhältnis Machtindex pro Einwohner nur dann gleichmäßig auf alle EU-Bürger, wenn die Stimmen in gerechter weise verteilt werden. Nur, wie genau diese objektiv gerechte Stimmverteilung aussieht, wagt wohl niemand zu berechnen.

          Robert

  3. Nabend Heiner,

    Spiegel-Online hat eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Verfassung gewagt. Man sollte sich wirklich mal ein paar Minuten Zeit nehmen den 5teiligen Text zu lesen und wird die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,267865,00.html

    Gut, habe ich gelesen und möchte aus meiner Sicht dies vorausschicken: der Spiegelartikel ist die gewohnt intellektuell verpackte doch trotzdem billige Stammtischpolemik, die mich den Spiegel auf der Liste der von mir gelesenen Printmedien noch hinter die Bravo rutschen lässt.

    Aber der Reihe nach:
    Zunächst wird erstmal mit dem deutschgeschichtlichen Zaunpfahl namens Weimarer Verfassung gewunken. Wir alle wissen, dass das Experiment gründlich misslungen ist. Zu indizieren, dass das Grundgesetz oder die geplante Europäische Verfassung auch nur annähernd etwas mit dieser Verfassung der Weimarer Republik gemein haben könnte, grenzt schon fast an Volksverdummung.

    Weiter gehts. Da versucht ein Rechtsgelehrter seine persönliche Meinung zum Thema Volksabstimmung publik zu machen. Soll er, wir haben Meinungsfreiheit. Aber er erweckt beim unbedarften Leser, die in Rede stehenden Verfassungen seien undemokratisch und wettert gegen die "repräsentative Demokratie". Den Kontext erklärt er jedoch nicht. So bleibt am Ende der Eingangsseite der Eindruck, dass die in Rede stehenden Verfassungen undemokratisch zustande gekommen sind, was auf den folgenden Seiten belegt werden soll.

    Gut, der Erläuterung zu "degressiv proportional" vermag ich noch zu folgen, allerdings verliert der Autor kein fundiertes Wort zu den Argumenten dafür. Nein, ich kenne diese Argumente nicht, nur wie soll ich mich für eine von beiden Argumentationen entscheiden können, wenn ich nicht beide kenne? Und wieder drängt sich der Verdacht der intellektuellen Polemik auf, aber das schrieb ich bereits.

    So stellt der Autor im Folgenden das grundgesetzliche Gesetzgebungsverfahren in Frage und versteigt sich in der Aussage, dass der Bundesrat "nur eine indirekt demokratische" Einrichtung sei. Zu den Motiven, welche die Väter des deutschen Grundgesetzes dazu bewogen haben mögen, warum das Gesetzgebungsverfahren so ausgestaltet ist wie es ist, verliert er kein Wort und stilisiert statt dessen das amerikanische System zum Maß aller Dinge.

    Nun arbeitet sich der Autor zu einem Punkt vor, den ich ausnahmsweise vorbehaltslos unterschreiben würde - der europäischen Regelungswut. Diese mag zwar "gut gemeint" sein, führt jedoch nichtdestotrotz dank der Gesetzgebungshoheit der Mitgliedsstaaten zu teilweise erstaunlichen Ergebnissen. Wer vielleicht die 6. Richtlinie zur Harmonisierung des Umsatzsteuerbinnenmarktes kennt und weiß, wie die Bunte Republik Deutschland diese umgesetzt hat, wird wissen, was ich meine. Nicht umsonst ist Deutschland eines der am meisten vor den EuGH gezerrten EU-Länder, soweit es um Steuern geht. Aber um so etwas geht es dem Autor nicht, nein, er bringt die "BILD-Beispiele" (Krümmungsgrad von Gurken etc.) - Polemik. Und dann wieder dieses Blabla, dass eine Volksabstimmung das Nonplusultra sei.

    Doch halt, zum Schluss kommt dann doch noch etwas Positives:
    Der Verfassungsentwurf würde sich in "Trippelschritten" in die richtige Richtung bewegen. Ja, was denn nun?

    Mein Fazit zu diesem Artikel ist, dass hier ein profilneurotischer Jurist versucht, mit intellektueller Polemik mit dem deutschen Grundgesetz - hier insbesondere dem Gesetzgebungsverfahren und dem fehlenden Volksbegehren - abzurechnen. Es geht im Grunde gar nicht um die Europäische Verfassung, es geht um die persönliche Kritik des Autors am GG.

    Vielen Dank fürs Lesen
    Torsten