Hi Swen,
Du sagst es selber: Es geht weit darüber hinaus, weil man bei jedem Einkauf für Religion etwas zahlen soll und das will ich nicht.
Dann musst Du auswandern. Im deutschen Steuersystem gibt es im Grunde kein Konnexität zwischen Steuereinnahme und Ausgaben des Staates. So etwas ist allenfalls in der politischen Argumentation möglich, nicht aber rechtlich festlegbar. Es gilt das Gesamtdeckungsprinzip. Du bezahlst also mit jedem Einkauf nicht nur Gehälter für verdiente, bienenfleißige Oberamtsräte sondern auch Jagdbomber, die Förderung der Konrad-Adenauer-Stiftung und CS-Gas für bayrische Wasserwerfer :-)
Wer Kultur will, der muss auch wollen, dass der Staat Geld für die Kirchen kassiert.
Das Junktim sehe ich nicht.
Da hinken einige unzutreffende Vergleiche mit. Erstens wird die Kultur zum größten Teil kommunal gefördert, nicht vom Land, das gleiche gilt für die Jugenarbeit usw. Sport tragen hauptsächlich private Vereine auf Basis von Ehrenämtern.
Bei der Höhe der kommunalen Förderung sollte man berücksichtigen, dass es sich zum größten Teil um Gelder handelt, die die Länder an die Kommunen verteilen. Zudem (und deshalb) sind viele der kulturellen Förderungen der Kommunen Pflichtaufgaben, die den Kommunen übertragen wurden. Ich glaube auch nicht, dass man heute noch behaupten sollte, dass Sportvereine hauptsächlich(!) auf der Basis von Ehrenamt betrieben werden. Da blendet man geschätzte 50 Prozent der realen Vereinsstrukturen aus. Da wird doch zum Beispiel mittlerweile bis in die dritten, vierte Ligen mit Fernsehfussballgeldern jongliert, jeder halbwegs große Sportverein hat wirtschaftliche Eigenbetriebe Tennis, Restaurant ..) die ernsthaft nicht mehr unter ehrenamtliche Aufsicht gehören ... Bei anderen Massensportarten (z.B. Laufveranstaltungen) haben sich Vereine fast völlig ausgeklinkt. In meiner Wohnumgebung gibt es nur einen Sportverein, der tatsächlich noch ehrenamtlich betrieben wird - und das sogar mit Erfolg. Alles andere drumherum sind Wirtschaftsbetriebe. Die großen Laufveranstaltungen hier in Kiel sind kommerzialisiert, teilweise nicht mal mehr formell in Trägerschaft von (Sport-)Vereinen. Aber ich schweife ab.
Du unterscheidest selbst zwischen Kultus und Kultur, der Kultusminister ist für die Schulen zuständig, nicht für die Kultur.
Nein. Ich unterscheide übrigens nicht zwischen den beiden Begriffen, ich benutze sie fast deckungsgleich. Kultusminister sind nicht allein für Schulen zuständig. Schau einfach mal auf den Seiten der KMK nach. Mein "Kultus"begriff ist geprägt von diesem Zuständigkeitsbereich.
Eine weitere Erhöhung der Staatsquote halte ich in keinem Fall für wünschenswert.
Vorsicht Falle. Wenn die Förderer der Ideen, z.B. das Schulsystem zu privatisieren (das senkt die Staatsquote mächtig), Erfolg haben, dann werden Lehrergehälter vielleicht auf euröpisches Niveau angepasst. Nach allem, was ich gehört habe, sind die Lehrergehälter in der BRD ziemlich hoch (und steigern so die Staatsquote). Wer die Staatsquote senken will, der soll Butter bei die Fische packen und sagen, in welchen Bereichen Menschen entlassen werden sollen und wo Löhne gekürzt werden müssen: denn allein so wird die Quote sinken. Ich bin der Meinung, das wir in großen Teilen ein Einnahmenproblem haben, kein Ausgabenproblem.
der Finanzminister reibt sich die Hände.
Korrekt wäre: Die Finanzminister nehmen Kredite in schwindelerregender Höhe auf und treiben die Verschuldung des Staates in immer neue Höhen. Die Banken reiben sich die Hände.
Genau, ran an die Taschen der Normalos. Mal ehrlich, ich will keine zusätzliche Steuer für die Kirchen,
Wo habe ich von zusätzlicher Steuer für die Kirchen geredet?
Nö :-) Die Steuer ist nicht neu, nur der Prozentsatz steigt :-)
Was meinst Du mit "nur"?
Eine Umsatzsteuer gibt es schon jetzt. Die wird auch ab und an erhöht ("Merkelsteuer"). "Nur" ergib sich aus diesem Kontext, den die Erhöhung einer vorhandenen Steuer ist "weniger" als die Einfürung einer neuen Steuer(art).
Negativ, dass plötzlich die Kirchen auch noch Zugriff auf die Portemonnaies der Leute kriegen, die nichts mit ihnen zu tun haben.
Du solltest wirklich noch mal in Ruhe nachlesen, was ich geschrieben habe. Nirgendwo steht, dass die Kirchen "auch noch" Zugriff auf die Portemonnaies der Leute kriegen, die nicht in der Kirche sind. Sie kriegen in der Tat weiterhin ihr Geld durch den Staat eingetrieben (und zahlen dafür eine Gebühr). Nur halt auf andere Weise.
Wohl wahr, aber reden wir hier über die Unterstützung von Kinderbesitzern oder über die Finanzierung der Kirchen?
Nicht "oder" sondern "und". Einmal die 8 Mrd Kirchensteuer, die auf andere Weise und breiter verteilt erhoben werden: Dann die 8 Mrd (oder mehr, wenn nämlich die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt und Kirchens so weniger als die 8 Mrd bekommt) mit denen die Kirche nichts zu tun hat.
Kultusminister heißt Schulminister, nicht Kulturminister.
Das ist doch jetzt ein blöder Streit :-) Das sehe ich anders. Aber das macht ja nichts: Ich glaube, wir wissen was wir jeweils meinen. Sonst schlag einfach einen neuen Begriff vor, in dem Kultur, Jugendförderung, politische Bildung, Sportförderung und ähnliche Begriffe wiederfinden. Meinethalben reden wir auch nur von Kultur, dann halt in einem weiterem Kontext gemeint.
Die Kirchen sollen selbst bestimmen, wieviele Mitglieder sie haben und danach werden ihnen Steurn zugeteilt?
Nein, im Gegenteil. Ich schrieb von "Mitgliederverzeichnissen der Kirche (die dann sicherlich gewissen staatlichen Kontrollen unterworfen sein müssten) oder aber aufgrund des Ergebnisses von Volkszählungen, Mikrozensus oder Meinungsumfragen". Bei der einzigen Möglichkeit, wo die Kirche direkt schummeln könnte, habe ich externe Kontrolle der Verzeichnisse gefordert. Bei den drei letztgenannten Möglichkeiten werden Menschen mehr oder weniger anonym befragt. Ich sehe nicht, dass da zu befürchten wäre, dass sich eine signifikante Menge als Mitglied einer Religionsgemeinschaft outert, ohne es zu sein. Das ist eher im jetzigen System mit der Lohnsteuerkarte zu befürchten.
Das mit den Idealen stimmt schon, leider rollen für viele irreale Ideale und tolle Ideen zu viele reale Köpfe.
Ja, das ist schon fürchterlich. Je mehr wir die Dinge auf der Zeitschiene also mit Abstand betrachten, umso mehr und umso eher verkennen wir das Leid, das mit jedem geschichtlichen Irrtum oder mit jeder politischen Sackgasse tatsächlich verbunden ist. Ich fürchte aber, dass eine "Welt am Draht", in der wir alle möglichen Ideen mal durchspielen können, ewig Utopie bleiben wird.