Sven Rautenberg: sie werden immer dreister

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Moin!

Eine interessante Mail, das muß ich schon sagen. Ich würde das eindeutig als Betrugsabsicht ansehen - aber diese Bewertung sollen andere treffen und entscheiden. Anzeige zu erstatten wäre jedenfalls nicht so verkehrt.

Ich will auf einen anderen Aspekt hinaus:
Diese Mail zielt eindeutig darauf ab, psychologisch Druck zu machen, denn es werden ja Konsequenzen angedroht, vor denen der uninformierte Normalbürger durchaus Angst haben könnte, nämlich das "gerichtliche Mahnverfahren".

Geschrieben wird:

Bei erneuter Nichtbeachtung der Frist wird das gerichtliche
Mahnverfahren eingeleitet. Alle anfallenden Kosten sind dann von
Ihnen zu tragen.

Was ist nun _wirklich_ zu befürchten? Nichts!

"Gerichtliches Mahnverfahren" suggeriert, dass sich ein Richter mit dem Fall beschäftigt und den angeblichen Schuldner direkt zur Zahlung inklusive Mahngebühren verurteilt, ohne dass man was dagegen tun kann.

Das Gegenteil ist der Fall! Beim gerichtlichen Mahnverfahren füllt der angebliche Gläubiger ein Formular aus, auf dem er beziffert, wer wem welche Summe Geld für welche Leistung schuldet, und schickt das Formular ans Gericht. Das Gericht nimmt das Formular auseinander (Durchschreibesatz oder mehrere Ausfertigungen) und schickt eine Seite davon an den Schuldner - und zwar OHNE JEGLICHE PRÜFUNG, ob die behauptete Forderung auch berechtigt ist. Der Gläubiger muß für diese Dienstleistung des Gerichts im Zweifel auch schon in Vorkasse treten.

Der angebliche Schuldner erhält also Post - durchaus "dramatisch" mit Einschreiben oder gar Postzustellurkunde, also richtig bedrohlich offiziell. Darin erhält er dann das Schreiben mit der Geldforderung und kann sich entscheiden: Entweder stimmt er der Forderung zu und will zahlen - dann werden die Kosten des Mahnverfahrens ihm noch obendrauf geschlagen, oder er widerspricht der Forderung. Das geht ganz einfach durch Ankreuzen des Kästchens "Ich widerspreche der Forderung insgesamt" - und fertig.

Wenn der Gläubiger sich seiner Sache ganz sicher ist, wird er danach das streitige Verfahren eröffnen lassen, also eine ganz normale Zivilgerichtsverhandlung, und ERST DANN wird sich ein Richter mit der Rechtmäßigkeit der Forderung beschäftigen.

Unter dem Strich ist also festzuhalten: Das gerichtliche Mahnverfahren ist absolut ungefährlich. Keine Angst vor entsprechenden Drohungen, wenn de facto keinerlei Anspruch des Mahnenden besteht! Es ist absolut unwahrscheinlich, dass es überhaupt zu einem gerichtlichen Mahnbescheid kommt, weil das den Forderungssteller erstmal sein Geld kosten würde.

Die Taktik ist klar: Der Bundesbürger kommt in seinem Leben durchschnittlich sowieso nur ein bis zwei Mal mit dem Gericht in Kontakt - entsprechend hoch ist der Respekt vermutlich, und desto wahrscheinlicher ist es, dass mental schwache Menschen auf den kleinsten Druck reagieren und lieber bezahlen, bevor sie es mit dem Gericht zu tun kriegen - auch wenn an der Forderung nicht das geringste dran ist.

Drohkulisse ist alles - und dahinter steckt absolut nichts!

- Sven Rautenberg