Christian Seiler: Schwarzes Loch

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Hallo Andreas,

Wie kann diese Energie also abgestrahlt werden?

Es gibt zwei Arten von Energien, die von einem schwarzen Loch abgestrahlt werden. Die erste Art Strahlung kommt nicht direkt vom schwarzen Loch, sondern von der Materie, die da hineinfällt. Diese wird ja, wenn sie auf das schwarze Loch "zufliegt" beschleunigt, gewinnt also an kinetischer Energie (und verliert potentielle Energie im Feld des schwarzen Lochs) . Diese kinetische Energie wird durch Reibungseffekte (im Endeffekt fällt ja nur Gas in ein schwarzes Loch) teilweise wieder frei - und bei einem schwarzen Loch ist die Menge halt so dermaßen groß, dass es halt dann schon in Röntgen- und Gammastrahlung ausartet. Das heißt: wenn Du in Deinem Zimmer ein schwarzes Loch hättest, könntest Du da Sachen reinschmeißen und würdest einen durchaus ordentlichen Teil davon in Form von Energie zurückbekommen. Wäre ne nette Energiequelle (wenn sie denn nicht alles verschlingen würde ;-)). Allerdings verliert das schwarze Loch diese Energie nicht, die Energie kommt ausschließlich aus der Materie, die in das schwarze Loch hineinfällt, d.h. das schwarze Loch strahlt diese Art von Strahlung nicht direkt ab, d.h. die Masse des schwarzen Lochs nimmt nicht ab.

Dann gibt es noch die Hawking-Strahlung. Dazu ist vorneweg zu sagen, dass in einem Vakuum auf Grund von quantenmechanischer Prozesse ständig Teilchenpaare entstehen und sich gegenseitig kurz darauf wieder vernichten [1] (das Vakuum ist also alles andere, als leer). Wenn Du dazu was lesen willst, ist Dirac-See das Stichwort. Jetzt stell Dir vor, in der Nähe des Ereignishorizonts eines schwarzen Lochs entsteht so ein Teilchenpaar. Dabei fliegt dann ein Teilchen ins schwarze Loch, das andere kann jedoch entkommen. Das Teilchen, das entkommen kann, schafft es sogar noch vom schwarzen Loch weg. Das entkommene Teilchen ist dann real (es kann sich ja nicht mehr mit seinem Partner vernichten) und somit besitzt es eine Masse und eine Energie. Doch die kann ja schlecht aus dem Nichts auftauchen. Das Verrükte ist jetzt, dass das Teilchen, das vom schwarzen Loch geschluckt wurde, eine negative Energie besitzen muss, damit die Energieerhaltung gewahrt bleibt. Somit nimmt durch das Teilchen, das in das schwarze Loch fällt, die Energie des schwarzen Lochs ab, nicht zu. Das Teilchen, das davonfliegt nimmt sich seine Energie sozusagen aus dem schwarzen Loch.

Das Problem bei der Hawking-Strahlung: je größer das schwarze Loch, desto kleiner ist sie. Das heißt: bei einem schwarzen Loch der Größe eines Sterns mit ein paar Sonnenmassen (was noch normal wäre) ist die Hawking-Strahlung geringer als die kosmische Hintergrundstrahlung. Das heißt, erst wenn sich das Universum noch weiter abgekühlt hat und die Hintergrundstrahlung noch weiter abnimmt, fangen diese schwarzen Löcher überhaupt erst an, etwas abzustrahlen. Wenn Du dagegen kleine schwarze Löcher nimmst, dann strahlen diese ganz schön ordentlich etwas ab - teilweise sogar Gammastrahlung mit hoher Intensität. Sobald das "drum herum" um ein schwarzes Loch kalt genug ist, dass das schwarze Loch mehr abstrahlt, als es aufnimmt, wird der Zerfall des schwarzen Lochs mit der Zeit rapide schneller - d.h. je kleiner es wird, desto schneller vernichtet es sich.

Deswegen können sehr kleine schwarze Löcher, die unter Umständen beim Urknall (sofern es den gegeben hat, ist ja immer noch umstritten ;-)) hätten entstehen können, definitiv nicht mehr beobachtet werden, weil es sie schon längst nicht mehr gibt, falls es sie gegeben hat. Allerdings gibt es unterschiedlichste Theorien, warum es vielleicht doch welche geben könnte (die entweder später entstanden sind oder durch andere Umstände erhalten wurden).

Viele Grüße,
Christian

[1] Quantenobjekte können sich Energie kurzzeitig "ausborgen", wenn sie sie rechtzeitig wieder zurückgeben; die Energieerhaltung ist in der Quantenmechanik nur im Mittel gewahrt.