Na, den Kantschen kategorischen Imperativ hast Du sinngemäß richtig wiedergegeben. Aber das das Matthäus-Evangelium (Bergpredigt http://www.wispor.de/bib-berg.htm#goldene_regel) eine Verwurstung von Kant ist, höre ich zum ersten Mal *g*
hehe, wußte gar nicht, daß das _daher_ kommt :-) aber man kann sehen, daß viele diese zwei Zitate in der Bedeutung doch gleich setzen und vor allem nach _letzterem_, nicht nach ersterem handeln.
Leider bringt diese Verwurstung völlig andere Konsequenzen hervor, nämlich, daß der Stärkere macht was er will.
Darüber, ob der Kantische Imperativ die Goldene Regel nur neu formuliert, oder gänzlich andere Konsequenzen fordert, ist unter Fachleuten beliebter Streitgegenstand....
Wie kommst Du zu Deiner Auffassung?
Kleines Beispiel, das mancher harmlos finden mag - für mich (überzeugter Fußgänger und Radfahrer) aber immer wieder ärgerlich: Autofahrer, die ihre Kiste _quer_ über den Bürgersteig und Radweg parken. Wenn ich diese Leute anspreche mit dem Argument, daß ich ihnen auch nicht den Bürgersteig zustelle - egal womit, kommt dann meist so in der Art: "mach doch. Stört mich nicht." Das ist die Konsequenz aus "unterlaß anderen gegenüber das, was dich selbst auch stören würde". Einen, der nur Auto fährt und von dort allenfalls zum Hauseingang geht, stört das eben nicht, also "darf" er das ja im Umkehrschluß auch anderen zumuten. Die _Maxime_ dieses Handelns ist: "mir geht's dabei gut - ist praktischer so". Die Frage, ob andere dabei schwer eingeschränkt werden, spielt keine Rolle.
Wenn aber _diese_ Maxime Grundlage allgemeiner Gesetzgebung wäre, dann gäbe es keinen Minderheitenschutz, und z.B. auch keinen Schutz gegen Autobeschädigung. Wenn doch für mich praktischer wäre, z.B. diesem Störenfried seine Kiste einfach mit nem Bulldozer platt zu machen... Stattdesen kuckt dieser Typ aber nicht danach, ob sein Handeln für die Allgemeinheit tragbar ist, sondern ob er persönlich Nachteile zu befürchten hat. Auffällig ist ja immer, daß genau diese Typen sowas nicht machen, wenn Polizei in Sichtweite ist.
Der kategorische Imperativ hat für mich also etwas mit gesellschaftlicher Verantwortung zu tun, das Bibelzitat hingegen mit purem Egoismus: "_ich_ wollte das Gleiche nicht als Rache erleiden".
Gruß, Andreas
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