molily: Kritik am "Aufsatz" zum Thema Barrierefreiheit

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Hallo,

Als Werbetext, der naturgemäß übertreiben und hochloben muss ;), für deine Dienste sicher fundiert und überzeugend. Für Webbastler, die mehr über das Thema wissen wollen, enthält der Text aber m.E. einige Klischees und offene Stellen - aber das ist wohl nicht deine Zielgruppe und stellt den Text nicht in Frage.

Koplexität > Komplexität
akkustisch > akustisch
Mit Ihrer Hilfe lassen sich > Mit ihrer Hilfe lassen sich
-- > – (Gedankenstrich)
die Rahmenbedingungen des Besuchers sind nicht determinativ > wohl eher: determiniert

Lass Abkürzungen wie »z.B.«, »bzw.«, »etc.«, »z.T.« einfach weg. Es ist nur verwirrend, wenn sie unterstrichen sind. Sehende Benutzer (er-)kennen Abkürzungen wie »bzw.«. (Selbst wenn nicht, dann hätten sie vielmehr ein generelles Problem mit der Sprache deines Artikels, da können abbr-Elemente auch nicht aushelfen.) Die Unterstreichung lenkt die Aufmerksamkeit auf bereits bekannte, wenig relevante Sachverhalte. Man bewegt die Maus über das Wort und »beziehungsweise« erscheint - was für eine Erkenntnis. Meist ist »beziehungsweise« durch »und« oder »oder« ersetzbar. »etc.« durch »und so weiter« (und »usw.« wäre immer noch verständlicher als das lateinische »et cetera«).

»Die in den Dokumenten enthaltenen Informationen sind in der Regel nur mit grafischen Browsern zugänglich. Benutzer anderer Endgeräte bleiben von dem Informationsangebot ausgeschlossen.«

Das kann man so nicht sagen. Sie werden nicht vom Informationsangebot an sich komplett ansgeschlossen, sondern ihnen fehlen Informationen, weil der Text ihnen unstrukturiert erscheint. Natürlich werden sie insofern ausgeschlossen, dass ihnen diese Informationen vorenthalten werden.

»Es kann nicht sichergestellt werden, dass die Web-Dokumente mit anderen als den getesteten Browsern wie gewünscht dargestellt werden. Dies bezieht sich sogar auf unterschiedliche Browser-Versionen des gleichen Herstellers.«

Auch mit validem Code kann das nicht sichergestellt werden. Der Unterschied ist tatsächlich marginal.

Validität bedeutet reine syntaktische und grammatikalische Richtigkeit; ja, das ist die Voraussetzung dafür, dass ein Browser überhaupt den Code parsen kann und versuchen kann, den Code sinnvoll als Dokument zu interpretieren (was du später als logische Schlüssigkeit bezeichnest). Allerdings garantiert die Beschränkung auf das Vokabular und die syntaktischen Regeln des HTML-Standards nur eine Interoperabilität auf *niedrigster* Ebene. Man sollte dies nicht überschätzen. Damit kann man m.E. nicht werben und keine hohen Versprechungen machen. Natürlich kann und muss man sich mehr oder weniger darauf verlassen, dass ein Browser HTML 4 unterstützt.

Der Schluss von getesteten Browsern auf nicht getestete ist somit auf der besagten niedrigsten Ebene möglich. Aber was heute zählt, ist sowieso nicht diese Ebene. Heutzutage geht es i.d.R. um die Unterstützung von CSS. Wenn man da auf den Standard setzt, hat man noch längst keine Garantie. Es ist alles, was man tun kann, aber es hilft nicht sonderlich weiter.

»Da sich Suchmaschinen ähnlich verhalten wie textorientierte Browser, erfolgt nur eine mangelhafte bis gar keine Indexierung solcher Web-Dokumente. Die Folge ist, dass das Internet-Angebot über Suchmaschinen praktisch nicht auffindbar ist.«

Das ist tendenziell ein Mythos. Einige der populärsten Seiten des WWW pfeifen konsequent auf die Trennung von Layout und Information. Sie sind trotzdem vorzüglich in den Suchmaschinen vertreten - »praktisch nicht auffindbar« ist also übertrieben. Suchmaschinen tangiert die Trennung nur insofern, dass sie Elemente wie hX und strong auswerten. Davon abgesehen interessiert sie Tabellenlayout, <font> und sonstige Layout-Information im Markup nicht. Zudem können hX-Überschriften auch zusammen mit <font> und Tabellenlayout benutzt werden - das widerspricht sich überhaupt nicht, Suchmaschinen wären damit genauso glücklich wie mit CSS-Layout. (Ich weiß, es gibt Spekulationen, dass Markup ohne Layoutinformationen den Suchmaschinen besser schmeckt. Das sind aber nach kühnere Spekulationen als die, dass Suchmaschinen plötzlich frohlocken, sobald sie ein hX oder strong sehen. Darauf ist mittlerweile jeder Seitenbastler gekommen. Daher denke ich nicht, dass man seinen Kunden versprechen kann, dass eine Webseite nach dem Relaunch plötzlich das Ranking merklich verbessert. Und wenn, dann liegt es nicht vornehmlich an der Trennung von Layout und Information.)

Die Vorteile, die du im Folgenden ableitest, sind alles Vorteile von barrierefreien Webangeboten, aber keinesfalls direkte Folge von den genannten rein technischen Maßnahmen. Zum Beispiel:

»Standardkonforme und zugängliche Internet-Angebote sind benutzerfreundlich. Der Besucher kann seine Entscheidung bzgl. des Endgerätes, der Software oder der Systemkonfiguration frei treffen. Er hat unabhängig von diesen Faktoren stets den optimalen Zugang zu den angebotenen Informationen und dem angebotenen Service des Betreibers.«

Das ist etwas zu hoch gehängt. Benutzerfreundlichkeit ist mehr als der reine technische Zugang, »optimaler Zugang zu den angebotenen Informationen« ergibt sich auch, aber nicht nur aus technischen Methoden wie semantischem, validen Code und der Trennung von Layout und Information. Diese bilden höchstens das Fundament. Ein Webangebot zugänglich für Menschen mit Behinderungen oder ältere Besucher zu machen, erfordert verschiedene konzeptionelle, inhaltliche Anpassungen. »Standardkonformität« alleine gibt das alles nicht her.

»Eine Suchmaschine verhält sich ähnlich wie ein textorientierter Browser. Sie kann weder Frames verarbeiten noch kann sie in Bildern, Flash-Animationen oder anderen multimedialen Elementen eingebettete Texte und Informationen auflösen.«

Textbrowser und Suchmaschinen können Frames verarbeiten. Aber so, wie es ihrer Natur entspricht: Sie kennen (meist) keine Paralleldarstellung. Suchmaschinen folgenden <frame src=""> wie <a href=""> und indizieren Frameset- und Frame-Dokumente einzeln.
Zum »Auflösen« der besagten Informationen gibt es halt Alternativinhalte, das sollte man vielleicht ansprechen. (Übrigens können manche Suchmaschinen durchaus Flash lesen.)

»Wer sich an offizielle Standards hält, kann davon ausgehen, dass seine Dokumente auch in der Zukunft ohne Abstriche lesbar und zugänglich bleiben. Damit ergibt sich für den Anbieter eine gewisse Investitionssicherheit, so dass in absehbarer Zeit kein Geld für eine Überarbeitung des Internet-Angebots ausgegeben werden muss.«

Ich frage mich immer, was daran die Erkenntnis ist. Ist das wirklich eine Besonderheit, mit der man werben kann?
Das Argument der Aufwärtskompatibilität stimmt, aber wieso legt es einem nahe, Webseiten zu schreiben, so wie du sie vorstellst? Das Argument ist ziemlich beliebig, denn der Code der Webseite, die ich 1997 (hypothetisch) geschrieben habe, ist heute gleichermaßen lesbar und zugänglich. Er war damals schon »standardkonform« mit all seinen font-Elementen und dem wenig effizienten Tabellenlayout.

Was sich von selbst versteht: Wenn ich heute irgendeinen proprietären HTML-Dialekt benutze, der bereits nur im Browser X Version Y funktioniert, kann ich nicht damit rechnen, dass es in zehn Jahren noch Browser gibt, die den proprietären Kram verstehen. Aber wer macht das schon? Ist das wirklich ein Problem, gegen das man argumentieren muss?

Mathias